Buxtehuder Reeder ist irritiert. Seine Kollegen flaggen Schiffe aus und sparen Geld. Jetzt wollen sie Soldaten.

Buxtehude. Sie sind bis an die Zähne bewaffnet und absolut skrupellos. Piraten machen die Fahrt durch das Gewässer vor der Küste Somalias zum Vabanquespiel. Das dürfte sich ändern: Heute entscheidet das Kabinett über eine Beteiligung der deutschen Marine an der EU-Mission "Atalanta", die die Entsendung von Kriegsschiffen ans Horn von Afrika vorsieht.

"Absolut richtig und notwendig", findet das Helmut Ponath. Mit Befremden registriert der Chef der Niederelbe Schifffahrtsgesellschaft in Buxtehude allerdings, dass gerade jene deutsche Reeder am lautesten einen staatlichen Schutzschirm einforderten, die ihre Schiffe aus dem deutschen Register entfernt haben und sie aus Kostengründen unter beliebten Billig-Flaggen wie Liberia oder Antigua fahren ließen. Ponath: "Wenn ich mich zur deutschen Flagge bekenne, dann kann ich auch solche Forderungen stellen."

Damit macht sich der Mann aus Buxtehude bei Reeder-Kollegen nicht gerade beliebt. Von den rund 3100 deutschen Schiffen in internationalen Gewässern fahren gerade mal 490 unter deutscher Flagge. Als er im Verband deutscher Reeder seinen "gehässigen Standpunkt" vertrat, sei die Reaktion darauf ziemlich schrill ausgefallen. "Ich wurde übertönt, es handele sich um deutsches Eigentum, das habe mit der Flagge nichts zu tun."

Dabei, so Ponath, sei es "schon seltsam, dass jahrelang Schiffe ausgeflaggt werden, und kaum geraten die Reeder in Bedrängnis, rufen alle nach dem Staat."

Wer am Heck seiner Schiffe bunte Flaggen flattern lässt, spart bares Geld, etwa bei den Sozialabgaben für die Crew. Fährt ein Schiff hingegen unter heimischer Flagge, muss es auch von deutschen Offizieren gelenkt werden. Auch die Auszubildenden und Schiffsmechaniker an Bord müssen Deutsche sein. Das kostet. Bei der Reederei H.-P.Wegener (Jork), die alle Schiffe unter deutscher Flagge hält, machen die Aufwendungen für das Personal rund 50 Prozent der Betriebskosten aus. Bei der NSB tragen 86 von 110 Frachtschiffen die Nationalfarben. Dadurch entstünden Mehrkosten von 150 000 bis 200 000 Euro pro Jahr, so Ponath. Trotzdem hält er an der deutschen Flagge fest: "Die Crews arbeiten zuverlässiger, und wir können sicher sein, dass die Schiffe tatsächlich 365 Tage im Jahr für uns unterwegs sind."

Für Hans-Heinrich Nöll, Geschäftsführer des Verbands deutscher Reeder (VDR), sind die Beflaggung und der Schutz vor Piraten zwei unterschiedliche Themen. "Der Schutz von Handelsschiffen ist eine Gemeinschaftsaufgabe." Ähnlich sieht das auch Uwe Jenisch, Professor für Seerecht an der Universität Kiel. Beim Schutz der Schiffe dürfe die Flagge keine Rolle spielen. Die deutschen Reedereien kämpften in einem globalen Wettbewerb und müssten Kosten sparen, zum Beispiel auch durch eine Ausflaggung. "Aber: Die Reedereien haben ihren Sitz hierzulande, wo auch die Wertschöpfung stattfindet."

Auch Kai Freese, Chef der Reedereigruppe Freese, vertritt die Verbandslinie, wenn er sagt: "Ich finde, Herr Ponath vertritt eine recht simple Meinung, nach dem Motto: Jemand der keine deutsche Flagge hat, darf keine Hilfe erwarten. In einer globalisierten Welt sind alle von den Warenströmen abhängig. Vor allem geht es um Menschenleben."