Listen wird heute an Bürgermeister Rieckhof übergeben. Bürgerinitiativen und Umweltverbände fordern, das Thema bei einer öffentlichen Anhörung im Stader Rat zu diskutieren.
Stade. Wenn der Stader Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltfragen heute von 16 Uhr an im Rathaus über die geplanten Kohlekraftwerke von Dow und E.on berät, dann liegen bereits mehr als 3000 Unterschriften gegen diese Vorhaben vor.
Die BUND-Kreisgruppe, der Kreisverband des Naturschutzbundes (Nabu) und die Bürgerinitiativen gegen Kohlekraft aus Bützfleth und Stade/Altes Land wollen die Unterschriftenlisten gegen 9 Uhr an Bürgermeister Andreas Rieckhof übergeben. Darüber hinaus fordern sie eine "intensive öffentliche Diskussion" und eine Anhörung direkt im Stader Rat.
Die Umweltverbände und die Bürgerinitiativen wollen erreichen, dass der Rat der Stadt auch Vertreter des Natur- und Umweltschutzes und unabhängige Energieexperten anhört, bevor ein Grundsatzbeschluss gefasst wird. Vorgesehen ist dagegen zunächst die Behandlung im Fach- und im Verwaltungsausschuss und erst zu einem späteren Zeitpunkt im Stader Rat.
Bürgermeister Rieckhof hält davon nichts. Die Kritik sei Teil einer Kampagne gegen die geplanten Kohlekraftwerke: "Wir gehen strikt nach Recht und Gesetz vor, so wie bei jedem anderen Bebauungsplan auch." Dadurch würden keinerlei Beteiligungsrechte beschnitten.
Dieter-Theodor Bohlmann (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltfragen, begrüßt das Prozedere. Schließlich werde mit den Aufstellungsbeschlüssen zunächst lediglich die Verwaltung beauftragt, Bebauungspläne zu entwickeln. Über inhaltliche Details wird zu diesem Zeitpunkt nicht diskutiert. Auch die Vertreter der öffentlichen Belange und die Bevölkerung würden an der Entscheidungsfindung beteiligt. Bohlmann: "Wir wollen ein geordnetes Verfahren haben." Dies sei wichtig, da E.on auf dem Gelände des 2003 abgeschalteten Kernkraftwerks Bestandsschutz genieße und "jederzeit wieder" ein Kraftwerk im Stader Ortsteil Bassenfleth bauen könne. Ein B-Plan biete der Stadt die Gelegenheit, Einfluss auf die Planung zu nehmen.
Das Energieunternehmen E.on beabsichtigt, nördlich des abgeschalteten Atomkraftwerks und als Ersatz für dieses in Bassenfleth ein 1200-Megawatt-Kohlekraftwerk zu bauen. Für das Bützflether Dow-Werk soll das Kohlekraftwerk auf dem eigenen Grundstück Teil einer künftigen "integrierten Energieversorgung" sein, so Pressesprecher Joachim Sellner. Dow will nicht nur den benötigten Strom selbst erzeugen, sondern nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung auch den dabei entstehenden Dampf für chemische Prozesse nutzen. Dadurch sei der Wirkungsgrad der geplanten Anlage wesentlich höher als bei herkömmlichen Kraftwerken.
Dow sei nach der Deutschen Bahn der zweitgrößte Energiekunde in Deutschland und als solcher unbedingt auf eine "gesicherte und wettbewerbsfähige Versorgung" angewiesen. Das Kohlekraftwerk soll gut 1000 Megawatt Leistung erbringen, davon benötigt Dow 600 Megawatt selbst, der Rest soll ins öffentliche Netz eingespeist werden. Neben der Kohle will Dow auch Erdgas und Wasserstoff zur Energiegewinnung nutzen. Dafür wird das bereits auf dem Werksgelände vorhandene Gaskraftwerk noch in diesem Jahr durch einen Neubau ersetzt - die Genehmigungen dafür liegen vor, der Baubeginn ist für Juni geplant. Als dritte Energiequelle soll auch der Wasserstoff genutzt werden, der im Werk sowieso als Nebenprodukt bei der Chlorherstellung abfällt - dies sei eine CO2-freie Verbrennung, so Sellner.
Bereits vom Tisch ist inzwischen das dritte ursprünglich in Stade geplante Kohlekraftwerk. Das Energieunternehmen GDF Suez, vormals Electrabel, hatte im Februar den Verzicht auf das Projekt erklärt. Schallschutzvorgaben für das geplante 800-Megawatt-Kohlekraftwerk und wasserrechtliche Auflagen hatten zum Aus für das Vorhaben geführt, gegen das sich die Anwohner in Bützfleth und Abbenfleth und auch viele Politiker ausgesprochen hatten.