Die “Wählergemeinschaft Bützfleth“ ist gegen die geplanten Kraftwerke. Aus CDU und SPD kommt Zulauf.

Stade. Es rumort im Ortschaftsrat von Stade-Bützfleth. Grund ist die neue Partei "Wählergemeinschaft Bützfleth" (WGB), die am 23. Juni von der Bürgerinitiative (BI) "Für eine umweltverträgliche Industrie" gegründet wurde. Gleich zwei Ortsräte sind jetzt aus ihren Parteien ausgetreten und wechselten zur WGB. Sabine Klie von der SPD und Jochen Witte von der CDU gaben ihre Parteibücher zurück und engagieren sich nun in der WBG. Die neue Partei setzt sich vor allem gegen die beiden geplanten Kohlekraftwerke in Bützfleth ein.

Doch es rumort nicht erst seit der Gründung der WBG oder dem Wechsel der beiden Politiker, sondern bereits seit Anfang 2008, als die BI gegründet wurde. Klie und Witte, die auch Sprecher der Initiative sind, waren von Anfang an dabei und setzten setzten sich für die Politisierung der Initiative ein.

"Mein Engagement in der Bürgerinitiative hat zu Unmut in der SPD geführt", sagt Sabine Klie. Ein Jahr habe sie mit dem Parteiwechsel gerungen.

"Ich bin von den Bützflethern in den Ortschaftsrat gewählt worden und will die Interessen der Bürger vertreten. doch das war mit dem SPD-Programm nicht möglich." Grundsätzlich befürworte die 51-Jährige Diplom-Biologin die SPD-Linie, doch eben nicht in Bützfleth und Stade.

"Die Stadtverwaltung ist einhellig für die geplanten Kohlekraftwerke. Von möglichen Belastungen will keiner gerne etwas hören", so die ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende. Die Politiker im Stader Rat und im Bützflether Ortsrat seien nicht kritischer. "Ich stand im Ortschaftsrat häufig alleine mit meiner Meinung da." Der parteiinterne Dissens sei zu groß geworden, so dass sie zur WGB wechselte.

Obstbauer Witte sattelte politisch um, weil er in der CDU mit seiner Kritik gegen die Kohlekraftwerke auf taube Ohren stieß: "Das hat meine Partei nicht interessiert." Die CDU in Stade und Bützfleth sei ein "monolithischer Block", der in seiner Zustimmung für die Kohlekraftwerke "nicht beeinflussbar" sei. Vor allem dem Bützflether Ortsbürgermeister, Wolfgang Rust (CDU), wirft der 60-Jährige eine sture Haltung vor.

Acht Ordner hat Sabine Klie an Informationen, Gutachten und Studien über Kohlekraftwerke gesammelt. Gemeinsam mit Jochen Witte habe sie immer wieder Fehler im Bebauungsplan aufgedeckt. Die BI hatte Ende 2008 sogar vor Gericht Erfolg: Der Bebauungsplan für das Kohlekraftwerk des Energieunternehmens Electrabel (heute GDF Suez) scheiterte am Lärmschutz. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg erklärte den Plan als ungültig. Nun werde die BI für die Planungsfehler verantwortlich gemacht, sagt Klie: "Wir von der Bürgerinitiative sind immer die Dummen. Dabei hat die Stadt die Fehler gemacht." Die Meinungen seien festgefahren. "Weitere Kritik wird einfach ignoriert."

Klie bemängelt, dass die Stadt ihre Planungshoheit aus der Hand gebe. Politik und Verwaltung könnten durchaus planerische Vorgaben machen, wie etwa Techniken vorzuschreiben, damit die Abwärme genutzt werde. Obwohl die Grünen ebenfalls die Kohlekraftwerke ablehnen, sei die Partei für Klie und Witt keine Alternative gewesen. Zu sehr würden die bundespolitischen Vorstellungen auseinander gehen.

Die beiden Bützflether wollen nun bei der kommenden Ortsratswahl 2011 für die WGB antreten und ihren Fraktionsstatus von zwei Sitzen zumindest erhalten. "Ich bin davon überzeugt, dass wir Zuspruch bekommen", sagt Witt. Als Vorbild dient die Agathenburger Wählergemeinschaft, die erstmals 2006 zur Wahl antrat und nun sieben von elf Sitzen im Gemeinderat stellt.

Außerdem strebt die WGB eine enge Zusammenarbeit mit der BI "Haseldorfer Marsch" in Schleswig-Holstein an, die sich ebenfalls gegen die geplanten Kohlekraftwerke einsetzt. In Schleswig-Holstein würden die Politiker die Problematik ernst nehmen, so der Obstbauer: "Viele CDU-Bürgermeister dort sind gegen die Kraftwerke."