Wer einen Baum aus der Region will, kann im Landkreis Stade selbst zur Säge greifen. Mehrere Plantagen bieten jetzt die Möglichkeit dazu.
Stade/Buxtehude. Zu Weihnachen haben viele Familien im Landkreis Stade Besuch aus Dänemark. Und zwar, ohne es zu wissen. Denn bei besagtem Besuch handelt es sich um einen Großteil jener Tannenbäume, die bei den hiesigen Verkaufsstellen erhältlich sind. Zwei Drittel aller in Deutschland verkauften Bäume komme aus dem nordischen Nachbarland, sagt Martin Seidel, seines Zeichens Leiter der Revierförsterei Rüstje.
Allerdings gibt es auch mehrere Baumplantagen im Landkreis Stade. Sie bieten die Möglichkeit, sich statt eines weitgereisten Gastes einen Tannenbaum aus der Region ins Wohnzimmer zu holen. Viele Familien nutzen alljährlich die Möglichkeit, sich einen Baum im vollen Saft auszusuchen und ihn dann selbst zu sägen.
Der Vorteil: Die Bäume sind nicht nur ein echt regionales Produkt, sie halten mit etwas Glück auch länger. "Bäume, die man schon geschlagen über Händler bekommt, sind in der Regel älter. Große Anbieter lagern sie vor dem Verkauf in Kühlhäusern", sagt Martin Seidel. Wenn man sich hingegen selbst, kurz vor Weihnachten, eine Tanne schlage, bleibe sie länger frisch.
Einer, der Familien, Paaren und sonstigen Baumfreunden diese Möglichkeit bietet, ist Günter Poppe. Rund 20 000 Tannen wachsen auf der Plantage des Ruschwedeler Landwirts, die derzeit noch für den Ansturm der Kunden bereit gemacht wird. Wer auf der Apensenser Straße (L 127) zwischen Harsefeld und Apensen fährt, wird schnell auf sie aufmerksam.
"Das räumen wir natürlich alles noch auf hier", sagt Günter Poppe und deutet auf Äste und Sägespäne am Rande eines Trampelpfades. Ansonsten sieht sie eigentlich schon recht aufgeräumt aus, die weite Plantage. Bäume der unterschiedlichsten Größen und Sorten stehen auf dem Gelände, gepflegt und gesund anmutend. Günter Poppe lässt es sich, trotz oder wegen seiner 77 Jahre, nicht nehmen, selbst in Gummistiefeln über das wohlriechende Gelände zu stapfen, hier und da noch einen Ast abzuknapsen, der das Bild stört.
Denn dass sie voll im Wuchs und gerade gen Himmel gewachsen sind, ist kein Zufall. Günter Poppe zeigt das Instrumentarium, mit dem die Pflanzen ganzjährig gepflegt werden. Eine Gartenschere befindet sich in seinem Korb sowie Bambusstöcke und eine exotisch aussehende Kneifzange.
Der Bambus dient zur Begradigung und Verstärkung der obersten Triebe. Denn Vögel, die hier und da mal auf den jungen Bäumen Pause machen, verändern das Bild des geraden Stammes sonst dauerhaft. Besonders einer ist gefürchtet: "Die Amsel ist ein arger Feind!", lässt Poppe wissen.
Und die exotische Kneifzange? Sie hilft dabei, dass der spätere Weihnachtsbaum überall dicht bewachsen ist. "Die Bäume schießen normalerweise schnell in die Höhe und sehen dann hier und da etwas kahl aus. Das verhindern wir, indem wir die Pflanzen mit dieser Zange einritzen und so den Saftfluss unterbrechen", so Poppe.
Der perfekte Weihnachtsbaum - eine Wissenschaft für sich. Und eine, in der auch Pflanzenschutzmittel gegen den Befall der Wurzeln eingesetzt werden. "Zugelassene Mittel, die uns vom Erzeugerverband empfohlen werden", wie Poppe betont.
Noch etwa zwei Wochen bleibt Poppe und seinen derzeit vier Mitarbeitern Zeit, die Plantage vorzubereiten. Am Freitag, 9. Dezember, beginnt auf dem Gelände in Ruschwedel die Saison. "Wer schon vorher kommt, kriegt aber auch einen Baum", sagt Poppe noch.
Und zwar hat er dabei die Wahl zwischen drei Grundtypen: Die klassische, dunkelgrüne Nordmanntanne wächst auf dem Gelände, aber auch die Nobilistanne und die Blaufichte. Die Wahl fällt dabei zumeist auf die erstere Variante: "Die Nordmanntanne ist einfach der ideale Weihnachtsbaum. Er hält lange und hat eine schöne, dunkle Farbe!", sagt Poppe. Manch einer würde aber auch zur Nobilistanne greifen, wegen ihres schönen Geruchs - oder eben zur Blaufichte, der Farbe wegen. Und so macht es Familie Poppe auch selbst.
Schließlich die Größe. Poppe hat viele Varianten vorrätig, bis zu 13 Metern Höhe. Und auch solche Exemplare werden abgenommen, etwa von Gemeinden, die sie auf ihren Dorfplatz stellen, oder von Kirchen, die den Baum in die Gotteshäuser holen.
Letztlich sind es aber hauptsächlich Familien, die in Ruschwedel ihr Festtags-Glück suchen. Und diese Suche gestaltet sich längst nicht immer einfach, wie Poppe aus Erfahrung erzählt. "Manche suchen drei Stunden lang. Und manchmal streiten die Ehepaare auch. Dann müssen wir mit etwas Punsch schlichten."
Glücklicherweise steht der immer bereit, wenn es auf der Tannenfarm hoch her geht. Denn Günter Poppe bietet ein Rahmenprogramm, das zum Bleiben anregen soll - etwa in dem Verzehrzelt, in dem es neben Punsch auch Bratwürste gibt. Weiterhin wird in einem hölzernen Tipi ein Lagerfeuer entfacht, Kinder können sich auf den Besuch des Weihnachtsmanns und einer Wald-Hexe freuen. Und dann ist da natürlich noch Horst, das Alpaka. Gemeinsam mit anderen Bewohnern aus Poppes Garten, wie den Ziegen und den Eseln, wird es mit von der Partie sein.