Jetzt will sich auch Niedersachsens SPD-Chef Olaf Lies für das Stader Projekt einsetzen. Doch die Zeit läuft für das Bauprojekt ab.

Stade. Die Stadt Stade lässt nicht locker im Streit um den Bau eines neuen Industriegleises und mobilisiert alle vorhandenen Kräfte, um eine neue Bahntrasse entlang der zukünftigen Autobahn 26 zu bauen. Der SPD-Landesvorsitzende Olaf Lies kündigte in einem Gespräch mit der Stader SPD-Spitze an, dass er sich dafür einsetzen werde, dass das Thema im Verkehrsausschuss des niedersächsischen Landtags erneut auf den Tisch kommt.

Sowohl die CDU/FDP-Regierung als auch die Bahn lehnen das Projekt ab

"Es kann nicht angehen, dass hier eine Riesenchance vertan wird. Stade ist ein wichtiger Industriestandort, der Ausbau der Bahnstrecke ist, gepaart mit dem Ausbau des Bützflether Hafens, eine Aufgabe von nationaler Bedeutung", sagt der SPD-Landesvorsitzende. Dass eine erneute Beratung des Themas im Ausschuss allerdings etwas an der ablehnenden Haltung der CDU/FDP-Landesregierung und der Deutschen Bahn ändern wird, ist unwahrscheinlich.

Das werden wohl auch die Grünen akzeptieren müssen, die große Hoffnungen auf Valerie Wilms, die neue bahnpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, setzen. Heute laden die Stader Grünen zum Thema "Erweiterung und Verkehrsanbindung des Seehafens Stade - Umlegungsplanung für das Industriegleis Stade-Bützfleth" ab 19.30 Uhr in das Stader Rathaus ein. Anwesend werden auch Vertreter der Bürgerinitiative Pro Industriegleis sein, sowie die Grünen-Landtagsabgeordnete Elke Twesten.

Allgemein begrüßt wird die einstimmige Entscheidung des Stader Rates, die Planungen für den Bau des Industriegleises entlang der A 26 Trasse voranzutreiben. Für den Auftrag des Infrastrukturprojektes hat die Stadt 600 000 Euro im Haushalt bereitgestellt. SPD-Chef Olaf Lies hatte diesen Vorstoß ebenfalls begrüßt. "Es ist sinnvoll, diese Planungen weiter zu verfolgen, denn das Zeitfenster für die Planung eines solchen Infrastrukturprojektes wird immer enger", so Lies. Mit dem immer näher rückenden Weiterbau der A 26 in Richtung Drochtersen drohe, dass die A26-Planungen abgeschlossen sein könnten, bevor eine endgültig Entscheidung hinsichtlich der Bahnanbindung vorhanden ist. "Wenn die Pläne für die A 26-Trasse festgezurrt sind aber noch keine Pläne für eine neue Bahntrasse vorliegen, dann ist die Chance für den zeitnahen und kostengünstigen Bau eines neuen Bahngleises vertan", sagt Lies. Es würde richtig teuer und kompliziert, wenn nicht gar unmöglich werden, nachträglich noch etwas zu ändern.

SPD-Chef Lies, die Stader Ratsparteien und auch die Bürgerinitiative Pro-Industriegleis sehen die Stadt unter hohem Planungsdruck und in Zugzwang. Stades SPD-Vorsitzender Rolf Bredendiek erklärte, dass ein Festhalten am alten Industriegleis, das quer durch die Innenstadt und am dicht besiedelten Campe vorbeiführt, wenig sinnvoll sei. Zum einen steige mit dem Ausbau des Seehafens bei Bützfleth der Industrieverkehr an und damit die Lärmbelästigung für Anwohner, zum anderen stehe die alte Bahntrasse den städtebaulichen Zielen der Hansestadt entgegen. Die Stadt will künftig das Bahnhofsumfeld aufwerten und die Anbindung des Altländer Viertels an die Innenstadt verbessern. Das alte Bahngleis steht nach Ansicht mehrerer Ratsmitglieder diesem Ziel im Wege.

BI-Sprecher Henning Hoins sieht auch aus Sicherheitsgründen gute Argumente für den Bau des Industriegleises. Doch vor allem unter wirtschaftlichen Gesichtpunkten müsse das neue Gleis nach Stade gebaut werden. Der Hamburger Logistiker Buss hat jüngst vom Gewerbeaufsichtsamt in Lüneburg die Freigabe für den Ausbau des Hafens erhalten, es wird erwartet, dass sich neben Buss noch weitere Unternehmen im Hafenumfeld ansiedeln werden. Für diese müsse auf jeden Fall eine ausreichende Bahninfrastruktur vorhanden sein.

Das Land Niedersachsen sieht das nicht so. Im Wirtschaftsministerium können die Stader Wünsche zwar nachvollzogen werden, Handlungsbedarf sieht das Land aber nicht. Die Trasse sei nach Aussage des Wirtschaftsministeriums auch für die Zukunft ausreichend tragfähig. Zudem hat das Land ganz andere Prioritäten für sich gesetzt. Es will die Verkehrsknotenpunkte in Maschen und Bremen entlasten. Da vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium als auch vom Bundesverkehrsministerium ein weiterer Anstieg des Güterverkehrs auf der Schiene erwartet wird, planen Bund und Land, alternative Bahnstrecken offenzuhalten, die eine Querverbindung zwischen den norddeutschen Häfen bieten.

Hannover will vor allem eine Querverbindung der Häfen

Vom Land wurde hierfür die Strecke von Bremerhaven über Bremervörde nach Stade auserkoren. Eine Verlegung des Industriegleises in Stade würde den Plänen des Landes diametral entgegenstehen, da das Land dann seine Trassenplanungen im Stader Raum von vorne beginnen müsste. Die Querverbindung der niedersächsischen Häfen ist in Hannover wichtiger, als die Wünsche Stades nach einer moderneren, kostspieligen und aus Landessicht fragwürdigen Bahnanbindung nach Hamburg. Zudem würde das etwa 14 bis 20 Millionen Euro teure Projekt weder den Knotenpunkt Maschen, noch Bremen entlasten. In Zeiten knapper Kassen bedeutet dies, dass Stade auf eigene Faust sein Luxusprojekt finanzieren oder aber seine Pläne begraben muss. Ein Umdenken im Wirtschaftsministerium ist zumindest bis zur nächsten Landtagswahl nicht zu erwarten.