André Weselohs Casting-Agentur vermittelt Hunde, Vögel und Schweine für Filme, TV-Shows und Werbespots

Stade/Buxtehude. Yogi, der Präriehund, flitzt unters Sofa. Kakadu Sammy schmust mit seiner Trainerin Anne. Die Stachelschweine Sonnic und Svenja im Winterquartier sind in Flirtstimmung, und der kapitale Burgunder-Rammler Little Joe hat es sich in der unteren Etage des Bücherregals bequem gemacht. Das Chamäleon Homer behält von einer stabilen Zimmerpflanze aus alles im Blick.

All diese Tiere gehören zur kuriosen Menagerie, die André Weseloh und seine Mitarbeiter Johannes Lau aus Buxtehude und Anne Schumann aus Stade fit machen für Film- und Fotoaufnahmen. Ob Gecko, Skunk, Vogelspinne oder Pfau, was immer in den Studios gebraucht wird, kreucht und fleucht auf Weselohs Anwesen in Neu Wulmstorf. Dort betreibt der gelernte Gärtner eine Tier-Casting-Agentur für mehrere Auftraggeber oder große Ausstellungen wie etwa die Messe "Hanse-Tier" in Hamburg. "Aber nicht nur unsere Tiere kommen zum Einsatz", sagt Weseloh. "Haben Leute ein Tier, das besondere Kunststücke kann, und ein Filmteam sucht gerade etwas Spezielles, dann ist der Weg vor die Kamera schnell beschritten."

So habe er kürzlich ein Minischwein aus Buxtehude in seine Casting-Kartei aufgenommen, das sich auf Kommando rollt oder tot stellt, so Weseloh. Auch der Bordercollie, der sich auf Bestellung "schämt" und noch anderes in petto habe, sei in der Kartei der angehenden Tierstars. Kürzlich hat Weseloh das von einem Landwirt geliehene Ferkel Renate auf ein Fotoshooting für eine große Zeitschrift vorbereitet. "Oft gehen wir auch gezielt auf Suche, weil die Filmemacher konkrete Wünsche haben", beschreibt Weseloh seine Arbeit. "So brauchten wir für die ZDF-Krimiserie 'Stubbe - von Fall zu Fall' zwei Halsbandsittiche, die im Hamburger Stadtpark freifliegend gefilmt wurden." Für Andres Veiels Kinofilm "Wer, wenn nicht wir" habe er eine Szene mit einer Katze und Jungvögeln im Nest arrangiert, so Weseloh. Das RAF-Drama soll bei der Berlinale im Februar Premiere haben. Ehe solche Nummern perfekt klappen und alle Tierstars auch wieder wohlbehalten die Heimfahrt antreten können, ist viel Arbeit nötig.

"Mit Training und Tricks nutzen wir die natürlichen Instinkte der Tiere", sagt Johannes Lau, der neben seinem Studium der Politikwissenschaften als Tiertrainer jobbt. Er ist die Bezugsperson der beiden Stachelschweine und stolz darauf, dass sie handzahm sind. "Normalerweise gelten die robusten Nager, die nichts mit Schweinen zu tun haben, als sehr wehrhaft und angriffslustig." Hystrix cristata, wie die ursprünglich aus Nordafrika stammenden Wesen wissenschaftlich heißen, können bis zu 15 Jahre alt und 24 Kilogramm schwer werden. Die schwarz-weißen Stacheln werden bis zu 40 Zentimeter lang und sind perfekte Waffen gegen Angreifer. Ausgewachsene Männchen bringen es auf eine Körperhöhe von bis zu 90 Zentimetern und können im Kampf ihre Feinde mit den scharfen Stacheln heftig verletzen. Ob und wo sie zum Einsatz kommen, ist noch nicht geplant. Erstmal erlernen sie jetzt das Model-ABC.

Und dabei müssen die Trainer einfallsreich in die Trickkiste greifen. Weseloh: "Da stand ich neulich wie ein Hornochse im Studio und habe die Geräusche eines Pfaus nachgemacht, bis der Pfauenhahn endlich ein ordentliches Rad zeigte. Das brauchten wir für Werbeaufnahmen eines amerikanischen Zigarettenkonzerns."

Unterm Sofa kommt derweil der possierliche Yogi hervor und zupft an Weselohs Hosenbein. "Mit Yogi, dem Chef der Präriehundmeute, haben wir gerade einen Werbespot für Schweizer Schokolade abgedreht. Locken musste ich ihn allerdings mit Joghurt, weil er ganz wild darauf ist und davon auch seinen Namen hat", sagt Weseloh, der seit etwa fünf Jahren seine Tier- und Eventagentur betreibt.

Eines der Erfolgsgeheimnisse von Weseloh und seinem Team ist die intensive Nähe zu seinen tierischen Akteuren. "Sie gehören einfach wie Familienmitglieder dazu, haben ein Höchstmaß an Bewegungsfreiheit und Kontakt zu uns", sagt Anne Schumann. Die gelernte Bauzeichnerin ist die beste Freundin des Weißhaubenkakadus Sammy. Das Jungtier arbeitet gerade daran, auf seinem Rücken in den Armen von André Weseloh zu schlafen. Flugübungen klappen bereits reibungslos auf Kommando, und wenn Anne lieb bittet, stellt der zutrauliche Vogel auch seine Kopfhaube zur Schau. Allein mit Bitten geht es natürlich nicht. "So muss man genau wissen, worauf zum Beispiel Schmetterlinge sprichwörtlich fliegen, wenn sie sich bei Filmaufnahmen auf der Wange eines Models niederlassen sollen", sagt der Agenturchef.

"Der Spiegeltrick ist zum Beispiel sehr probat, um eine Kragenechse zum Aufstellen ihres Kragens zu bringen. Man muss die natürlichen Instinkte der Tiere kennen und nutzen, Geräusche, Geschmack, Vorlieben, optische Reize und zwar so, dass die Tiere freiwillig in Aktion gehen."

In der kommenden Woche steht ein Werbespot für Mercedes auf dem Drehplan. "Dabei geht es um die Abwehr von Mardern. Wir müssen uns nun etwas Passendes mit dem kleinen Raubtier einfallen lassen", sagt Johannes Lau. Das sei freilich etwas ganz anderes, als die schwarz-weiße Kettennatter Stracciatella für erotische Aktaufnahmen mit kaum bekleideten Fotomodellen zu stimulieren. Little Joe, der Burgunder-Rammler mit dem stattlichen Gewicht von neun Kilogramm, trainiert gerade einen Hindernislauf und andere Kunststückchen für die "Hanse-Tier", die vom 25. bis 27. März in Hamburg stattfindet, denn dort ist die Casting-Agentur auch mit einigen ihrer Film-Stars beteiligt.

Wer ein Haustier hat, das mit speziellen Begabungen ins Filmgeschäft einsteigen könnte, kann sich bei André Weseloh melden und sich für den Fall des Falles in der Kartei aufnehmen lassen. Per Anruf unter Telefon 040/70 38 28 84 gibt es alle Informationen. Wer sich mit Bild bewerben möchte, kann auch eine E-Mail senden.

andre-weseloh@web.de