Ahrensburg/Bargteheide/Großhansdorf. Auch Einrichtungen in Stormarn haben Kinder und Jugendliche aus der Ukraine aufgenommen. So ist der Start gelaufen.
Das Ziel der Kultusministerien ist klar: Die geflüchteten Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die seit Beginn des Krieges in ihrem Land nach Deutschland gekommen sind, sollen möglichst schnell an die Schulen gebracht werden. Damit soll ihnen das Ankommen in Deutschland erleichtert und ein Stück Normalität zurückgegeben werden. Viele wollen oder können nicht zurück in ihre Heimat.
Aktuell bereiten sich viele Schulen auch in Stormarn auf die Aufnahme von geflüchteten Schülern vor. Einige haben bereits Kinder und Jugendliche an ihren Schulen willkommen geheißen. Wie hat der Start funktioniert? Was sind Herausforderungen? Wie lernen die Schüler Deutsch? Diese Zeitung hat sich bei Schulen in Stormarn umgehört.
Kinder sollen möglichst schnell ankommen
Die Grundschule am Schloss in Ahrensburg hat bislang zwei Kinder aus der Ukraine aufgenommen. Ein Junge und ein Mädchen besuchen seit Kurzem die Schule. Der Kontakt kam über private Familien zustande, die die Geflüchteten aufgenommen hatten. Schulen haben die Möglichkeit, neue Schüler schnell und autark aufzunehmen. Das begrüßt Schulleiter Jens Lehmann. „Unser Ziel ist es, dass die Kinder möglichst schnell gut ankommen.“
Deshalb wurden sie in Regelklassen untergebracht, wo deutsche Mitschüler ihre neuen Klassenkameraden an die Hand nehmen. „Die Hilfsbereitschaft der Kinder ist riesengroß, sie sind sensibel und machen sich Gedanken , wie sie mit Kindern umgehen, die aus einem Kriegsgebiet zu ihnen gekommen sind.“ Beide Kinder seien spürbar traumatisiert. Damit umzugehen, sei eine Herausforderung. Aber, so Lehmann: „Wir sind als Schule darauf vorbereitet.“ Bereits 2015 hat die Schule mit DaZ-Zentrum (Deutsch als Zweitsprache) 95 Flüchtlingskinder aufgenommen und in dieser Zeit wertvolle Erfahrungen gesammelt.
Kinder sind wissbegierig und aufgeschlossen
Wichtig ist dem Schulleiter: „Für die Familien soll alles so unkompliziert wie möglich laufen.“ Das Mittagessen und das Nachmittagsangebot können die Kinder wahrnehmen. Die Mutter des Jungen war teilweise mit im Unterricht, um ihm den Einstieg zu erleichtern. Deutsch sprechen die Kinder noch nicht, mit dem Google-Übersetzer sei eine Verständigung aber möglich. Der Schulleiter setzt darauf, dass die Kinder auch durch den Umgang mit ihren deutschen Klassenkameraden Deutsch lernen. Und: „Die beiden sind total wissbegierig und freuen sich, hier zu sein“, so Lehmann.
Ähnliches berichtet Gabriele Pieper, Schulleiterin der Friedrich-Junge-Schule in Großhansdorf. Dort wurde bislang ein 15-Jähriger Achtklässler aus der Ukraine eingeschult, mehr werden vermutlich bald folgen. „Der Junge ist aufgeschlossen“ sagt die Leiterin der Gesamtschule. Deutsch sprich er nicht, aber auch hier helfe der Google-Übersetzer. „Das funktioniert gut“, sagt Pieper. Die Klassenlehrerin habe ihre Klasse auf den neuen Schüler vorbereitet. Die hätten sich sofort bereit erklärt, ihm die Schule zu zeigen und wohin es geht mitzunehmen.
Schulen sind auf traumatisierte Kinder vorbereitet
Pieper: „Ganz viel tun können wir im Moment noch nicht. Aber wir versuchen den Jungen zu integrieren, damit er in Deutschland wieder einen sicheren Hafen hat.“ Durch den Umgang mit seinen deutschen Klassenkameraden soll der Junge Deutsch lernen und zusätzlich Deutschunterricht bekommen. Auf Traumata durch die Kriegserfahrungen ist die Schule vorbereitet: „Wir haben eine Schulsozialarbeiterin, die, falls notwendig, aktiv werden kann“, so die Schulleiterin. Was Noten und Zeugnisse angeht, macht sich im Moment noch niemand Stress. Pieper: „Aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse wahrscheinlich nicht alle Fächer bewertet.“
Vor „großen Herausforderungen“ stehe die Berufliche Schule in Ahrensburg, sagt Studiendirektorin Barbara Präger. Denn durch die Situation in Afghanistan kommen ständig neue Geflüchtete an. Entsprechend müsse man sich um viele Schüler ohne Deutschkenntnisse kümmern. Aus der Ukraine wurden bislang vier Jungs und ein Mädchen zwischen 16 und 17 Jahren, alle aus Kiew, aufgenommen. Nach den Osterferien werden weitere dazukommen. Sie wurden gesammelt in einer Klasse untergebracht, in der auch geflüchtete Schüler anderer Länder unterrichtet werden. Die 18 Schüler sprechen vier verschieden Sprachen – aber kein Deutsch. Das sei herausfordernd. „Ich bewundere meine Kollegen“, so Präger. „Irgendwie klappt es.“ Und: „Wir wurden sehr herzlich aufgenommen und sind sehr dankbar“, sind sich die Schüler aus der Ukraine einig.
Ukrainekrieg ist seit Wochen Thema an den Schulen
Marcel Fell, Schulleiter der Anne-Frank-Schule in Bargteheide, hat bislang vier Schüler der Klassenstufen 5, 7 und 9 aufgenommen. Thema ist der Ukrainekrieg an der Gemeinschaftsschule bereits seit einigen Wochen. Jeden Freitag macht die Schule eine Menschenkette. Sachspenden wurden gesammelt, Schulranzen gepackt und Kuchen für den guten Zweck verkauft. Damit die Kinder aus der Ukraine sich zurechtfinden, stellt die Schule ihnen in den ersten Tagen Tutoren an die Seite, das sind Lehrer und auch ältere Schüler, die bei Fragen und Problemen weiterhelfen.
Momentan sind die neuen Schüler in Regelklassen untergebracht, damit sie Gleichaltrige kennenlernen und Anschluss finden. „An unserer Schule gibt es bereits Schüler mit Migrationsgeschichte, die auch ukrainisch sprechen“, so Fell. Das helfe enorm.
Nach den Osterferien kommen weitere Schüler
Parallel richtet die Schule eine Willkommensgruppe ein. Dort bekommen die Ukrainer Kompetenzen in Deutsch und Englisch vermittelt. Das und der Unterricht in normalen Klassen sollen dazu führen, dass die Schüler möglichst schnell integriert werden. Der Schulleiter rechnet damit, dass nach den Osterferien 15 bis 20 ukrainische Schüler an seine Schule kommen werden.
Die Rückmeldungen von den ukrainischen Eltern und Schülern seien positiv: „Die sind sehr dankbar, dass es so schnell und unkompliziert losgehen kann“, so Fell. Und: „Wenn ich die auf dem Schulhof beobachte, habe ich das Gefühl, dass sie gut ankommen.“
Bereits 2015 war Fell im Schulbetrieb. „Damals habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sich sehr lohnt, früh Arbeit zu investieren, um die geflüchteten Schüler zu integrieren. Umso schneller machen sie ihre Abschlüsse und gehen in unserer Gesellschaft ihren Weg.“