Singpaten musizieren im Wilhelmsburger Bonifatius-Kindergarten - ein Beitrag zur Sprachförderung
Die Popo-Textstelle ist der Favorit der Kinder. "Was machen wir mit den müden Kindern?", singen sie und klatschen brav in die Hände. Doch als die Singpaten "Popowackeln, zweimal nicken, Nasen oder Ohren zwicken..." anstimmen, ist es jedes Mal um sie geschehen. Sie brechen in lautes Gelächter aus und schwingen ihr Gesäß ausschweifend von links nach rechts.
Keine Frage, solche Bewegungslieder kommen gut an bei den Kleinen. Jeden Dienstag kommen die "Sing-Omis", wie die Kleinen sie nennen, zu den 23 Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren in die Kindertagesstätte St. Bonifatius in Wilhelmsburg. Insgesamt 45 Minuten lang singen sie gemeinsam mit den Kindern und der zuständigen Erzieherin Valentina Wachtel, 55, Klassiker wie "A, a, a, der Winter, der ist da", "Dornröschen war ein schönes Kind" oder "Ein Schornsteinfeger ging spazier'n". Hin und wieder greifen die Kleinen auch mal zu Klanghölzern, Rasseln und Triangeln, um den Gesang rhythmisch zu begleiten.
Gisela Hermasch, 70, aus Wilhelmsburg, Karin Vater, 70, aus Seevetal, Karin Alberts, 72, und Gabriele Kurz, 66, beide aus Harburg, sind alle aus ähnlichen Gründen Singpaten geworden: Nachdem sie ihren Berufsalltag hinter sich gelassen hatten, suchten sie nach Ausgleich und Zerstreuung. "Es macht so viel Spaß, den Kindern die Lieder beizubringen, die wir früher auch gesungen haben", sagt Gisela Hermasch.
Und so ganz nebenbei schulen die Sprösslinge ihre Sprache. Die Leiterin des Kindergartens hat zumindest einen großen Unterschied zwischen den Sprachkenntnissen der Gruppe, zu der die "Sing-Omis" regelmäßig kommen, und der Gruppe, die ohne Sing-Paten auskommen muss, ausgemacht. "Man merkt schon, dass die Kinder durch das Singen mit den Paten sprachlich Fortschritte gemacht haben", sagt die Leiterin Erina Wilberger, 57.
Kein Wunder. Der Gesang und dazu das rhythmische Klatschen, das Trommeln und Rasseln sprechen ganz andere Sinne an, als wenn die Kinder lediglich einen Text aufsagen. Zudem verkleiden sich die Kinder. Mal sind sie eine böse Fee, mal Schornsteinfeger und mal Königssohn. Solche Bilder bleiben im Kinderhirn haften.
"Canto elementar" ist es zu verdanken, dass es die Singpaten an der Kita gibt. Nachdem erkannt wurde, dass das Singen aus dem Alltag zu verschwinden drohte, wurde "Canto elementar" - das Generationen verbindende Singprogramm für Kindergärten - 2007 in Hamburg eingeführt. Erklärtes Ziel ist, die Singkultur in Kindergärten zu stärken und Kinder und Erzieher für das Singen zu begeistern. "Früher wurde beim Abwaschen und im Auto gesungen. Heute läuft das Radio", sagt Cantotrainerin Regine Steffens, 55. Inzwischen beteiligen sich in Hamburg 64 Kitas an dem Programm. "Wir haben das Ruder vielleicht gerade wieder herumgerissen", sagt Regine Steffens.