Ahrensburg. In der ersten Fastenwoche musste das Auto dran glauben. Die Woche brachte einige Überraschungen mit sich.

Diese Fastenwoche hätte nicht passender beginnen können. Pünktlich zum Aschermittwoch geht mein Auto kaputt. Schon vorher fuhr es irgendwie seltsam. Der Kfz-Mechaniker überbringt mir die Hiobsbotschaft: Mein geliebtes Cabrio ist komplett hin. Ich darf nicht einmal mehr damit nach Hause fahren. Ab sofort bin ich also autolos. Den Rückweg von der Werkstatt lege ich mit dem Bus zurück.

Doch wie heißt es so schön: Nichts ist so schlecht, dass es nicht für irgendwas gut ist. So komme ich in meiner Auto-Fastenwoche gar nicht erst in Versuchung. Außerdem wollte ich seit Ewigkeiten weniger Auto fahren. Damit ich Emissionen spare und keine grauen Haare bekomme, wenn der Liter Super an der Autobahn 2,08 Euro kostet.

In der Vergangenheit zu viel Auto gefahren

Ganz selbstkritisch muss ich eingestehen: Ich bin in der Vergangenheit viel mehr Auto gefahren, als nötig gewesen wäre. Da sind andere sicher weiter. Die dunkle Jahreszeit und der innere Schweinehund haben ihr Übriges getan. Hauptsächlich habe ich mein Auto für den Weg zur Arbeit von Hamburg-Horn nach Ahrensburg genutzt. Würde ich auch in der Hansestadt arbeiten, hätte ich mein Auto längst verkauft. Denn dort sind das Bus- und U-Bahn-Netz so gut ausgebaut, die Angebote von Stadtrad über Carsharing bis hin zu E-Scootern so zahlreich, dass ich mein Auto dort noch kein einziges Mal gebraucht habe.

Ich arbeite allerdings in Ahrensburg. Von Horn bis in die Redaktion ist der Weg mit dem Auto leider so herrlich einfach: Vom Horner Kreisel auf die Autobahn – und schwups, bin ich da. 27 Kilometer, 25 Minuten. Einen Parkplatz habe ich vor der Tür, das ist sehr bequem. Aber: Angesichts der aktuellen Spritpreise kostet mich diese Bequemlichkeit jeden Monat etwa 160 Euro, Verschleiß, Steuern und Versicherung nicht einberechnet, und die Umwelt wird mit etwa 368 Kilogramm CO2 belastet. Davor habe ich bislang recht erfolgreich die Augen verschlossen.

Die Strecke zum Bahnhof unterschätzt

Deshalb bin ich über die Nachricht, dass ich ab sofort gar nicht mehr Auto fahren kann, zu 80 Prozent traurig, aber zu 20 Prozent auch erleichtert. Von selbst hätte ich mein Auto, das mir bislang viel Freiheit und Flexibilität schenkte, noch lange nicht verkauft. Nun habe ich keine Wahl. Ich entscheide mich auch, vorerst kein neues Auto zu kaufen, sondern zu testen, wie ich ohne zurechtkomme.

Am Abend vor dem Aschermittwoch checke ich Bahnverbindungen von Hamburg-Horn nach Ahrensburg. Die schnellste Verbindung ist für mich die Regionalbahn von Hasselbrook aus, die alle 30 Minuten fährt. Die S-Bahn-Station ist von mir zu Hause etwa 3,5 Kilometer entfernt, ich fahre mit dem Rad dorthin.

Auf dem Weg zur Arbeit Vitamin D getankt

Anders ist an diesem Morgen, dass ich nicht einfach das Haus verlassen kann, wann es mir passt, sondern, natürlich, die Abfahrtszeit abpassen muss. Ich habe mich etwas verschätzt und muss wahnsinnig in die Pedale treten, um die Bahn zu erwischen. Positiver Nebeneffekt: Ich habe ganz nebenbei ein kleines Cardio-Workout absolviert. Außerdem bin ich an der frischen Luft unterwegs.

Die Fahrt dauert 16 Minuten, der Weg in die Redaktion zehn Minuten. Von Tür zu Tür bin ich etwa 40 Minuten unterwegs, nur etwa 15 Minuten länger als mit dem Auto. Das hätte ich nicht gedacht. Noch dazu habe ich Ecken von Hamburg und Ahrensburg gesehen, die ich vorher nicht kannte, habe Sonnenstrahlen getankt und meinen faulen Hintern bewegt. Was mir auffällt: Der neue Arbeitsweg hat einen wahnsinnig positiven Effekt auf meine Stimmung. Richtig gut gelaunt, fast euphorisch, komme ich in der Redaktion an.

Bahnfahren ist etwas umständlicher

Das Gefühl hält bis in den späten Nachmittag, dann denke ich: Wie schön wäre es, gleich einfach ins Auto zu steigen! Nichts da. Ab sofort muss ich die Bahnverbindung checken, zum Bahnhof laufen, warten, in den Zug steigen, wieder aussteigen und die 3,5 Kilometer nach Hause radeln. Ja, das ist umständlicher. Aber es tut kein bisschen weh.

Mein Fazit nach (zugegebenermaßen nur) drei Tagen lautet: Ich habe mich erstaunlich schnell an den Alltag ohne Auto gewöhnt. Auch über die Stadtgrenzen hinaus kann Hamburgs Infrastruktur sich sehen lassen. Die Ziele, die ich angesteuert habe, sind einigermaßen schnell zu erreichen. Manchmal fehlt mir mein Auto – zum Beispiel wenn der Tag mit Nebel und Minusgraden grüßt. Ich erinnere mich an den Tipp des ADFC-Vorsitzenden Reiner Hinsch, den ich Anfang der Woche befragt habe: Einfach machen. Und dann geht’s.

Am Ende der Woche Gefallen am Autofasten gefunden

Am Ende dieser Woche habe ich nicht nur ein reines Gewissen und mehr Geld im Portemonnaie, sondern mich nebenbei viel mehr bewegt als vorher. Ich habe den Verzicht aufs Auto nicht nur durchgehalten, sondern sogar Gefallen daran gefunden. War das etwas unbequemer? Ja. Hat es länger gedauert? Ja. Ist es das trotzdem wert? Auf jeden Fall. Deshalb werde ich von nun an weiter mit den Öffis fahren und mich aufs Rad schwingen. Ich habe ja sowieso keine Wahl. Vielleicht ist das auch ganz gut so.