Ammersbek. Gemeindevertreter stimmen über Plan für Bebauung des Grundstücks der Kirchengemeinde Hoisbüttel ab. Die sieht Chance zur Rettung.

Die eine Seite schwärmt vom „Zukunftsprojekt Kirchenpark an der Lottbek“, die andere Seite sieht darin das düstere Szenario „Blockbek statt Lottbek“: Die Einschätzung zu einem Neubauvorhaben an der Straße An der Lottbek in Ammersbek von Befürwortern und Gegnern könnten unterschiedlicher nicht sein. Im Kern geht es zunächst einmal um einen dreigeschossigen Block mit zwölf bis 15 Mietwohnungen. Den dafür nötigen Bebauungsplan will die Gemeindevertretung in ihrer aktuellen Sitzung auf den Weg bringen.

Für die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Hoisbüttel geht es nach eigener Einschätzung um „die letzte Chance zur Rettung“. Der Verkauf des hinteren Teils vom rund 3000 Quadratmeter großen Grundstück an den Hamburger Investor Mike Hemmerich, Geschäftsführer der „Kirchenpark an der Lottbek GmbH“, soll das vom Sparkurs des Kirchenkreises hart getroffene Gotteshaus sichern. Das vordere Areal behält die Kirche. Das Kirchenschiff bleibt stehen und soll um einen neuen Glockenturm und Multifunktionsräume ergänzt werden.

Ammersbeker befürchten massive Veränderung in Straße und Grüngürtel

Die Begeisterung über den Coup mag die „Interessen-Gemeinschaft erhaltenswertes Lottbek“ (Igel) allerdings ganz und gar nicht teilen. Die Bürgerinitiative sagt Nein zu einer Änderung des aus dem Jahr 1976 stammenden B-Plans. Die Anwohner befürchten mit großer Mehrheit, dass die mehrgeschossige Bebauung den Straßenzug und die Natur im Grüngürtel am Bächlein Lottbek massiv verändern werde. Wenn überhaupt, sollte maximal eine eingeschossige Bebauung erlaubt werden, die den Siedlungshäusern in der Umgebung entspreche.

Das Gebiet des neuen Bebauungsplans in Ammersbek.
Das Gebiet des neuen Bebauungsplans in Ammersbek. © HA Grafik, HA Infografik, F. Hasse | Frank Hasse

„Bestürzung und große Sorge“ hat die Ausweitung des neuen B-Plans auf die Grundstücke in Richtung Hamburger Straße bei den dortigen Eigentümern ausgelöst. „Von den direkten Nachbarn westlich der Kirche hat keiner Interesse an einer rückwärtigen Bebauung“, sagt Anliegerin Nicole Stehn. Wenn trotzdem die rechtlichen Voraussetzungen für eine höhere Bebauung geschaffen werden, locke dies weitere spekulative Investoren an.

Kirche will wieder mehr Veranstaltungen und Gruppen anbieten

Die Mitglieder der Bürgerinitiative haben einen eigenen Fragenkatalog an die Kirche und den Bauträger verschickt. „Bisher sind uns viele Aussagen noch zu vage“, sagt Nicole Stehn. Beispielsweise wird das Gemeindezentrum nach Beobachtung der Igel-Mitstreiter ohnehin wenig frequentiert, weshalb das von den Initiatoren propagierte „Quartierszentrum“ nicht benötigt werde. „Da wird etwas zu retten versucht, was nicht mehr zu retten ist“, so Stehn.

Die Kirche sieht das anders und hat in einem Gemeindebrief „Extra Mai 2022“ noch einmal gemeinsam mit Investor Hemmereich Fragen und Antworten zum Projekt zusammengefasst. Darin wird eingeräumt, dass es wegen der Corona-Pandemie aus Sicherheitsgründen tatsächlich kaum Veranstaltungen und Gruppentreffen gegeben habe. Das werde nun aber „sukzessive hochgefahren“. Es gebe wieder Gottesdienste und auch verstärkt externe Anfragen nach Räumen.

Im Notfall kauft der Investor auch das restliche Grundstück

Die Initiatoren treten zudem Spekulationen entgegen, dass der Investor beabsichtige, das Quartierszentrum in einigen Jahren abzureißen, um auch dort Wohnungen zu errichten. Das sei ein Missverständnis. Die zuständige Kirchenaufsicht habe darauf geachtet, dass das Grundvermögen auch im Krisenfall gut geschützt sei. Deshalb seien entsprechende vertragliche Regelungen eingezogen worden. „Das sieht so aus: Für den Notfall, dass die Kirchengemeinde in der Zukunft aus irgendwelchen Gründen ihre Grundstücksfläche nicht mehr für die Gemeindearbeit nutzen kann, wird der Kirchengemeinde das Recht eingeräumt, die Grundstücksfläche Herrn Hemmerich zum Ankauf anzudienen“, heißt es. Dieser wäre dann verpflichtet, auch diese Teilfläche zu erwerben.

Die Hoisbütteler Idee sei ein „Leuchtturmprojekt“ im Kirchenkreis Hamburg-Ost. Mit dem Verkaufserlös für das Grundstück sollen voraussichtlich drei Neubauwohnungen erworben werden. Die Mieteinnahmen könnten wiederum langfristig den Etat der Kirchengemeinde mitfinanzieren. Die könne ihre jährlichen Verluste noch aus der Rücklage decken, wäre aber spätestens 2024 nicht mehr zahlungsfähig. „Dann würden in der Kirchengemeinde Hoisbüttel die Lichter ausgehen“, heißt es im Infobrief.

Bauausschuss schreibt Workshop zur Bürgerbeteiligung fest

Im Ammersbeker Bauausschuss waren die Parteien einstimmig für die Aufstellung eines neuen B-Plans. Auf Vorschlag aus dem Rathaus, Innenverdichtung großräumiger zu prüfen, wurde der Geltungsbereich nicht aufs Kirchengrundstück begrenzt. Zudem wurde ein „zeitnaher“ Bürgerbeteiligungsworkshop beschlossen.

Vor fünf Jahren war ein ähnlicher Plan der Kirche nach heftigen Protesten gescheitert. Damals wollte ein anderer Investor das Grundstück in Erbpacht übernehmen und einen viergeschossigen Block mit 35 Wohnungen bauen.

Gemeindevertretersitzung Ammersbek Di 31.5., 19.30 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus, Am Gutshof 1