Ahrensburg. Redakteurin Juliane Minow hat eine Woche lang versucht, plastikfrei zu leben. Hat sie es geschafft, was sind ihre Erfahrungen?
Die schlimmste Nachricht meiner Plastik-Fastenwoche erwartet mich gleich am Montag: Kaugummi kauen verträgt sich nicht mit dem Vorhaben. Nicht nur die Verpackung, sondern auch Kaugummis selbst bestehen zu einem großen Teil aus Kunststoff. Verdammt. Ich liebe Kaugummi kauen. Es entspannt mich. Schweren Herzens versuche ich trotzdem, ohne auszukommen.
Das ist aber zugegebenermaßen nicht das Einzige, das mir beim Verzicht auf Plastik Kopfschmerzen bereitet. Viele Lebensmittel, die auf meiner wöchentlichen Einkaufsliste stehen, sind in Plastik verpackt: Tiefkühlgemüse, Käse, Joghurt, abgepacktes Brot, Haferdrink, Reiswaffeln. Aber das kommt mir diese Woche nicht in die Tüte.
Rote Linsen und Waschmittel stehen auf dem Einkaufszettel
Eine Woche versuche ich, keinen Plastikmüll zu produzieren und für Produkte, die mit Kunststoff umhüllt sind, unverpackte Alternativen zu finden. Mit meiner Einkaufsliste bewaffnet statte ich Anfang der Woche dem Unverpacktladen Ahrensburg einen Besuch ab. Auf meiner Einkaufsliste stehen unter anderem rote Linsen. Außerdem möchte ich die unverpackten Süßigkeiten testen. Neben Nudeln, Reis oder Nüssen gibt es dort auch Hygiene- und Körperpflegeartikel wie Zahnpasta, Deodorant und Co.
Um nicht unnötig etwas zu kaufen, das ich bereits besitze, nutze ich das, was ich zu Hause habe, auch in dieser Woche weiter, auch wenn es in Plastik verpackt ist – zum Beispiel meine Zahnpasta. Das ist auch ein Tipp von Inhaber Eberhard Fritzsche: Nutzen, was man hat. Wenn das nächste Mal meine Zahnpasta zur Neige geht, kann ich sie hier kaufen.
Einiges gibt es einfach nicht unverpackt
Was ich diese Woche brauche, ist Waschmittel. Meinen leeren Behälter habe ich mitgebracht und fülle ganz unkompliziert neues ab. Wer keinen Unverpacktladen vor der Tür hat, findet auch im Supermarkt und im Bioladen unverpackte Lebensmittel – doch das Angebot hält sich zugegebenermaßen in Grenzen. Selbst im Bioladen ist Plastik präsent. Reiswaffeln, Eiscreme, Tiefkühlpizza – einiges gibt es, so meine Erfahrung, einfach nicht unverpackt.
Doch ich stelle auch fest: Für viele Produkte gibt es Alternativen. Joghurt und Milch können in Gläsern und Flaschen statt in Plastikbechern und Tetrapacks gekauft werden. Auch Säfte und Softdrinks gibt es in Glasflaschen. Oft besteht allerdings der Deckel aus Kunststoff. Um unverpackt an Käse zu kommen, frage ich an der Käsetheke (das geht nicht im Discounter), ob man mir den Käse in meine mitgebrachte Box packen kann. In meinem Fall funktioniert das. Auch Brot aus dem Backshop packe ich in mitgebrachte Beutel.
Loses Obst und Gemüse gibt es auf dem Wochenmarkt
Eine große Auswahl an losem Obst und Gemüse finde ich auf dem Wochenmarkt. Ich finde alles, was ich haben möchte – außer Eisbergsalat. Den gibt es selbst auf dem Markt nicht unverpackt. Überhaupt war eine meiner Lektionen diese Woche: zu akzeptieren, dass nicht immer alles sofort verfügbar ist.
Außerdem habe ich festgestellt, dass unverpackte Produkte oft teurer sind. Für Haferdrink in der Glasflasche zahle ich drei Euro statt 99 Cent. Zwar haben Nudeln, Joghurt oder Blaubeeren vom Markt beziehungsweise aus Unverpackt- oder Bioladen meist Bioqualität, insofern hinkt der Vergleich zu Discounterpreisen, doch Fakt ist: Ich muss in dieser Woche wesentlich tiefer ins Portemonnaie greifen. Plastikfrei zu leben muss man sich leisten können, das kann nicht jeder. Das finde ich nicht gut.
Verzicht war schwieriger als gedacht
Fazit: Der Plastikverzicht war schwieriger als gedacht. Obwohl ich Plastik ohnehin oft vermeide, Leitungswasser trinke, mit Stoffbeuteln einkaufe und Obst und Gemüse meist lose kaufe, ist mir der komplette Verzicht wirklich schwergefallen. Mir ist erst in dieser Woche so richtig bewusst geworden, wie omnipräsent Plastik in unserer Welt ist. Dagegen hilft sicher das Engagement eines Einzelnen, aber meiner Meinung nach braucht es für eine plastikfreie Welt auch die richtigen politischen Weichenstellungen.
Ich jedenfalls werde in Zukunft viele Lebensmittel, bei denen das für mich unkompliziert möglich ist, weiterhin unverpackt kaufen – zum Beispiel Reis, Nudeln, Obst und Gemüse. Auf sämtliches Plastik kann ich aber ehrlich gesagt auf Dauer (noch) nicht verzichten. Zum Beispiel auf Kaugummis.