Ahrensburg. Im Stadtgebiet werden 19 zusätzliche Haltepunkte eingerichtet. Fahrdienst ist 20 Stunden pro Tag buchbar. Planer sehen hohes Potenzial.
Die Shuttles des Fahrdienstes Ioki rollen von Sonntag, 13. Dezember, an durch ganz Ahrensburg. Die vorhandenen 78 Bushaltestellen im Stadtgebiet werden für das neue On-Demand-Angebot um 19 virtuelle Haltepunkte ergänzt. Diese werden an Straßenlaternen eingerichtet und durch Hinweisschilder gekennzeichnet. „90 Prozent der Ahrensburger haben in Zukunft eine Haltstelle, die maximal 250 Meter von ihrer Haustür entfernt liegt“, sagt Marius Kohler, Verkehrsplaner bei Ioki. Derzeit sind es nur 76 Prozent.
Weniger Menschen sollen Auto für kurze Strecken nutzen
Die Projektbeteiligten sind überzeugt, dass durch die bessere Abdeckung mehr Bürger vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen werden. „Wir möchten, dass weniger Menschen für kurze Strecken das Auto nutzen“, sagt Ahrensburgs Klimaschutzmanagerin Jule Lehmann, die das Vorhaben derzeit im Rathaus begleitet. Ziel ist es, den Verkehr zu entlasten und den Parkplatzdruck in der Innenstadt zu mindern. „Mit den Shuttles sparen wir zudem CO2 ein, da eine Ioki-Tour bis zu sechs private Fahrten ersetzen kann“, sagt Lehmann. Denn sechs Fahrgäste können gleichzeitig in den Wagen transportiert werden. Auch Kinderwagen, Rollstühle und Rollatoren haben Platz.
Die Shuttles sollen das bestehende Bus- und Bahnangebot ergänzen. Fünf Elektro-Fahrzeuge im Stil der London-Taxis werden täglich von 4 Uhr morgens bis Mitternacht im Einsatz sein. Sie wurden bereits beim englischen Hersteller LEVC bestellt und sollen im November in Stormarn eintreffen. Es gibt weder einen festen Fahrplan noch feste Routen.
Kunden buchen den Fahrdienst per App oder Telefon
Kunden buchen den Service per App. Dort müssen sie Start- und Zielort sowie die gewünschte Uhrzeit eingeben. Dann bekommen sie eine Verbindung angezeigt. Die Wartezeit auf einen Shuttle soll maximal 30 Minuten betragen. Laut Isaac Larbi, Ioki-Projektleiter für den Raum Hamburg, dauert es aber meistens nur fünf Minuten. Im Unterschied zu Taxis bietet Ioki keine Beförderung von Tür zu Tür an. An einem Ende der Strecke muss sich immer eine Bushaltestelle oder ein virtueller Haltepunkt befinden. Ahrensburger könnten sich zum Beispiel nach dem Einkaufsbummel in der City per Shuttle von der Bushaltestelle am Rathaus direkt vor ihre Haustür fahren lassen. Pendler, die am Bahnhof ankommen, könnten sich von Ioki zum Arbeitsplatz im Gewerbegebiet bringen lassen.
„Die App prüft aber, ob die Strecke im gewünschten Zeitraum auch mit dem Bus zurückgelegt werden kann“, sagt Lehmann. Wenn die Busfahrt genauso schnell ist oder maximal fünf Minuten länger dauert, werden Kunden auf dieses Angebot verwiesen. „Wir wollen dem ÖPNV nicht die Mitfahrer abwerben, sondern Ioki für Bürger anbieten, die es wirklich brauchen“, sagt sie.
400 Fahrten pro Tag sollen in Ahrensburg möglich sein
Unterwegs werden – wenn möglich – weitere Fahrgäste eingesammelt. Umwege sollen laut Ioki maximal zehn Minuten Zeit kosten, bei kürzeren Strecken komme höchstens 50 Prozent der Reisezeit obendrauf. Shuttle-Fahrten über die Ahrensburger Stadtgrenze hinaus sind nicht möglich.
Die größten Potenziale sehen die Verkehrsplaner derzeit in den Wohngebieten am Rand der Stadt, etwa in Wulfsdorf, Ahrensfelde, dem Waldgut Hagen, der Siedlung Am Hagen sowie in den Gewerbegebieten. „In den äußeren Regionen besteht Handlungsbedarf, weil der ÖPNV nicht so gut ausgebaut ist“, sagt Kohler. Bisher sei das Auto dort die attraktivste Wahl, um in die Innenstadt zu gelangen. Durch das neue On-Demand-Angebot sollen sich die Fahrzeiten zum Teil um 30 Prozent verkürzen.
Experten haben Mobilitätsanalyse für Konzept erstellt
Die Bezahlung erfolgt über die App, zum Beispiel per PayPal oder Kreditkarte. Kunden benötigen ein gültiges Bus- oder Bahnticket und bezahlen für die Nutzung von Ioki einen sogenannten Komfortzuschlag von einem Euro. Dadurch soll laut Verkehrsplaner Marius Kohler auch die Nachfrage gesteuert werden. „Mit dem Modell ist eine Nachfrage von knapp 400 Fahrten pro Tag realistisch“, sagt er. „Diese könnten wir mit fünf Fahrzeugen auch bedienen.“
Das Konzept für Ahrensburg basiert auf einer Mobilitätsanalyse, für die Experten von Ioki die Verkehrsströme in der Schlossstadt analysiert haben. Die Untersuchung habe ein „großes Potenzial für ein On-Demand-Angebot“ gezeigt. Mit nur fünf Fahrzeugen könne ein „großer Mehrwert für die Alltagsmobilität“ erreicht werden. Marius Kohler ist davon überzeugt, dass Ioki einen wesentlichen Beitrag dazu leisten kann, den Parkplatzsuchverkehr in der Ahrensburger City zu reduzieren. „Aber wir sind kein alleiniger Problemlöser“, sagt er. Eine weitere Maßnahme könnte eine autofreie Innenstadt sein.
Zunächst fahren Shuttles in einjährigem Testbetrieb
Die Shuttles werden zunächst nur bis Dezember 2021 fahren, da es sich um einen einjährigen Testbetrieb handelt. Er wird komplett über Fördergeld finanziert, die Stadt hat dafür 939.121 Euro erhalten. Die Ergebnisse werden am Ende, aber auch zwischendurch ausgewertet. So könnten bei Bedarf beispielsweise zusätzliche Haltepunkte eingerichtet oder Stationen versetzt werden, sagt Lehmann. Die Stadt sucht derzeit noch einen Projektmanager, der den Testbetrieb begleitet. Aktuell laufen laut Verwaltung die Bewerbungsgespräche.
„Der neue Mitarbeiter soll dann auch beim Einrichten der App helfen – etwa, wenn Senioren damit Probleme haben“, sagt Lehmann. An anderen Ioki-Standorten gebe es zudem eine gute Zusammenarbeit mit Altenheimen, die ihren Bewohnern im Eingangsbereich ein Tablet für die Buchung des Fahrdienstes zur Verfügung stellten oder diese von Mitarbeitern vornehmen ließen. Tagsüber soll laut Thorge Storm, Ioki-Betriebsleiter bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH), auch eine telefonische Buchung möglich sein. Dieser Service wird auf Wunsch des Kreises Stormarn eingerichtet, der im gleichen Zeitraum einen weiteren Ioki-Testbetrieb im Raum Brunsbek/Rausdorf hat.
Politiker beurteilen das Vorgehen unterschiedlich
Bei den Ahrensburger Politikern sorgte die Vorstellung des Konzepts für unterschiedliche Reaktionen. Nadine Levenhagen, Fraktionschefin der Grünen, kritisierte die Beschränkung auf fünf Fahrzeuge. „Wir schränken uns dadurch in der Testphase schon so ein, dass wir einige Angebote gar nicht ausprobieren können“, sagt sie. „Das ist für uns der falsche Ansatz. Wir hätten uns das Ganze größer gewünscht.“
Gerhard Bartel (SPD) forderte dagegen, erst mal mit dem Betrieb zu starten und nach einem Jahr darüber zu sprechen, was besser gemacht werden könnte. Dann müssen die Politiker sowieso entscheiden, ob das Angebot fortgesetzt werden soll und die Stadt Ahrensburg dafür Geld ausgeben will.