Das neue Dow-Kohlekraftwerk soll im Jahr 2018 in Betrieb gehen. Gemeinde und Verbände erhalten jetzt Unterlagen für Bebauungsplan.
Stade. Die Pläne für das Dow-Kohlekraftwerk werden immer konkreter. Um dem Chemieunternehmen Planungssicherheit geben zu können, ändert die Hansestadt Stade den Bebauungsplan. Die Planunterlagen werden jetzt an Nachbargemeinden, darunter auch einige in Schleswig-Holstein, Institutionen und Verbände geschickt. Sie können bis zum 23. Juli ihre Anregungen und Stellungnahmen abgeben. "Dies ist für Stade ein extrem wichtiges Projekt", sagt Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms. "Die Kunst wird sein, die Anregungen abzuwägen und zu gewichten."
Schon im Frühjahr 2010 hatte der Rat der Stadt beschlossen, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Werksgelände, hier soll das Kraftwerk gebaut werden, aufzustellen. "Das ganze Verfahren passiert also in enger Kooperation zwischen uns und der Dow", sagt Schröder-Doms. Nach der frühzeitigen Beteiligungsphase wird es eine öffentliche Auslegung geben. Dann können sich auch Bürger zu den Planungsunterlagen schriftlich äußern.
Die Planer rechnen damit, dass der Bebauungsplan, zu dem etwa 40 Gutachten gehören, im ersten Halbjahr 2013 abgeschlossen sein wird. Im Anschluss wird die Dow die nötigen Anträge für den Bau der 850-Megawatt-Anlage stellen. Rolf Nettersheim von der Dow rechnet damit, dass das Genehmigungsverfahren dann noch einmal neun Monate dauern wird. Wenn alles gut laufe, so Nettersheim, könne das Kraftwerk im Jahr 2018 zum ersten Mal hochgefahren werden. Den ursprünglichen Plan, schon 2016 ans Netz zu gehen, hat die Dow aufgegeben.
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Die Anlage, mit ihr will die Dow in Bützfleth in erster Linie den eigenen Energiebedarf decken, soll eines der modernsten Kohlekraftwerke werden. Das Chemieunternehmen hat einen Durchschnittsbedarf von etwa 600 Megawatt. Der übrige Strom könnte ins Netz eines künftigen Partners gespeist werden. "Die Gespräche mit möglichen Partnern aus der Energiebranche laufen. Je konkreter die planerischen Voraussetzungen und das Genehmigungsverfahren sind, umso interessanter wird das Projekt für mögliche Partner und Investoren", sagt Nettersheim.
Derzeit basieren die Pläne auf Umweltgutachten, die besagen, dass die Entnahme von Wasser aus der Elbe, die Erhitzung im Kraftwerk und das anschließende Einleiten des wärmeren Wassers keine Auswirkungen auf das Biotop Tideelbe haben würde.
Das entnommene Elbwasser würde mit einer Temperatur von höchstens 30 Grad zurück in den Fluss geleitet. Damit würde sich die Temperatur der Elbe mit ihren üblichen Schwankungen um höchstens 0,3 Grad erhöhen, so Dow-Projektingenieur Andreas Brinkmann. Stadtbaurat Schröder-Doms geht anhand der Umweltgutachten davon aus, dass der Bau eines Kühlturms überflüssig ist. Man wolle sich aber diese Option in der Hinterhand behalten.
"Wenn sich bei der Bewertung der Einwendungen durch die Verbände herausstellen sollte, dass dies nicht ausreicht, dann müssten wir mit einem Kühlturm nachbessern", sagt Nils Jacobs, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung bei der Stadt. Das würde die dauerhafte Entnahme von Elbwasser überflüssig machen, das Kohlekraftwerk hätte damit einen eigenen Wasserkreislauf. Die Energie soll zu etwa 80 Prozent aus Kohle entstehen und zu 20 Prozent aus Wasserstoff und Holzpellets. Nettersheim: "Solche modernen Anlagen haben nichts mehr mit den alten Kohlekraftwerken zu tun, die derzeit noch in Betrieb sind."
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Ein Hauptteil des Bebauungsplanverfahrens besteht aus der Umweltprüfung. Es wurden Gutachten erstellt, wie groß die Einflüsse des Kohlekraftwerks auf den Lebensraum und die Schutzbereiche der Elbe sind. Geprüft wurde auch der Immissionsschutz in den Bereichen Luftschadstoffe, Staub und Schall, der Schiffstransport der Kohle, die im Stader Seehafen gelöscht werden soll, die Anbindung an Straße und Schiene und die Auswirkungen auf das Landschaftsbild.
Da das Kraftwerk auf dem Dow-Werksgelände gebaut werden soll, gehen die Planer davon aus, dass die Auswirkungen auf das Landschaftsbild gering sind. Untersucht wurden in Fachgutachten auch mögliche Ausgleichsmaßnahmen im Natur- und Artenschutz. Schröder-Doms: "Die Gutachten geben durch die Bank die Machbarkeit dieses Projekt wieder."
Der Wirkungsgrad des geplanten Industriekraftwerks liegt laut den Planern bei 60 Prozent. Dies werde von alten Anlagen beileibe nicht erreicht. Mit dem Bau von zwei gasbetriebenen Dampferzeugern und des derzeit im Bau befindlichen Gaskraftwerks stelle das geplante Kohlekraftwerk die dritte Ausbaustufe einer nachhaltigen Energieversorgung dar, sagt Schröder-Doms
Die Grünen im Landkreis Stade haben allerdings bereits ihren Protest gegen das neue Kohlekraftwerk angekündigt. Kohlekraft als Energielieferant sei angesichts der eingeleiteten Energiewende nicht mehr tragbar.