Zum Gedenken an die Opfer des Faschismus wird am Mittwoch in Buxtehude eine Dokumentation gezeigt.
Buxtehude/ Horneburg. Aussichtslosigkeit. Und wie es sich anfühlt, wenn man nicht weiß, dass es 1945 vorbei ist. Diese Stimmung wollen die Schauspielerin Angelika Achinger und der Kameramann Christian Giradet in ihrem 37-minütigen Film "Wege nach Horneburg - zum Beispiel ", der von dem ehemaligen Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme handelt, vermitteln. Erstmals zeigen Achinger und Giradet ihre Dokumentation zusammen mit einer szenischen Lesung der Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger am internationalen Holocaust-Gedenktag im Buxtehuder "Kulturforum am Hafen".
"Die Lesung und der Film ergänzen sich", sagt Achinger. Denn bereits im Film werden in einigen Szenen Gedichtsfragmente von Meerbaum-Eisinger vorgelesen. Die junge Jüdin starb im Alter von 18 Jahren in dem ukrainischen Arbeitslager Michailowka. Ihre poetischen Texte richtete sie an ihren Freund.
Die Verbindung zwischen Meerbaum-Eisinger zu dem Horneburger Arbeitslager sei deutlich, sagt Achinger. In Horneburg arbeiteten ausschließlich junge Mädchen in einer Röhrenfabrik. Schufteten unter der Beobachtung und Gängelung der SS-Offiziere - vor den Augen der Horneburger. Zweimal am Tag seien sie morgens von ihrer Baracke aus zur Fabrik und abends von der Fabrik zur Baracke durch das Dorf getrieben worden, sagt Achinger.
Es geht um die Schicksale der jungen Frauen, die trotz aller Entfernung so ähnlich sind. Deswegen wollte Achinger auch für die nachgestellten Szenen mit jungen Mädchen zusammenarbeiten. 14 Horneburger Realschülerinnen und Schüler schlüpften in die Rollen der Zwangsarbeiterinnen. Zu sehen sind lediglich ihre arbeitenden Hände, laufenden Füße und regungslose Gesichter. Gedreht wurde am Originalschauplatz, der mittlerweile abgerissenen Fabrikhalle, im Horneburger Schulzentrum sowie in einem mit Kunstschnee verschneiten Zelt bei Hammah. Zu Wort kommen der Zeitzeuge Otto Duwe von der Arbeitsgemeinschaft "Gegen das Vergessen" und drei Überlebende des Außenlagers, die Giradet und Achinger in Israel ausfindig machen konnten.
"Es lag mir sehr am Herzen, bei dem Projekt mitzuarbeiten", sagt Otto Duwe. Sein schlechtes Gewissen habe ihn motiviert. "Ich war im Jahr 1945 gerade 16 Jahre alt, habe wie alle Horneburger gesehen, wie die Mädchen durch den Ort getrieben wurden und habe mir damals nichts dabei gedacht." Heute ist es dem Horneburger wichtig, dass viele Menschen erfahren, dass es nicht nur Auschwitz und Neuengamme gab, sondern auch Horneburg. "Wir müssen zum Ausdruck bringen, dass es auch hier, in diesem Landkreis, so etwas gab."
Auch Marianne Paul war begeistert, dass sie mit ihren Schülern an dem Filmprojekt teilnehmen konnte. "Die Jugendlichen haben dadurch intensiver erfahren, wie schlimm es war", sagt die Deutschlehrerin. Ein Mädchen hat Paul besonders beeindruckt. Die Schülerin hatte sich bei den Dreharbeiten im Kunstschnee die Füße wund gelaufen, wollte aber nicht aufhören. "Den Mädchen im Arbeitslager ging es ja auch so", habe sie gesagt.
An dem Film haben die Schüler freiwillig mitgearbeitet. An einem Wochenende mussten sie stundenlang durch den Kunstschnee laufen. Ein anderes Mal marschierten die Schüler durch die Schule und stellten die Handarbeit an den Röhren nach. So lange, bis Giradet genügend laufende Füße und arbeitende Hände im Kasten hatte. "Im Unterricht haben wir zur Einstimmung die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger behandelt", sagt Marianne Paul.
Otto Duwe ist mit dem Ergebnis der Dreharbeiten sehr zufrieden: "Der Film ist die ideale Kombination von Emotion und Realität", sagt der Zeitzeuge.
Am Mittwoch, 27. Januar, von 19.30 Uhr an rezitiert Schauspielerin Angelika Achinger die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger in einer szenischen Lesung. Anschließend wird der 37-minütige Film "Wege nach Horneburg - zum Beispiel -" gezeigt. Die Karten für die Veranstaltung im Buxtehuder Kulturforum am Hafen (Hafenbrücke 1) gibt es für 13 Euro unter Tel. 04161/50 26 50 oder bei der Buxtehuder Stadtinfo an der Viverstraße 1.