Neumünster. Der 48-Jährige erhielt auf der Landeswahlkonferenz 188 Ja-Stimmen, 8 Delegierte votierten gegen ihn, 4 enthielten sich.

Drei Monate vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat die SPD bei der Aufstellung ihrer Landesliste Siegeszuversicht demonstriert. Thomas Losse-Müller (48) – bis 2017 Staatskanzleichef in der Regierung aus SPD, Grünen und SSW und bis Herbst 2020 Mitglied der Grünen – wurde am Samstag mit 94 Prozent zum Spitzenkandidaten und Herausforderer von Regierungschef Daniel Günther (CDU) bestimmt. Eine Gegenkandidatur gab es nicht.

Losse-Müller bekam auf der Landeswahlkonferenz in Neumünster 188 Stimmen. 8 Delegierte votierten gegen ihn, 4 enthielten sich. Die 200 jubelnden Delegierten belohnten Losse-Müllers halbstündige Rede mit fast zwei Minuten Standing Ovations. Landes- und Fraktionschefin Serpil Midyatli (46) holte auf Platz zwei nur 76 Prozent. Sie bekam 152 von 200 abgegebenen Stimmen. 37 Delegierte votierten gegen Midyatli, 8 enthielten sich, 3 Zettel waren ungültig.

Losse-Müller betonte Bodenständigkeit, Solidarität und Teamgeist

Die jüngsten Umfragen zur Wahl am 8. Mai fielen unterschiedlich aus: Eine sah die CDU vorn, die andere die SPD. Das Land habe mit der Jamaika-Regierung aus CDU, Grünen und FDP fünf Jahre verloren, sagte Losse-Müller. „Fortschritt geht nur, wenn die SPD regiert und wenn wir die nächste Landesregierung führen.“ Was ihn wirklich sorge, sei das verlorene Vertrauen der Menschen in die Fähigkeit von Politik, Zukunft zu gestalten. „Wir müssen es besser machen, sonst fliegt uns der Laden auseinander.“ Er wolle eine Koalition des Fortschritts und des sozialen Zusammenhalts anführen.

Losse-Müller betonte Bodenständigkeit, Solidarität und Teamgeist. Wohlstand, Glück, Freiheit und Nachhaltigkeit seien nicht das Werk Einzelner, sondern Teamarbeit einer Gesellschaft. Dass die SPD ihm die Spitzenkandidatur zutraue, erfülle ihn mit Demut. Nach seiner Wahl packte er das Präsent seiner Partei aus - ein Fernglas. Losse-Müller ist auch Hobby-Ornithologe.

SPD wil Kitas im Norden gebürenfrei machen

Klimaschutz, Digitalisierung, industrielle Modernisierung, bezahlbares Wohnen, Entlastung von Familien und Erhöhung des Mindestlohns hob Losse-Müller als Schwerpunkte hervor. Klimaschutz müsse sozial abgesichert und industriepolitisch durchdacht sein. Das Soziale habe oberste Priorität. „Wir können alles vergessen, wenn wir den Menschen keinen bezahlbaren Wohnraum sichern, wenn sie keine anständigen Löhne haben, wenn wir Familien mit steigenden Preisen und ihren Sorgen alleine lassen.“

Die SPD werde Kitas gebührenfrei machen. „Dadurch hat eine Familie mit zwei Kindern rund 500 Euro mehr im Monat“, sagte Losse-Müller. „Und wir versprechen, dass wirklich jedes Kind ab der 8. Klasse ein eigenes Tablet oder einen eigenen Laptop vom Land bekommt.“ Klimaschutz stehe am Anfang des SPD-Programms. „Wir wollen Schleswig-Holstein bis 2040 klimaneutral machen, fünf Jahre schneller als der Rest der Republik.“ Die Menschen erwarteten von der SPD mehr als „Jamaika-Biedermeier-Gemütlichkeit“.

Die Liste zeigt einen Mix aus Erfahrung und neuen Gesichtern

Für die SPD kandidierten gelernte Handwerker, Chinawissenschaftler, Pflegerinnen, IT-Experten, Studierende, Ausgelernte, Juristinnen, Sozialarbeiter, Managerinnen und Verwaltungsexperten, sagte Losse-Müller. „Unsere Lebenswege könnten nicht verschiedener sein.“

Auf die Plätze zwei bis sechs kamen entsprechend Midyatlis Vorschlag Bildungsexperte Martin Habersaat, SPD-Landesvizin Sophia Schiebe (32), noch nicht im Landtag, sowie die erfahrenen Abgeordneten Kai Dolgner und Sandra Redmann. Sie alle hatten keine Gegenkandidaten. Der von Midyatli vorgeschlagene Marc Timmer (50/Nordfriesland-Süd) setzte sich auf Platz sieben klar gegen den Syrien-Flüchtling Tarek Saad (Segeberg-Ost) durch, der auf 27 nominiert war und mit einer emotionalen Rede vergeblich für sein Vorrücken warb.

Die Liste zeigt einen Mix aus Erfahrung und neuen Gesichtern. Auf die Plätze acht bis zehn kamen Fraktionsvizin Beate Raudies (Elmshorn), Niclas Dürbrook (Ostholstein-Nord), der noch nicht im Landtag ist, und die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Birgit Herdejürgen (Steinburg-Ost). Sie wurde vergeblich von der auf 28 nominierten Dorothea Siemers (Lauenburg-Nord) herausgefordert.

Für eine Landesliste sind viele Kriterien wichtig: fachliche Kompetenz, Alter, Geschlecht, berufliche Vielfalt, regionale Herkunft. Von den 35 SPD-Direktkandidaten in den Wahlkreisen sind 16 Frauen und 12 unter 35. Wahlkreissieger kommen direkt ins Parlament, die Liste greift dann entsprechend den Zweitstimmenergebnissen.