Kiel/Osnabrück . Die Omikron-Variante BA.5 sorgt für steigende Infektionszahlen. Wie geht es mit den Impfzentren und kostenlosen Bürgertests weiter?
Vor dem Hintergrund der steigenden Corona-Infektionszahlen empfiehlt Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) die vierte Impfung für jeden. Der Pieks sollte demnach vorgenommen werden, wenn die dritte Auffrischungsimpfung bereits einige Monate zurückliegt. „Ich halte das für durchaus vernünftig. Ich würde nach dem Hin und Her mit dem Virusvarianten-angepassten Impfstoff, von dem wir bis heute nicht genau wissen, wann er kommt, nicht zwingend warten“, sagte Garg dem Radiosender R.SH. „Insbesondere, wenn ich vorhabe, in den Urlaub zu fahren. Ich glaube, dass hier eine vierte Impfung sehr wohl sinnvoll sein kann“, meinte der Minister.
Denn das Corona-Infektionsgeschehen nimmt wieder an Dynamik zu. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Schleswig-Holstein ist am Freitag auf 735,1 gestiegen. Das geht aus den Angaben der Landesmeldestelle und der Universität Kiel vom Abend hervor. Am Donnerstag lag die Zahl der registrierten Neuinfektionen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner binnen sieben Tagen bei 713,8.
Corona im Norden: Wieder mehr Neuinfektionen
3824 neue Corona-Fälle wurden am Freitag für Schleswig-Holstein gemeldet. In den Krankenhäusern wurden den Angaben nach 252 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus behandelt. Auf der Intensivstation lagen zwölf Corona-Patienten – von ihnen wurden fünf beatmet.
Die höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen meldeten die Kreise Dithmarschen (953,8) und Rendsburg-Eckernförde (899,0) sowie die Stadt Flensburg (881,8). Die niedrigste Inzidenz verzeichnete der Kreis Herzogtum Lauenburg mit einem Wert von 565,4.
Niedersachsen weiter mit hoher Corona-Inzidenz
Auch in Niedersachsen bleibt die Inzidenz im Vergleich der Bundesländer hoch. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche lag am Sonnabend nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bei 719,9 und damit hinter Schleswig-Holstein (735,1) an der Spitze. Damit fiel der Wert von 735,6 am Freitag minimal ab. Im kleinsten Bundesland Bremen lag die Sieben-Tage-Inzidenz nach RKI-Daten vom Sonnabend bei 536,7.
Allerdings liefert die Inzidenz kein vollständiges Bild der Infektionslage. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus – vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
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Generell schwankt die Zahl der registrierten Neuinfektionen und Todesfälle deutlich von Wochentag zu Wochentag, da insbesondere am Wochenende immer mehr Bundesländer nicht ans RKI übermitteln und ihre Fälle im Wochenverlauf nachmelden.
Ärzteverband: Bürgertests und Impfzentren im Sommer nicht notwendig
Und wie geht es mit den Bürgertests und Impzentren weiter? Der Ärzteverband „Marburger Bund“ hält kostenlose Corona-Bürgertests und Impfzentren in Deutschland im Sommer nicht mehr für erforderlich. „Das Ende der kostenlosen Bürgertests ab Juli ist nachvollziehbar und konsequent, denn es wurde ja auch die Isolation nach einem Positivtest in die Verantwortung der Bürger gelegt“, sagte die Vorsitzende Susanne Johna der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Sonnabend).
Tests in Krankenhäusern und Heimen seien aber weiterhin notwendig. „Und zwar vor Ort, und auch kostenlos für Besucher.“ Das müssten die Einrichtungen erstattet bekommen.
Auch Corona-Impfzentren seien derzeit weitgehend verzichtbar, sagte Johna. „Denn die Hausärzte haben dafür ausreichend Kapazitäten.“ Die Infrastruktur sollte aus ihrer Sicht aber nicht komplett abgebaut werden, damit neue Massenimpfungen möglich seien. „Vor September wird das aber kaum notwendig sein“, sagte die Chefin des „Marburger Bundes“.
Die kostenlosen Bürgertests werden nach derzeitigem Stand bis zum 30. Juni finanziert. Danach läuft die Verordnung aus. Angesichts einer sich gerade aufbauenden Infektionswelle vor allem durch die Omikron-Subvariante BA.5 haben jedoch mehrere Verbände dafür plädiert, die kostenlosen Tests beizubehalten. In Niedersachsen sprachen sich unter anderem die Ärztekammer, die Diakonie und der Sozialverband Deutschland dafür aus.
Ministerium: Omikron-Variante BA.5 des Coronavirus bald dominant
Derweil ist die besonders ansteckende Omikron-Variante BA.5 weiter auf dem Vormarsch und wird schon bald die vorherrschende Form des Coronavirus sein. „Wir sehen einen sehr deutlichen Trend über die letzten fünf Wochen“, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Oliver Grimm, am Freitag in Hannover. „Der Anteil der Infektionen mit BA.5 hat sich im Wochenverlauf immer verdoppelt.“
Das Ministerium bezog sich dabei auf Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin, das seine Zahlen allerdings mit zweiwöchigem Verzug veröffentlicht. Danach lag der Anteil der Infektionen mit BA.5 vor zwei Wochen bei 23,7 Prozent. „So können wir davon ausgehen, dass BA.5 jetzt oder spätestens nächste Woche die dominante Variante sein wird.“
BA.5 gilt als besonders infektiös, verursacht allerdings in der Regel weniger schwere Krankheitsverläufe als andere Varianten. Deshalb seien die Intensivstationen weiterhin nicht überlastet, betonte Grimm. Hotspot-Regelungen oder andere Verordnungen seien damit nicht notwendig. Die Frage, ob Niedersachsen besonders betroffen sei, verneinte der Sprecher. Auch in anderen Bundesländern verbreite sich BA.5 in hohem Tempo.