Die Band “Platt im Kopp“ aus Hechthausen macht niederdeutschen Rock. Sonnabend spielen sie beim Wettbewerb “Plattsounds“ um 1000 Euro.
Hechthausen. Auf den ersten Blick wirkt alles ganz normal. An der Wand hängen Poster von Bands wie Airbourne und Irie Révoltés, in der Ecke steht ein Schlagzeug, drum herum etliche Gitarren. Ein bisschen unordentlich ist es. Kreatives Chaos, quasi. Ganz so, wie es im Proberaum einer jungen Band eben sein muss. Auch in Hechthausen. Doch wenn Sänger Yannick Mense, Gitarrist Niklas Rohde, Bassist Matthias König und Schlagzeuger Niklas Läsche erstmal anfangen zu spielen, schlackern einem die Ohren.
"Oh nee, oh nee, oh nee, goh mi af mit AKaWe, in Brokdörp un Brunsbüttel, in Esenshamm un Krümmel, dor dröff de Welt nich beven, hier kann sonst nüms mehr leven, för ewig lange Tiet" singt Yannick Mense, 19 Jahre alt, leicht krächzend ins Mikrofon. Tatsächlich, die Band mit dem verräterischen Namen "Platt im Kopp" singt Plattdeutsch. "Goh mi af mit AKaWe" heißt der Song, den sie soeben in ihrem Proberaum zum Besten gegeben haben. Mit diesem Anti-AKW-Blues werden "Platt im Kopp" am kommenden Sonnabend in Oldenburg bei "Plattsounds", dem ersten Deutschen Bandcontest auf Plattdeutsch, antreten.
Getragen wird der Wettbewerb von den beteiligten Landschaften und Landschaftsverbänden in Niedersachsen sowie dem Institut für Niederdeutsche Sprache in Bremen. Er ist Teil des Gemeinschaftsprojekts "Platt is cool" und soll junge Musiker zum Gebrauch des Niederdeutschen in ihrer Musik motivieren. Die Idee dazu stammt von Thorsten Börnsen, der sonst als freiberuflicher Journalist und Museumspädagoge arbeitet und der das Projekt landesweit koordiniert. "Ich bin selbst mit Plattdeutsch aufgewachsen und habe Plattdeutsch auch in Hamburg studiert", sagt er. "Für mich ist das eine Herzensangelegenheit." Als er 2009 das europäische Festival für Minderheitensprachen im niederländischen Leuwarden besuchte, kam er schließlich zu dem Schluss, dass es für das Plattdeutsche hierzulande unbedingt einen solchen Bandcontest geben müsste. "Mit Hilfe von Cornelia Nath von der Ostfriesischen Landschaft entwickelte ich ein entsprechendes Konzept und fand die Unterstützung der niedersächsischen Landschaftsverbände", sagt er.
Stolze 18 Bands haben sich bei der ersten "Plattsounds"-Ausgabe dieses Jahr beworben, alle zwischen 15 und 30 Jahre alt. Zehn von ihnen wurden von einer Jury vorab ausgewählt. Sie dürfen am Samstag in Oldenburg gegeneinander antreten und um ein Preisgeld von 1000 Euro kämpfen. "Platt im Kopp" ist eine von diesen zehn Bands.
Wobei die vier Jungs aus Hechthausen sich eigentlich "Axid Rain" nennen und seit vier Jahren gemeinsam Hard-Rock spielen, der an AC/DC und Guns N'Roses erinnert. "Eines Tages kam unser Lehrer auf uns zu, erzählte uns von 'Plattsounds' und fragte, ob wir nicht Lust hätten, zusammen mit ihm da mitzumachen", erinnert sich Matthias König. Gesagt, getan. Lehrer Hans-Hinrich Kahrs schrieb den Text für "Goh mi af mit AKaWe", die Musik stammt von den Jungs selbst. Dieser erste Ausflug in die Welt des Plattdeutschen brachte sie auf den Geschmack. Mittlerweile haben die vier als "Platt im Kopp" schon einige Konzerte bestritten, bei dem sie plattdeutsche Übersetzungen ihrer englischen "Axid-Rain"-Lieder vorgetragen haben. "Die Leute finden das cool, weil es etwas ganz anderes ist", so Mense.
Nicht nur sein Opa habe sich gefreut, als Mense ihm die Stücke einmal vorgespielt hat, sondern auch junge Leute würden die plattdeutschen Stücke toll finden. Plattdeutsch klingt aber auch einfach cool, da sind sich die vier Mitglieder von "Platt im Kopp" einig. Genauso, wie Bands wie Torfrock einfach cool sind. "Wir verbinden mit Plattdeutsch auch etwas Heimatliches" so König. "Das trägt zur Identität bei. In Norddeutschland haben wir es ja nicht so mit Traditionen wie die Bayern. Aber Plattdeutsch für mich typisch Norddeutsch."
Übrigens scheint Plattdeutsch besonders bei jungen Musikern aus dem Elbe-Weser-Raum gut anzukommen. Das ist Thorsten Börnsen durch seine Arbeit an "Plattsounds" aufgefallen. "Mit 'Knallkööm' aus Hemmoor, 'IFonly' aus Stade, 'Tachelez' aus Otterndorf und 'Platt im Kopp' haben sich gleich vier Bands aus dieser Gegend beworben", sagt er. "Aus dem Emsland hingegen, das ja eigentlich eine Plattdeutsche Hochburg ist, kommt nur eine Band. In Stade und Buxtehude ist in dem Bereich tatsächlich ganz schön viel Bewegung, auch das Jugendzentrum in Buxtehude war unserem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen. Da gibt es eine Menge gute Ansätze und ich hoffe, dass 2012 noch mehr passiert." Im kommenden Jahr soll "Plattsounds" nämlich in die zweite Runde gehen.
"Man konnte sich glaube ich lange nicht vorstellen, so viele junge Leute für diese antiquierte Sprache zu gewinnen", so Börnsen. "Doch dass eine coole Rockband wie 'Axid Rain' auf platt singt, und dann auch noch zu einem politischen Thema, das beweist, dass die Sprache noch vital genug ist, um auch moderne Konflikte zu beschreiben."
Deswegen ist für Yannick Mense, Niklas Rohde, Matthias König und Niklas Läsche klar, dass es mit ihrem Nebenprojekt "Platt im Kopp" auch nach "Plattsounds" weitergehen soll. Egal, ob sie gewinnen oder nicht. "Mit 'Platt im Kopp' zu spielen macht einfach Spaß", so Mense. "Nach unserem Plattdeutschen Konzert in Stade wollten sogar Leute mit uns Fotos machen! So etwas haben wir noch nie erlebt."
Hörproben von allen Bands: www.plattsounds.de