Großhansdorf/Reinbek/Bad Oldesloe. Tierschützer in Reinbek, Großhansdorf und Bad Oldesloe schlagen Alarm: Die Kosten explodieren – die Spendenbereitschaft lässt nach.
„Es wird langsam eng“, sagt Karin Schönbrodt, Leiterin des Tierheims der Organisation Einhorn in Reinbek. „Wir wissen bald nicht mehr, wie wir unsere Tierschutzarbeit finanzieren sollen.“ Den beiden anderen Stormarner Tierheimen in Großhansdorf und Bad Oldesloe geht es ähnlich.
Alles sei teurer geworden, die Zuschüsse der Gemeinden seien aber gleich geblieben. „Allein unsere Miete ist im Vergleich zum vergangenen Jahr von 900 Euro auf 1600 Euro monatlich gestiegen“, berichtet die Reinbeker Tierheimleiterin. Das Futter für die Tiere koste inzwischen das Doppelte, und bei den Tierarztkosten liege die Steigerung inzwischen sogar bei 160 Prozent. Schönbrodt nennt ein Beispiel: „Die Kosten für die Grunduntersuchung einer Katze sind bei uns von ursprünglich 8,29 auf 23,60 Euro gestiegen.“
Der Tierschutzverein Einhorn habe einen Vertrag mit der Stadt Reinbek über die Aufnahme von Fundtieren. Das sind Tiere, die ausgesetzt wurden, entlaufen sind oder verloren wurden, so Schönbrodt. „Wir sind verpflichtet, diese Tiere aufzunehmen, und bekommen pro Tier eine Pauschale gezahlt. Das Geld ist so berechnet, dass es die Kosten für 28 Tage decken soll.“ Dass ein Tier in dieser Zeit vermittelt werden könne, sei aber utopisch.
Im Durchschnitt dauert die Vermittlung mindestens drei Monate
Zuerst einmal kommt jedes neue Tier für zwei Wochen in Quarantänehaltung, damit es keine Krankheiten einschleppen kann. Da ist die Hälfte der 28 Tage schon vergangen“, sagt Schönbrodt. Die Tiere werden dann mit einem Chip versehen, manche bräuchten medizinische Betreuung, bevor man überhaupt an eine Vermittlung denken könne. „Außerdem“, so Schönbrodt, „müssen wir die Tiere vor einer Vermittlung gut kennenlernen, damit wir entscheiden können, in welche Umgebung wir sie weitergeben können, ohne dass für die neuen Besitzer Probleme entstehen.“
Es dauere im Durchschnitt mindestens drei Monate, bis ein Tier weitervermittelt werden könne. „Das heißt, dass die Kosten für mindestens zwei Monate aus anderen Geldtöpfen beglichen werden müssen. Und diese Reserven sind kaum noch vorhanden“, sagt die Reinbeker Tierheimleiterin. „Und dann haben wir da ja auch noch unsere Langzeitkandidaten, die aufgrund schwerer Krankheiten oder massiver Verhaltensstörungen überhaupt nicht vermittelbar sind.“
Auch die Tierheime in Großhansdorf und Bad Oldesloe haben solche Verträge. Sie bekommen monatlich eine Pro-Kopf-Pauschale im Centbereich pro Einwohner der jeweiligen Gemeinden. „Die Gemeinden sind verpflichtet, für die gesamten Kosten für Fundtiere aufzukommen“, sagt Alexandra Bartholl, stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Bad Oldesloe. Das gelte auch für eventuell nötige medizinische Behandlungen. „Die Kosten für die Abgabetiere und die Wildtiere, die wir aufnehmen und hochpäppeln, werden dadurch nicht abgedeckt.“
Kartons mit Katzenwelpen wurden schon mehrfach im Wald abgestellt
39 Katzen warten zurzeit in Großhansdorf auf ein neues Zuhause. In Bad Oldesloe sind es sogar 60 Katzen. „Gerade vor Kurzem wurde hier bei uns ein Karton mit sechs Katzenwelpen abgegeben“, sagt Monika Ehlers, Pressebeauftragte des Tierheims in Großhansdorf. Ein Spaziergänger habe den Karton zufällig im Wald gefunden. Diese Kätzchen könnten noch nicht vermittelt werden, sie seien noch zu jung.
Ehlers: „Ich wünschte, die Menschen würden ihre Tiere wenigstens vor unserer Tür ablegen. Werden sie im Wald nicht gefunden, haben Welpen keine Überlebenschance. Neulich hatten wir einen ähnlichen Fall. Auch da hatte jemand einen ganzen Katzenwurf im Karton verpackt, im nahe gelegenen Wald ausgesetzt.“ Diese Katzen seien hochgepäppelt und medizinisch versorgt worden.
Liebevoll nimmt Ehlers einen graugetigerten Kater auf den Arm und streichelt ihn. „Freddy ist aus diesem Wurf und könnte jetzt vermittelt werden.“ Das Geld, das die Aufzucht dieser Fundkatzen gekostet habe, sei durch die mit den Gemeinden vereinbarten Pauschalen nicht gedeckt. „Das mussten wir zubuttern, und das Geld fehlt dann wieder bei den Abgabetieren. So oder so leiden die Tiere unter dem finanziellen Missverhältnis.“ In Großhansdorf, so Ehlers, bemühe man sich, die Lücken durch Spenden zu füllen.
Tierschützer wünschen sich mehr Unterstützung aus der Politik
Alexandra Bartholl sagte, sie wünsche sich, dass die Politik dem Tierschutz einen höheren Stellenwert einräumen würde und erkenne, wie wichtig der Tierschutz auch für die Bürger sei. „Wir bekommen in letzter Zeit vermehrt Anfragen von Menschen, die die Tierarztrechnungen nicht mehr zahlen können. Früher konnten wir diese Leute finanziell unterstützen, heute müssen wir viele wegschicken.“
„Und dann müssen wir ja auch unsere Mitarbeiter noch bezahlen“, sagt Monika Ehlers. Zwar habe man in Großhansdorf Unterstützung von ehrenamtlichen Mitarbeitern, ohne die vier angestellten Vollzeitkräfte sei die aufwendige Arbeit im Heim aber nicht zu schaffen. „Unsere Ehrenamtlichen kommen immer mal zwei bis drei Stunden, so wie ihr Alltag das gerade zulässt. Unsere Festangestellten sorgen in der übrigen Zeit dafür, dass der Laden läuft.“
Für die Versorgung von Abgabetieren gibt es kein Geld von den Kommunen
Im Tierheim in Bad Oldesloe arbeiten sogar acht Angestellte. Die Lohnkosten haben sich inzwischen verdoppelt. „Mit den Lohnkosten ist es ja auch nicht getan. Wir müssen etliche Versicherungen für das Tierheim bezahlen, Berufshaftpflichtversicherungen, Arbeitssicherheitsschulungen für die Mitarbeiter“, so Bartholl. Auch sie sieht in der Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Kosten und den staatlichen Zuschüssen eine Gefahr. „Unser finanzieller Rettungsring schmilzt täglich.“
Die Versorgung von Abgabetieren – beispielsweise sogenannte Scheidungsopfern und Tieren von verstorbenen Haltern – liegt im Unterschied zu Fundtieren nicht in der Verantwortung der Gemeinden. Für diese Tiere müssen die Tierschutzvereine selbst sorgen. „Deshalb sind wir so enorm auf Spenden angewiesen“, sagt Monika Ehlers.
Die drei Stormarner Vereine verzeichnen einen Rückgang der Spendenbereitschaft. „Unsere Spender leiden ja auch unter der Inflation“, sagt Karin Schönbrodt. „Wenn das alles so weitergeht, dann wird es den Tierschutz, wie wir ihn kennen, bald nicht mehr geben können. Wir brauchen mehr staatliche Unterstützung“, sagt Alexandra Bartholl.
Karin Schönbrodts Befürchtungen gehen noch weiter. „Irgendwann wird der finanzielle Engpass dazu führen, dass wir die schwerkranken Tiere nicht mehr aufnehmen können, weil wir die Kosten nicht tragen können.“ Eine Horrorvorstellung für die Reinbekerin. „Dann bekommen wir Verhältnisse, wie es sie in Italien, Spanien und Frankreich gibt. Dann müssen wir solche Tiere einschläfern lassen. Wenn es soweit kommen würde, könnte ich keinen Tierschutz mehr betreiben.“
Vielleicht könnte man den Auslandstierschutz vorübergehend etwas einschränken, damit die Vermittlungschancen wachsen. „Dann müssten sich Menschen, die einen Hund oder eine Katze haben wollen, in den heimischen Tierheimen umgucken.“
Appell: Menschen sollten sich vor Anschaffung eines Tieres mehr Gedanken machen
Ganz so extrem sehen es die Tierschützer in Bad Oldesloe und Großhansdorf nicht. „Mir würde es schon reichen, wenn sich Menschen bei der Anschaffung eines Tieres ein paar Gedanken mehr machen würden“, sagt Monika Ehlers. Auch das sei schon Tierschutz, denn so könne man die Zahl der sogenannten Rückläufer reduzieren. Bei einem Hund zum Beispiel solle man sich immer fragen: Komme ich mit dieser Rasse zurecht? Was macht die Rasse aus? Habe ich genug Kraft für diesen Hund?
„Olaf, unser Boxer-Bulldoggen-Junghund, ist so ein Beispiel“, sagt Ehlers. Er wurde als Welpe in eine Familie vermittelt. Alle seien begeistert gewesen, weil er so knuffig war. Dann wurde er größer, und die Familie gab ihn zurück mit dem Hinweis, er sei aggressiv zu den Kindern. „Dabei war er einfach nur ein Hund mit Temperament und viel Kraft, der erzogen werden musste. Er hat ein nettes Wesen und ein extra großes Herz“, sagt Monika Ehlers über den knapp einjährigen Rüden.
Wer in Stormarn einen Hund oder eine Katze aus dem Tierheim adoptieren möchte, sollte wissen, dass er eine Schutzgebühr zahlen muss. Vorher gibt es ein Kennlerngespräch mit den Mitarbeitern des jeweiligen Heims. Dann darf man das Tier mehrfach im Heim besuchen. Erst danach darf man es mitnehmen.
Sommerfest am 2. September im Oldesloer Tierheim
Das Tierheim in Bad Oldesloe bietet sogar Probewochen an. Dort beträgt die Schutzgebühr für einen Hund zurzeit 250 Euro und für eine Katze 110 Euro. In Großhansdorf zahlt man für eine Katze 100 Euro und für einen Hund, je nach dem Pflegeaufwand, der betrieben wurde, zwischen 100 und 450 Euro. Alter, Rasse und Gesundheitszustand spielten bei der Ermittlung des Preises eine Rolle. Welpen können auch etwas mehr kosten, so Ehlers. Bei Karin Schönbrodt zahlt man für eine Katze 50 Euro und für einen Hund 70 Euro.
Alle drei Tierschutzfrauen haben trotz der Schwierigkeiten immer vor allem das Wohl der bedürftigen Tiere im Blick. Sie geben ihre Bemühungen, die Situation ihrer Tiere zu verbessern, nicht auf. Wer mithelfen möchte, kann das auf verschiedenen Veranstaltungen in den Tierheimen tun. Das Tierheim Bad Oldesloe lädt für Sonnabend, 2. September, zwischen 11 und 16 Uhr zum Sommerfest ein. Im September eröffnet das Reinbeker Tierheim einen Shop mit Tierbedarf. Der Erlös der Verkäufe kommt den Tieren zugute.
Drei Tierheime im Kreis Stormarn:
Tierschutz Ahrensburg-Großhansdorf von 1964, Waldreiterweg 101 in Großhansdorf, Telefon 04102/641 11, www.tierheim-grosshansdorf.de
Tierrechtsorganisation Einhorn, Senefelder Ring 46 in Reinbek, E-Mail: info@einhornev.de, www.einhornev.de/cms/
Tierschutz Bad Oldesloe, Anna-Heitmann-Weg 12 in Bad Oldesloe,Telefon 04531/878 88
www.tierschutz-badoldesloe.de