Kiel. Parteien im Landtag verabschieden einstimmig Resolution. Wer Opfer verhöhnt und Tote bejubelt, soll strafrechtlich verfolgt werden.
Welche Kraft und Würde eine politische Debatte in einem Parlament ohne Extremisten entfalten kann, ist zuletzt in Deutschland oft in Vergessenheit geraten. Kein Krawall, keine gezielte Provokation, stattdessen ein respektvoller Umgang mit dem Thema und den konkurrierenden Abgeordneten: Schüler, Schülerinnen und Vertreter des jüdischen Lebens im Bundesland haben eine solche Debatte am Mittwoch von der Besuchertribüne im schleswig-holsteinischen Landtag verfolgen können. Einstimmig verurteilte der Landtag in der Aktuellen Stunde zur „Solidarität mit Israel“ den Terror der Hamas und die Verhöhnung der Opfer bei Demonstrationen beispielsweise in Berlin.
„Die Angriffe mit Attentätern und Tausenden von Raketen sind ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, da sie sich vor allem gegen die israelische Zivilbevölkerung richten und auf die Vernichtung Israels zielen“, heißt es in der gemeinsamen Resolution von CDU, Grünen, SPD, FDP und SSW.
Schleswig-Holstein: AfD ist nicht im Landesparlament vertreten
Hier im nördlichsten Bundesland war die rechtsextreme AfD bei der Landtagswahl vor eineinhalb Jahren deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Schleswig-Holstein ist neben Bremen – hier war die Partei erst gar nicht zur Wahl zugelassen worden – das einzige Landesparlament ohne die Extremisten in der Opposition. Und so war auch für die fünf im Landtag vertretenen Parteien unstreitig: Es ist das völkerrechtlich verbriefte Recht Israels, sich gegen den Terror zu verteidigen. „Schleswig-Holstein steht an der Seite Israels. Das Existenzrecht und der Schutz Israels sind deutsche Staatsräson.“
Israel könne sich immer auf Deutschland verlassen, sagte denn auch Ministerpräsident Daniel Günther. Er sei „fassungslos und wütend“, wenn das Massaker an Unschuldigen und Wehrlosen in Israel in Deutschland bei Pro-Hamas-Veranstaltungen wie in Berlin bejubelt werde. Das sei unerträglich, waren sich die Redner aller Parteien einig. Sie betonten die besondere Verantwortung, die Deutschland durch seine historische Schuld trage.
Günther: Schutz jüdischer Einrichtungen wurde erhöht
Der Schutz jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger und ihrer Einrichtungen in Deutschland habe absolute Priorität, sagte Günther. „Wir haben daher den Schutz im Land erhöht und stehen in engem Austausch mit den jüdischen Gemeinden im Land“, sagte er.
Günther stellte dann die Frage, auf die Flächenländer wie Schleswig-Holstein - aber noch stärker Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin - eine Antwort finden müssen: Wie umgehen mit nach Deutschland importiertem und öffentlich gelebtem Judenhass? Auf die Verhöhnung der Opfer und das Feiern der Terroristen müsse der Rechtsstaat schnell und klar eine Antwort geben, forderte Günther.
Polizei soll konsequent einschreiten
Wer Terroristen unterstütze oder deren grausamen Verbrechen gutheiße, verwirke sein Gastrecht in Deutschland, forderte CDU-Fraktionschef Tobias Koch ein konsequenteres Vorgehen. Wer wie „ausgerechnet“ in Berlin die Ermordung von Menschen feiere, habe keinen Platz in unserer Gesellschaft. So sagte es FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. „Unsere Polizei und unsere Behörden sind aufgefordert, hier konsequent einzuschreiten“, sagte der FDP-Politiker, während SSW-Fraktionschef Lars Harms Vogt von Islamisten sprach, die „auch bei uns ihr Unwesen treiben“.
Und so heißt es in der einstimmig beschlossenen Resolution auch, dass der Landtag Pro-Hamas-Demonstrationen auf das Schärfste verurteile. Staat und Gesellschaft müssten jeder Form von Antisemitismus entschlossen entgegentreten. „Der Landtag steht fest an der Seite der jüdischen Menschen in Schleswig-Holstein.“
SPD: Terrorherrschaft der Hamas brechen!
Wer die Gräueltaten der Hamas rechtfertige, positioniere sich außerhalb „unserer demokratischen Gesellschaft“, sagte Oppositionsführer Thomas Losse-Müller. Er forderte strafrechtliche Konsequenzen. Für den SPD-Politiker ist es auch im Interesse der Bevölkerung im Gazastreifen, wenn „die Terrorherrschaft der Hamas gebrochen wird“, sagte Losse-Müller über die Angriffe Israels und eine erwartete Bodenoffensive.
Das schleswig-holsteinische Parlament forderte geschlossen die Bundesregierung auf, sich noch stärker für das sogenannte Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn einzusetzen. Eine weitere Ausbreitung des Krieges müsse unbedingt verhindert werden, sagte der grüne Fraktionschef Lasse Petersdotter. Zukunftsweisend sei vielmehr eine weitere Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien. Wie die anderen Redner, betonte Petersdotter das nicht verhandelbare Existenzrecht Israels, dessen Recht auf Verteidigung und die Geschlossenheit Deutschlands an der Seite Israels.
Schleswig-Holstein hisst israelische Flaggen
CDU-Fraktionschef Koch erinnerte im Landtag an eine Partnerschaft, die Schleswig-Holstein mit der Oblast Cherson im Süden der Ukraine eingegangen ist. Um Solidarität zu zeigen, regte er eine solche Partnerschaft auch mit einer Region in Israel an.
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Landtagspräsidentin Kristina Herbst betonte, die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen Staatsräson. „Dies ist eine der Lehren, die wir aus unserer Geschichte gezogen haben. Das Existenzrecht Israels und das Recht seiner Bürgerinnen und Bürger, in Frieden und Freiheit zu leben, sind nicht verhandelbar.“ Auch in Schleswig-Holstein dürften weder Hass noch Gewalt, weder antisemitische Hetze noch die menschenverachtende Fürsprache für das mörderische Treiben von Hamas und Hisbollah geduldet werden.
Wegen des Angriffs der Hamas auf Israel soll bis Sonntag an allen obersten Landesbehörden in Schleswig-Holstein und auf dem Dach des Landeshauses in Kiel die israelische Flagge wehen.