Kiel. Innenministerin Sütterlin-Waack stellt Verkehrssicherheitsbericht 2021 vor. Welche Zahl in dem Zusammenhang überrascht.

So wenig Tote und Verletzte im Straßenverkehr wie noch nie seit Beginn der Zählung: Das ist die Bilanz des schleswig-holsteinischen Verkehrssicherheitsberichts 2021, den Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack am Mittwoch in Kiel gemeinsam mit Vertretern der Landespolizei vorgestellt hat.

„Natürlich muss immer auch die Corona-Pandemie und der Lockdown im ersten Teil des Jahres beim Blick auf die Zahlen bedacht werden – das ist uns klar“, sagte Sütterlin-Waack. „Aber der Rückgang der Zahl der Verkehrstoten ist wirklich überdurchschnittlich stark: Erstmals seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik liegt diese Zahl in Schleswig-Holstein unter 100 – und mit 77 Verkehrstoten sogar deutlich unter 100. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang um 28 Prozent, also fast ein Drittel.“ Vergleichbare Zahlen werden seit 1997 erhoben.

Verkehr Schleswig-Holstein: Weniger Tote durch Unfälle

Die Zahl der Verletzten sei um 0,7 Prozent auf 13.774 Menschen zurückgegangen. Im Gegensatz dazu stehe der Anstieg bei den insgesamt registrierten Verkehrsunfällen – um 1,6 Prozent auf 81.117 im Vergleich zum Vorjahr.

„Ein Schwerpunkt unserer Arbeit wird auf jeden Fall weiterhin in den Städten und Gemeinden das Thema Vorfahrtsmissachtung sein“, so Sütterlin-Waack. Viele Unfälle könnten sich mit mehr Rücksicht und Aufmerksamkeit vermeiden lassen.

Die Zahl der Ordnungswidrigkeiten, bei denen es um Vorfahrtsmissachtungen und die Unachtsamkeit beim Abbiegen geht, sei mit vier Prozent spürbar angestiegen. „Wir wollen weiter aufklären, wir wollen die Kontrollen in dem Bereich ausweiten, und wir wollen mit allen Beteiligten dafür sorgen, dass Unfallschwerpunkte langfristig entschärft werden“, sagte die Ministerin.

Radfahrer: 8,3 Prozent weniger Verkehrsunfälle

Über weitere Details berichtete am Mittwoch auch der leitende Polizeidirektor Ralph Garschke. Demnach seien in der Gruppe der Seniorinnen und Senioren im vergangenen Jahr 20 Menschen bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die Statistik weise bei dieser Gruppe mit 41,2 Prozent aber einen deutlichen Rückgang auf. „Obwohl sich insbesondere der Anteil der am Unfall­geschehen beteiligten Seniorinnen und Senioren, entsprechend ihrem steigenden Bevölkerungsanteil, um 1,9 Prozent leicht erhöht hat, ist die Zahl derer, die im Straßenverkehr leicht oder schwer verletzt wurden, mit 1,9 Prozent leicht gefallen“, sagte Ralph Garschke weiter.

Bei Radfahrerinnen und Radfahrern kam es zu 8,3 Prozent weniger Verkehrsunfällen, insgesamt waren es laut Bericht 4345. Bei der Zahl der Verunglückten gab es eine Reduzierung um 9,2 Prozent. Im Bericht sind demnach 3576 leicht und 564 schwer verletzte Fahrradfahrende vermerkt. Fünf starben.

Mehr Unfälle mit Pedelecs

Die im Bericht vermerkte Anzahl der Kinder, die beim Fahrradfahren verunglücken, sank um 12,6 Prozent – insgesamt waren es 506. Damit habe die Statistik auch hier den niedrigsten Wert seit Beginn der Zählung.

Die Zahl der Motorradunfälle und die Zahl der in diesem Zusammenhang Verunglückten hätten ebenfalls historische Tiefstände erreicht. Es wurden laut Bericht insgesamt 1242 Unfälle aufgenommen. Weiterhin am stärksten gefährdet sei die Altersgruppe zwischen 45 und 65 Jahren, „die oft nach jahrelanger Abstinenz das Motorradfahren wieder für sich entdeckt hat“, sagte der Polizeidirektor.

Mehr Unfälle gab es hingegen im Bereich Pedelecs. „Der wachsende Marktanteil von Pedelecs, der zurzeit bei 38,7 Prozent liegt, führt dementsprechend auch zu steigenden Verkehrsunfallzahlen bei diesem Fortbewegungsmittel“, erklärte Garschke. Hier gab es laut Bericht 832 Leicht- und 193 Schwerverletzte bei Unfällen. Bei knapp einem Viertel aller Fahrradunfälle geht es um Pedelecs.

2522 Unfälle im gewerblichen Güterverkehr

„Besorgniserregend“, so Garschke, „ist in diesem Bereich, dass an 40 Prozent der Pedelec-Unfälle Seniorinnen und Senioren über 65 Jahre beteiligt waren.“ Die Unfallfolgen seien bei den älteren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern oft schwerwiegend. Dies habe insbesondere dazu geführt, dass im Rahmen der Präventionsarbeit auf diese Gefahren hingewiesen wurde.

„Sowohl bei den Pedelecfahrenden als auch bei den Fahrradfahrenden ohne Tretunterstützung rät die Polizei natürlich zum Tragen eines Fahrradhelms, der zumindest die Unfallfolgen erheblich minimieren und auch Leben retten kann“, sagte Garschke weiter.

Einen Anstieg gab es auch im gewerblichen Güterverkehr. „Der seit Jahren steigende gewerbliche Güterverkehr führte im Jahr 2021 zu einer erheblichen Erhöhung der Unfallzahlen um 14,6 Prozent“, sagte Garschke. Das sind dem Bericht nach 2522 Unfälle. Diese Unfälle hätten oftmals besonders schwere Folgen für andere Verkehrsteilnehmer, so Garschke. Trotz der steigenden Unfallzahlen seien aber auch hier nur knapp halb so viele Verkehrsteilnehmer ums Leben gekommen.

Landespolizei: Positiven Trend aus 2021 fortsetzen

Einen Anstieg gab es im vergangenen Jahr auch bei den seit Juni 2019 zugelassenen Elektrokleinstfahrzeugen wie E-Scootern: Die Zahl der Verkehrsunfälle stieg um 189, die Zahl der Verletzten um 159. „Als Hauptunfallursachen kristallisierten sich 2021 eine falsche Straßenbenutzung und der Einfluss von Alkohol heraus“, sagte Garschke.

Auch im Jahr 2022 wolle man als Landespolizei den Fokus auf die Verkehrsüberwachung und Prävention legen, um den in großen Teilen positiven Trend aus 2021 fortzusetzen.

Der gesamte Verkehrssicherheitsbericht ist auf schleswig-holstein.de zu finden.