Die Zuschauer im Kreis Stade hatten sich mehr und neue Informationen zu künftigen Regierungsbildungen erhofft.
Stade/Buxtehude. "Yes we gähn" titelte die Bild-Zeitung gestern, der FDP-Chef Guido Westerwelle nannte das Duell eine Farce und fordert die Absage von künftigen Kanzlerduellen, SPD-Vorsitzender Franz Müntefering sprach von einem Durchbruch im Wahlkampf. Unterschiedlicher können die Meinungen über das TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Frank-Walter Steinmeier von der SPD kaum sein. Doch wie empfanden Bürger im Landkreis Stade, die zumindest vordergründig nichts mit Politik zu tun haben, die Fernsehdebatte? Das Abendblatt hat sich umgehört.
Das Fazit von Gästeführerin Dagmar Papenthin aus Horneburg fällt kurz und knapp aus: "Langweilig." Mehr habe sie vom Duell aber auch nicht erwartet: "Die Argumente waren bekannt. Überraschend war nur, dass Steinmeier locker und entspannt war. Sonst wirkt er ernster." Einen Gewinner gebe es nicht. Papenthin sei aber in ihrer Wahlabsicht bestärkt worden.
Zum Ausgang des Duells will Superintendent Thomas Kück nichts sagen: "Die Kirche hält sich bei politischen Fragen vor Wahlen grundsätzlich zurück." Er habe das Gespräch mit Spannung erwartet und interessiert verfolgt. Besonders spannend fand er die Nachberichterstattung: "Ich habe gezappt, um die Reaktionen zu hören." Die Form der Diskussion hat Kück gut gefallen, weil sie ernsthaft, sachlich und respektvoll geführt worden sei: "Wegen der vier Moderatoren war das Duell allerdings etwas steif und nicht mehr so lebhaft wie früher." Dennoch seien die unterschiedlichen Ansichten der Kandidaten deutlich geworden.
Claus Duderstadt, Geschäftsführer von Foto Schattke in Stade, war vom Fernsehduell der beiden Kanzlerkandidaten schwer enttäuscht. Die beiden Kandidaten seien sich in vielen Punkten viel zu einig gewesen, so dass die Sendung für ihn nicht den Charakter eines Fernseh-Duells, sondern einer Lob-Veranstaltung auf Gegenseitigkeit hatte. Duderstadt sagt: "Das war so langweilig, dass ich schon nach wenigen Minuten umgeschaltet habe".
Auch in den Buxtehuder Wohnzimmern machte sich am Sonntagabend herbe Enttäuschung breit. "Die kamen mir vor wie ein Ehepaar", sagt Matthias Laser (41), Inhaber des Buxtehuder Brauhauses. Keiner der beiden habe klar Stellung bezogen. "Sie hatten wohl Angst, zu viel zu verlieren und waren deshalb vorsichtig", vermutet der Brauerei-Inhaber. Laser erkannte darin schon das Zeichen für eine nächste Koalitionsrunde zwischen SPD und CDU. "Ein Duell war die Fernseh-Veranstaltung jedenfalls nicht."
Das sieht Dieter Klar, Präsident des Kulturforums am Hafen, genauso. "Gähnend langweilig", lautet sein Urteil. Merkel und Steinmeier seien zu anständig gewesen und hätten sich gegenseitig geschützt.
Das liege aber nicht nur an der vierjährigen Zusammenarbeit der beiden in der Koalition. Als Grund für den Kuschelkurs macht Klar vielmehr die Persönlichkeiten verantwortlich. "Merkel kommt mir vor wie ein Gummiband. Alles prallt an ihr ab und das macht müde." Steinmeier sei auch keine Rampensau wie es der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder war. "Der Mann agiert eher im Hintergrund."
Die zwei Kanzlerkandidaten vermieden grundsätzlich Auseinandersetzungen. "Politik braucht aber Konfrontation", sagt Klar. Deshalb hätte er Merkel und Steinmeier auch nicht für das Kulturforum am Hafen in Buxtehude engagiert, sagt er und schmunzelt. "Die Veranstaltung war schlecht besetzt."
Hendrik Teetz (34), Inhaber der Diskothek "Garage" in Buxtehude und des Lokals "CaBaReLo" in der Buxtehuder Altstadt, schreibt das "misslungene" TV-Duell den Interviewern zu. Von den vier Fragestellern habe er sich mehr erwartet. "Es war keine klare Linie zu erkennen, und sie schafften es nicht, Interessantes herauszukitzeln."
Zwar war Teetz auch nicht davon ausgegangen, dass sich Steinmeier und Merkel eine herbe Auseinandersetzung liefern. "Schließlich kommen sie aus einer großen Koalition und können nicht das schlecht reden, was sie gemeinsam beschlossen haben." Dennoch blieb für ihn offen, wie eine Regierung mit der SPD überhaupt aussehen kann. "Rot-Grün reicht ja nicht. Bleibt die Frage: Wer ist der Dritte?"