Ahrensburg. In der zweiten Fastenwoche geht es um Plastikvermeidung. Zwei Experten geben Tipps für ein Leben ohne Kunststoffe.
Die erste Fastenwoche ist gerade vorbei, da geht es auch schon weiter mit der nächsten: In der kommenden Woche ist Plastik dran. Das Ziel lautet: So wenig Plastikmüll wie möglich produzieren, am besten natürlich gar keinen. Ob das überhaupt geht? Das gilt es herauszufinden. Sandra und Eberhard Fritzsche führen bereits seit vielen Jahren ein Leben (fast) ohne Kunststoffe. 2019 haben sie in der Ahrensburger Innenstadt einen Unverpacktladen eröffnet. Damals war es der erste in Stormarn.
Seitdem hat sich viel getan. Etwa 250 Kunden kommen pro Woche in das Geschäft in der Großen Straße 34a. Auf mehr als 100 Quadratmetern finden Einkäufer zurzeit mehr als 600 Produkte von Nudeln, Reis und Backzutaten über Hülsenfrüchte, Nüsse, Gewürze, Tee, Kaffee, Weingummi und Chips bis hin zu Reinigungsmitteln und Körperpflegeprodukten – natürlich alles unverpackt. Das Prinzip ist denkbar simpel: „Kunden bringen ihre Behälter mit, wiegen sie, damit das Gewicht an der Kasse wieder abgezogen werden kann, und befüllen sie“, sagt Eberhard Fritzsche.
Problem an Plastik: Es verrottet nicht
Warum es überhaupt Sinn macht, auf Plastik zu verzichten? Das Problem an Kunststoff ist: Er verrottet nicht, sondern zersetzt sich mit den Jahren nur in kleinere Teile. Das dauert bei einer Angelschnur 600 Jahre, bei einer Plastikflasche 450 Jahre und bei einem Strohhalm 200 Jahre. Das hat verheerende Folgen für Natur, Tierwelt und auch unsere Gesundheit.
Meerestiere fressen die Kunststoffe und verhungern, weil das Plastik den Verdauungsapparat stört, verfangen oder verletzen sich daran. Auch auf die Gesundheit des Menschen kann sich Plastik negativ auswirken. Wissenschaftler vermuten, dass Chemikalien in Kunststoffen Allergien, Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit, Krebs und Herzerkrankungen verursachen können.
In Deutschland entsteht pro Jahr 39 Kilogramm Plastik pro Kopf
In den EU-Ländern entstehen jährlich im Schnitt etwa 33 Kilogramm Verpackungsabfall aus Plastik pro Einwohner. Deutschland liegt mit 39 Kilogramm pro Kopf sogar deutlich über dem Durchschnitt.
Doch immerhin findet bei vielen immer mehr ein Umdenken statt. 72 Prozent gaben in einer Umfrage aus dem Jahr 2020 laut dem Online-Portal Statista an, schon mal in einem Unverpacktladen eingekauft zu haben. Das Bewusstsein für die Problematik steigt bei vielen, die Politik bringt Gesetze zur Reduzierung des Plastikmülls auf den Weg. „In Deutschland gibt es mittlerweile knapp 400 Unverpacktläden“ sagt Eberhard Fritzsche. „Teilweise wurden zwischen 80 und 90 im Jahr eröffnet.“
Unverpacktladen wird gut angenommen
Der Laden von ihm und seiner Frau wird gut angenommen. Fritzsche: „Die Leute wünschen sich Alternativen.“ Die Rückmeldungen sind positiv: „Einige haben mir schon gesagt, dass unser Laden ihr Lieblingsladen ist“, sagt Sandra Fritzsche. Laut einer Umfrage, die das Ehepaar unter seinen Kunden gemacht hat, würden mehr als 90 Prozent das Geschäft weiterempfehlen.
Was kann jeder Einzelne nun tun, um auf Plastik zu verzichten? „Es geht nicht von heute auf morgen“, sagt Eberhard Fritzsche. Seine Empfehlung: Mit zwei, drei Produkten anfangen. „Wenn das nächste Mal der Reis leer ist, nicht in der Plastikverpackung kaufen, sondern mit seinem eigenen Behälter bei uns vorbeikommen.“ Wer einen Unverpacktladen in der Nähe hat, kann diesem einfach mal einen Besuch abstatten. „Hier gibt es zum Beispiel auch Zahnpasta oder Reinigungsmittel zum Abfüllen oder in wiederverwendbaren Pfandbehältern aus Glas“, so Eberhard Fritzsche. Nach und nach könne man immer mehr Produkte austauschen.
Unverpacktes Obst und Gemüse gibt es auf dem Markt
Unverpacktes Obst und Gemüse gibt es, wenn man wiederverwendbare Beutel und Behälter mitbringt, oft auf dem Markt. Auch im Supermarkt haben Kunden bei Obst und Gemüse oft die Wahl zwischen losen und in Plastik verpackten Produkten.
Übrigens: Etwas teurer als im Discounter sind die Produkte im Unverpacktladen schon. Aber: „Bei uns bekommt man Bioqualität, das kann man nicht miteinander vergleichen“, so Eberhard Fritzsche. „Außerdem kann man bedarfsgerechter einkaufen und vermeidet Lebensmittelverschwendung.“
Zahlreiche Tipps gibt es im Internet
Wer sich über Möglichkeiten der Plastikreduzierung informieren möchte, findet im Internet zum Beispiel unter dem Stichwort „plastikfrei leben“ unzählige Tipps. Für fast alle Lebensbereiche gibt es mittlerweile plastikfreie Alternativen. Fritzsche: „Am Anfang ist das Arbeit. Man muss viel suchen und recherchieren.“ Doch die Mühe lohne sich. Es sei nicht viel aufwendiger, plastikfrei einzukaufen. Vor allem, sagt Fritzsche: „So ein Lebensstil befreit wahnsinnig. Am Ende gewinnt man.“