Der Verein Buxtehuder Kleinkunst-Igel holt seit 32 Jahren die erste Garde des deutschen Kabaretts in den Norden. Jetzt steht das neue Programm fest.
Buxtehude. Dieter Hildebrandt, Wilfried Schmickler, Hagen Rether, Volker Pispers - das Gästebuch des Buxtehuder Kleinkunst-Igels liest sich wie ein Who is who der Deutschen Kabarett-Szene. Seit mittlerweile 32 Jahren gelingt es dem Verein jedes Jahr aufs Neue, ein anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen und eine kulturelle Alternative zu den gängigen Tourneetheateraufführungen zu bieten. Diverse Formen der Kleinkunst, darunter Chansons, vor allem aber Kabarett, stehen alljährlich auf dem Programm. Und fast alle Künstler, die in den vergangenen Jahren mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurden, holte der Kleinkunst-Igel schon nach Buxtehude.
Was also ist das Erfolgsgeheimnis des ehrenamtlich geführten Vereins? Wie schaffen es Helmar Putz, Dörte Joost und Peter Feig, die gemeinsam den Vorstand bilden, all die Künstler mit den großen Namen nach Buxtehude zu holen? "Wir haben bei den Künstler einen guten Ruf", weiß Peter Feig. "Leute wie Volker Pispers vergessen auch nicht, wo sie hergekommen sind und kommen deshalb immer wieder."
Denn beim Kleinkunst-Igel geht es nicht primär um Geld und ausverkaufte Hallen, sondern hier herrscht eine familiäre Atmosphäre. "Nach den Auftritten gehen wir mit den Künstlern stets essen, so lernt man sich auch privat kennen", so Feig. "Die Künstler sprechen zum Teil dann untereinander und empfehlen uns weiter." So kommt es, dass zu den rund 70 Mitgliedern des Vereins mittlerweile auch Hagen Rether und Wilfried Schmickler gehören.
Peter Feig ist seit zwölf Jahren beim Kleinkunst-Igel. "Ich war damals bei einer Vorstellung und dort lagen Zettel aus, auf denen stand, dass ehrenamtliche Mitarbeiter gesucht werden", erinnert der 68-Jährige sich. "Nach meinem ersten Treffen mit dem Verein war ich plötzlich Kassenwart."
Die Anfänge des Kleinkunst-Igels allerdings reichen deutlich weiter in die Vergangenheit. "III. Programm" hieß dessen Vorgänger, der 1972 von zehn Buxtehudern gegründet wurde. Darunter waren der inzwischen verstorbene Buchhändler Winfried Ziemann und Ruth Albrecht, die Frau des ehemaligen Buxtehuder Stadtdirektors, die noch heute Ehrenvorsitzende des Vereins ist. "Damals war hier überhaupt nichts los. Buxtehude war auch deutlich abgeschnittener, weil es den neuen Elbtunnel und die Köhlbrandbrücke noch nicht gab", erzählt Feig. Deswegen wollten die Gründer des "III. Programm" mehr Kultur nach Buxtehude holen. "Ruth Albrecht war sehr engagiert, sie hat die Künstler sogar zu Hause bewirtet und über Nacht aufgenommen", so Feig. 1979 wurde dann der Verein Buxtehuder Kleinkunst-Igel gegründet.
Bei der Auswahl des Programms gehen Feig, Putz und Joost übrigens äußerst sorgfältig vor: Beim Kleinkunst-Igel wird nur engagiert, wen mindestens einer der drei Vorstandsmitglieder schon live gesehen und für gut befunden hat. "Mir gefällt Kabarett, wenn es scharfsinnig und gut recherchiert ist, so wie bei Georg Schramm und Volker Pispers", sagt Feig. "Es darf nicht flach sein. Wir bringen hier keine Schenkelklopfer. Nichts gegen die Leute und das Publikum, aber das ist nicht unsere Richtung."
Dass die Zeiten für Kabarett allerdings nicht leichter werden, ist den dreien nicht verborgen geblieben. Hatten Kabarettisten einst oft mit Zensur zu kämpfen, so ist es mittlerweile der seit den Neunzigern andauernde Comedy-Boom, der es den Kabarettisten schwer macht. "Die Leute stehen heute mehr auf leichte Kost und einfache Witze", sagt Helmar Putz, der seit zwei Jahren 1. Vorsitzender des Kleinkunst-Igels ist. "Beim Kabarett muss man mitdenken und sich mit den Themen auseinander setzen."
Beim klassischen Kabarettabend treffe man deswegen vor allem ältere Semester. Dem wissen Putz und seine Mitstreiter allerdings etwas entgegen zu setzen. "Ich hoffe, dass wir mit 'Zärtlichkeit mit Freunden' in der kommenden Saison ein jüngeres Publikum anziehen, das so auch auf unsere anderen Veranstaltungen aufmerksam wird", so Helmar Putz.
"Zärtlichkeit mit Freunden", das ist ein Duo aus Sachsen, das Kabarett und Rock verbindet. Doch auch High Five, Deutschlands jüngste, professionelle A-Capella-Gruppe, spricht mit intelligenten Texten und dem musikalischen Mix aus Rock 'n' Roll, Pop, Schlager und House ein junges Publikum an. Daneben stehen in der 32. Saison des Kleinkunst-Igels aber auch große Namen auf dem Programm. Jochen Malmsheimer ist als Hausmeister aus der ZDF-Kabarett-Sendung "Neues aus der Anstalt" bekannt, Georg Schramm kehrt nach über einjähriger Bühnenpause mit seinem Programm "Meister Yodas Ende" zurück und Willy Astor, der in seiner Heimat Bayern jeden noch so großen Laden ausverkauft, tritt zum allerersten Mal in Buxtehude auf. Das Schweizer Duo Ohne Rolf derweil kommt in seiner Show ohne ein einziges Wort aus, stattdessen arbeiten sie mit aussagekräftigen Plakaten.
Die Themen der Kabarettisten sind in den Augen von Putz übrigens auch heute die gleichen wie eh und je. "Kabarett deckt Missstände auf, dient aber nicht dazu, die Welt zu verbessern", sagt er. "Volker Pispers hat das ganz treffend gesagt, als er das letzte Mal in Buxtehude war. Er empfahl seinem Publikum, die Eintrittskarten aufzuheben um später mal beweisen zu können, dass man im Widerstand war."