Kiel/Berlin. Sabine Sütterlin-Waack über antiisraelische Ausschreitungen, den Schutz jüdischer Einrichtungen und die Gefährdungslage in Schleswig-Holstein.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am Donnerstag alle Aktivitäten der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und des Netzwerks Samidoun in Deutschland verboten. Die Begründung: Hamas verfolge das Ziel, den Staat Israel zu vernichten; Samidoun verbreite israel- und judenfeindliche Propaganda. Die schleswig-holsteinische Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack zeigt sich über das Verbot erleichtert. „Ich begrüße die Entscheidung. Das ist sicherlich ein Schritt, auf den viele gewartet haben“, sagte sie dem Abendblatt.

Wenn Menschen die Hamas und deren Terror, wie in Berlin geschehen, feierten, sei das sehr besorgniserregend, sagte die CDU-Politikerin. Diese Eskalation von Gewalt oder die Glorifizierung von Terror erschrecke sie zutiefst. „Ein solches Verhalten ist für mich völlig unverständlich. Da müssen die staatlichen Sicherheitsorgane massiv eingreifen.“ Die ehemalige Justizministerin betont die Unabhängigkeit der Gerichte. Insofern sollte die Politik allenfalls Impulse geben, sagt Sütterlin-Waack zurückhaltend. Ihr Impuls lautet, den Strafrahmen bei diesen Delikten auszuschöpfen.

Terrororganisation: Kieler Innenministerin begrüßt Hamas-Verbot

Die Polizei in Schleswig-Holstein hatte unmittelbar nach dem Überfall der Terrorkommandos der Hamas auf Israel vor rund vier Wochen den Schutz jüdischer Einrichtungen und Organisationen im Norden deutlich verstärkt. BKA und LKA aktualisierten ihre Gefährdungsbewertungen ständig. Auf dieser Grundlage würden jüdische Einrichtungen in Schleswig-Holstein „sehr ausreichend und ordentlich bewacht. Aber wie viele Polizisten welche Gebäude und Einrichtungen schützen, dazu machen wir aus Sicherheitsgründen generell keine Angaben“, sagte die CDU-Politikerin. Die Sorgen jüdischer Gemeinden sind jedenfalls groß, dass es zu Attacken oder Farbbeutelanschlägen auf ihre Einrichtungen kommt.

Seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober haben die Strafverfolgungsbehörden in Schleswig-Holstein Taten im mittleren zweistelligen Bereich registriert: Diebstähle, Sachbeschädigungen und Straftaten nach Paragraf 104 StGB, also Verletzungen der Flaggen und Hoheitszeichen. So wurden zum Beispiel Flaggen von Fahnenmasten gerissen.

Sütterlin-Waack befürchtet steigende Gefährdungslage in Deutschland

20 Anträge auf Pro-Palästina- oder Anti-Israel-Aktionen wurden seit Kriegsbeginn im Norden gestellt. Siebenmal haben die Veranstalter von sich aus den Protest wieder abgesagt, drei Versammlungen wurden von den zuständigen Behörden auf Kreis- oder Stadtebene verboten – vor allem in der ersten und zweiten Woche nach dem Überfall.

„Die Veranstaltungen, die stattgefunden haben, sind friedlich verlaufen, auch weil die Polizei mit großen Kräften Eskalationen verhindert. Die Lage ist hochemotional“, sagte die CDU-Ministerin. Das Land und die Versammlungsbehörden agierten hier in einem Zwiespalt: „Wir tun alles, dass es bei uns nicht eskaliert. Aber wir wollen auch versuchen, soweit es geht, das Demonstrationsrecht zu gewähren“, so Sütterlin-Waack.

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Sie befürchtet eine erneut steigende Gefährdungslage in Deutschland bei einer weiteren Eskalation in Nahost. Denn dann könnte „noch mehr Aggressivität auf der palästinensischen Seite bei uns auf die Straße gebracht werden. Das schließen unsere Sicherheitsbehörden zumindest nicht aus“, sagte Sütterlin-Waack.