Buxtehude. Sind große Kaufhäuser ein Auslaufmodell? Wir haben jemanden gefragt, der es wissen muss: Fabian Stackmann aus Buxtehude.

Ist das klassische Kaufhaus ein Auslaufmodell, wie das aktuelle Karstadt-Dilemma zu belegen scheint? Offenbar nicht ganz. Denn in Buxtehude findet sich ein interessantes Gegenbeispiel. Dort ist das traditionsreiche Familienunternehmen Stackmann längst zu einem Stück Stadtgeschichte geworden – ein so belebter wie beliebter Ort mitten in der Alt- und Innenstadt. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt erklärt Geschäftsführer Fabian Stackmann das Geheimnis des eigenen Erfolgs – und warum dies angesichts der aktuellen Krisen wahrlich kein Selbstgänger ist.

Herr Stackmann, Ende Oktober hat mit der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Ersten Ankündigungen zufolge will das Unternehmen im Rahmen der Sanierungsbemühungen mehr als 40 seiner verbliebenen 131 Kaufhäuser schließen. Was machen Sie, was macht das Modehaus Stackmann besser als Karstadt-Investor René Benko und seine Vorgänger?

Fabian Stackmann: Ich habe den Eindruck, dass Galeria im vergangenen Jahr wichtige Veränderungen angestoßen hat. Die erneute Notlage ist ein Indiz dafür, dass es zu spät kam oder nicht tiefgreifend genug war, um Versäumnisse nachzuholen.

Und wie lautet Ihr Erfolgsrezept?

Wir müssen uns immer weiter entwickeln. Stackmann entwickelt sich stetig weiter. Vom Sortiment bis zu den Konzepten bleiben wir immer in Bewegung. Die persönliche Bindung und Nähe zu den Menschen ist aus meiner Sicht allerdings das Entscheidende. Im Kern sind wir familiär im Umgang, kompetent durch unser Team und inspirierend durch die Ware im Haus. Die Verbindung zu unseren Kundinnen und Kunden ist unser höchstes Gut, und dafür haben wir vor und während der letzten Krisenzeit viel getan.

Viele halten das Konzept des Waren- oder Modehauses als Magnet in einer Innenstadt angesichts der Konkurrenz durch Shopping-Center und Online-Handel für tot. Geht man durch Ihr Haus, scheint dieser Eindruck bereits auf den ersten Blick widerlegt. Wie geht es der Ernst Stackmann GmbH Co. KG aktuell?

Uns geht es gut und wir blicken zuversichtlich in die Zukunft. Das gesamte Team freut sich auf die Weihnachtszeit, auf die Kunden und Menschen im Haus. Ich bin mir sicher, dass man die Liebe zum Detail und zur Arbeit hier im Haus spürt.

Das Kauf- und Modehaus Stackmann liegt mitten in der Buxtehuder Altstadt.
Das Kauf- und Modehaus Stackmann liegt mitten in der Buxtehuder Altstadt. © Stackmann/Matthias Oertel

Können Sie diese Aussage am Feedback der Kunden festmachen?

Die Reaktion der Menschen zeigt, dass das Konzept Innenstadt, mit uns als Teil davon, weiterhin sehr relevant ist. Gemeinsam mit der Innenstadt bieten wir ein authentisches Einkaufserlebnis, das ein Center kaum nachstellen kann und das zudem eine soziale und menschlichen Ebene bietet, die sich online nicht abbilden lässt. Die Stadt ist ein Ort zum Shoppen, aber doch auch um sich zu treffen und zu begegnen.

Wenn Innenstädte aussterben, hat das viele Ursachen, liegt zum Teil aber auch an den hohen Mieten in den Zentren. Wenn Sie für Ihr Haus Miete zahlen müssten – könnten sich das Ihr Unternehmen noch leisten?

Wir wären dazu tatsächlich in der Lage, ja. Die pauschale Antwort ist allerdings das Gegenteil. Handel ist bei steigenden Kosten in aktuell endgültig allen Bereichen und einer anspruchsvollen Umsatzlage weitaus komplizierter und komplexer als früher. Für die große Mehrzahl von Händlern wie uns wird die Zukunft ohne eigene Immobilie noch schwieriger. Der Kostenfaktor der ständig nötigen Reinvestition in die Substanz und Technik der Immobilie spielt dabei allerdings eine große Rolle.

Auch in Buxtehude steigen die Mieten, und es gibt Leerstände in der Innenstadt. Wie wichtig ist ein attraktives Umfeld für die Geschäfte und für die Firma Stackmann?

Als Mieter und Vermieter sowie Akteur der Innenstadt betrachten wir die Situation von mehreren Seiten. Es muss allen klar sein, dass jede Fläche noch viel stärker individuell bewertet werden muss als zuvor. Der Standort und das Umfeld sind allerdings weiterhin entscheidend für gute Konzepte, die Miethöhe und Dauer. Ein attraktives, funktionierendes Umfeld ist mittel- und langfristig absolut entscheidend über die Gesamtlage und Miethöhen aller Flächen. Nur so bleibt es attraktiv und ein Leerstands-Dominoeffekt kann vermieden werden.

Corona, Krieg, Inflation, explodierende Energiepreise – Sie haben in den ersten drei Jahren nach Ihrem Einstieg in die Geschäftsleitung alle Krisen mitgenommen. Sind diese für ein Familienunternehmen leichter zu meistern als für andere, oder ist es eine besonders große Herausforderung, den Dampfer in solchen Zeiten als vierte Generation durch die raue See zu steuern?

Die Schiffsmetapher mit der rauen See ist schon stark strapaziert in den letzten Jahren, aber sie passt doch gut. Der Zusammenhalt im Unternehmen war durch die aktuellen Krisen besonders groß, und typisch für Familienunternehmen sind auch bei uns alle Ebenen eng miteinander verbunden. Ich bin überzeugt, dass es uns sehr geholfen hat, die nötige Geschwindigkeit für Anpassungen aufzubringen, ohne auseinanderzubrechen.

Um im Bild zu bleiben: Ihr Vater Dieter Stackmann ist ja auch noch an Bord. Wie teilen Sie sich die Aufgabenbereiche auf?

Die Aufgaben haben wir bereits vor meinem Start aufgeteilt und konsequent danach gehandelt. Der Großteil der Verantwortung liegt bei mir, und ich bin froh, dass mein Vater weiterhin dabei ist, um mich und das Team zu unterstützen. Wir tauschen uns in einem Rhythmus zwischen täglich und wöchentlich aus.

Eine Ausbildung oder ein Arbeitsplatz bei Stackmann wurden in Buxtehude und Umgebung immer sehr geschätzt. Haben Sie - wie viele andere Unternehmen - inzwischen auch Probleme bei der Gewinnung von Fachkräften?

Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten war schon immer anspruchsvoll. Ich hoffe, Sie verzeihen mir, die Gelegenheit zum Aufruf zu nutzen (lacht). Inzwischen bieten wir sechs verschiedene Ausbildungsberufe an und suchen auch darüber hinaus neue Teammitglieder. Wer serviceorientiert ist und Lust auf Menschen hat, ist bei uns herzlich willkommen.

Inzwischen spielt auch Genuss und Kulinarik eine große Rolle bei Stackmann.
Inzwischen spielt auch Genuss und Kulinarik eine große Rolle bei Stackmann. © Stackmann/Matthias Oertel

Spielt die Beratung durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen heute denn überhaupt noch eine wichtige Rolle für den Erfolg eines Modehauses?

Ohne die gute Beratung durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die persönlichen Beziehungen zu unserer Kundschaft gäbe es uns schon lange nicht mehr. Das ist ein klares ,Ja’.

Und welche Rolle spielt der Online-Verkauf für Ihr Haus?

Wir nutzen unseren eigenen Onlineshop als digitale Verlängerung der Beziehung zu unseren Kunden. Der Mensch bewegt sich als Konsument und soziales Wesen zunehmend digital, und wir wollen ein Teil davon bleiben.

Was müssen Unternehmen wie das Modehaus Stackmann den Kundinnen und Kunden von heute außerdem unbedingt bieten, um sich gegen die großen Shopping-Center und den Online-Handel behaupten zu können?

Wir fordern uns jeden Tag aufs Neue heraus, unsere Kundschaft mit einem liebevoll kuratierten Sortiment an Mode- und Lifestyle Produkten zu überraschen und zu inspirieren. Wir sind mehr als ein Modehaus und verbinden die Themen Mode und Kulinarik unter einem Dach. Das ist unsere Mission und die ganz persönliche Antwort auf Ihre Frage für Stackmann in Buxtehude.

Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen?

Einer unserer Kernwerte ist es, verantwortungsvoll zu handeln. Das schließt das Thema ökologische Nachhaltigkeit nebst vielem Weiteren mit ein. Wir haben in den letzten zehn Jahren gezielt investiert, um Energie und Verbräuche einzusparen und sind seit langem bereit, mehr auszugeben, um nachhaltiger zu handeln. Die Produkte mit globalen Produktionsketten, die wir verkaufen, erhöhen den Druck auf uns, unseren Teil beizutragen und in die gewünschte Richtung mit mehr Nachhaltigkeit zu gehen.

Gibt es Werte, die Sie als Urenkel des Gründers von Ihren drei Vorgängern übernommen haben?

Ja: Begeisterungsfähigkeit für Neues, Verantwortungsbewusstsein, den buchstäblichen, nötigen Mut etwas zu unternehmen – und das Vertrauen in das Team.

Saugt man diese Eigenschaften quasi mit der Muttermilch auf, wenn man den Namen Stackmann trägt?

Vermutlich schon, ich würde es allerdings anders ausdrücken: Ich habe meinen Eltern sehr viel zu verdanken.

Welche eigenen Akzente möchten Sie in Zukunft setzen?

In diesem Haus und Team steckt viel mehr Innovation und Modernität, als wir es bisher nach außen transportieren können. Auf dem Weg dahin wird auch die Digitalisierung immer wichtiger. Mit unserem neuen Restaurant spielt Gastronomie und Kulinarik ab Anfang 2023 eine noch größere Rolle bei Stackmann.

Wo sehen Sie das Modehaus Stackmann in 20 Jahren?

Ich sehe uns auch in 20 Jahren noch als Treffpunkt der Region für Mode- und Lifestyle, für Kulinarik und Genuss.

An wen möchten Sie eines fernen Tages den Staffelstab übergeben?

Die Familie wird immer ein Teil des Unternehmens Stackmann bleiben.

Zur Person: Fabian Stackmann (36) ist Anfang 2019 in das mehr als 100 Jahre alte Buxtehuder Familienunternehmen eingestiegen und leitet es seither in vierter Generation – gemeinsam mit seinem Vater Dieter Stackmann und dem langjährigen Geschäftsführer Henning Schleemann. Fabian Stackmann sammelte nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre fast sechs Jahre lang berufliche Erfahrungen in vergleichbaren Häusern befreundeter Unternehmen der Mode- und Lifestylebranche.