Wedel. Das Barlach Kunstmuseum Wedel in Schleswig-Holstein zeigt Bilder aus den explosiven achtziger Jahren.

Berlin in den 1980ern wirkt aus heutiger Sicht fast irreal. Die DDR existierte noch, David Bowie lebte in der Stadt, der Potsdamer Platz war Niemandsland. An diese Dekade und ihren Zeitgeist erinnert jetzt eine Ausstellung, die im Barlach Kunstmuseum Wedel zu sehen ist: „Junge Wilde. Expressive Malerei im Berlin der 80er Jahre“.

Der Titel der Ausstellung geht auf eine Schau zurück, die 1980 in der Sammlung Ludwig in Aachen gezeigt wurde. Sie hieß „Die neuen Wilden“.

Kunst Schleswig-Holstein: Erstmalig im Norden zu sehen

Die Bilder sind Leihgaben der Berliner Volksbank und allesamt bisher noch nicht in Hamburg und Umgebung zu sehen gewesen. Zusammengestellt hat die Ausstellung Museumschef Jürgen Doppelstein, der in den 80ern selbst viel Zeit in Berlin verbrachte und sich gut an das Lebensgefühl in der Stadt erinnert. Er beschreibt die Bilder als „wild, heftig, punkig, frech, aggressiv und hässlich“.

Große Namen sind in der Ausstellung die Ausnahme. Aber Markus Lüpertz ist dabei und gleich mit zwei Werken vertreten. „Der Sternendeuter“ zeigt ein langnasiges Wesen unter einem Sternenhimmel. Die Nähe zu Picasso ist offensichtlich. Bei „Zwei Krieger“ sieht man zwei Kämpfende mit Schildern, Speer und Schwert. Grob und großformatig hat er dieses Bild angelegt. Ebenfalls vertreten ist Lüpertz‘ Freund A.R. Penck. Sein „Expressiver Kopf“ ist ein in Rot, Schwarz und Weiß gehaltener Holzschnitt. Die Figürlichkeit ist hier bestenfalls noch als Ausgangsposition zu erahnen.

Helmut Middendorf: Schweizer Schriftmaler

Das Titelbild der Ausstellung ist der „große Stadtkopf“ von Helmut Middendorf aus dem Jahr 1986. In leuchtendem Rot, Gelb und Blau hat der Meisterschüler von Karl Horst Hödicke, der ebenfalls in der Ausstellung auftaucht, das Antlitz mit dicken Pinselstrichen gemalt. 270 x 155 Zentimeter groß ist das „Chinesische Porträt“ von Luciano Castelli.

Der Schweizer ist gelernter Schriftmaler. Er hat bei seinen Bildern meist zunächst die Hauptthemen vorgezeichnet, sie dann mit Kohle noch einmal betont, bevor er für die Farben zum Pinsel griff. Vor allem schnell muss es bei ihm gehen. Doppelstein schätzt, dass Castelli trotz des großen Formats für das Bild mit seinen weichen Pinselstrichen und seiner flüchtigen Malweise kaum mehr als sieben Minuten gebraucht hat.

Kunst Schleswig-Holstein: "Ein Hauch befreienden Aufbruchs"

Im Gegensatz dazu zeigt Salomé, der eigentlich Wolfgang Ludwig Cihlarz heißt, ultrabunte Farbteppiche. Die „Seerosen“ auf seinem Bild sind im Gegensatz zu den berühmten Vorbildern von Claude Monet kaum zu erahnen.

„Überall ist ein Hauch befreienden Aufbruchs zu spüren“, heißt es zu den Werken in einem Ausstellungskatalog aus den 80er-Jahren. Jürgen Doppelstein zitiert in diesem Zusammenhang den Maler Albert Oehlen: „Morgens lasen wir die Bildzeitung, mittags haben wir gemalt, und was abends dabei rauskam, daran war die Gesellschaft schuld.“

„Junge Wilde. Expressive Malerei im Berlin der 80er Jahre“, bis 26. März, Barlach Kunstmuseum Wedel, Mühlenstraße 1 (S Wedel), Di-So 11-18 Uhr