Flensburg/Berlin. Partei der dänischen und friesischen Minderheit erringt erstmals seit fast 70 Jahren wieder ein Mandat bei einer Bundestagswahl.

Zum ersten Mal seit fast 70 Jahren hat es der SSW wieder in den Bundestag geschafft. Die Partei der nationalen Minderheiten der Dänen und Friesen errang bei der Bundestagswahl am Sonntag laut vorläufigem Ergebnis ein Mandat.

Im Parlament will der in Schleswig-Holstein beheimatete Südschleswigsche Wählerverband (SSW) nach eigenen Angaben als regional ausgerichtete politische Kraft für minderheitenfreundliche und proeuropäische Politik wirken.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Wie hat der SSW das geschafft?

Den Erfolg ermöglicht haben der Partei aus dem äußersten Norden der Republik Sonderregeln im Wahlgesetz: Parteien anerkannter nationaler Minderheiten sind bei Bundestagswahlen von der Fünfprozenthürde ausgenommen, um ihnen Chancen auf eine politische Repräsentation zu verschaffen. Neben den Dänen und Friesen gehören dazu auch noch die Sorben sowie die Sinti und Roma. Sie haben bislang aber nicht den Weg gewählt, Parteien für eigene Anliegen zu gründen.

Will den Finger in die Wunde legen, „wenn wir wieder zu kurz kommen“: Stefan Seidler bejubelte in Flensburg den erstmaligen Einzug für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) seit 1949 in den deutschen Bundestag.
Will den Finger in die Wunde legen, „wenn wir wieder zu kurz kommen“: Stefan Seidler bejubelte in Flensburg den erstmaligen Einzug für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) seit 1949 in den deutschen Bundestag. © dpa

Dem lediglich in Schleswig-Holstein mit einer Landesliste angetretenen SSW reichten am Sonntag 55.330 Zweitstimmen (3,2 Prozent), um bei der Sitzverteilung im neuen Bundestag berücksichtigt zu werden. Als parlamentarischer Einzelkämpfer wird dort nun künftig Spitzenkandidat Stefan Seidler für die Belange seiner Partei streiten.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Wieso kandidierte der SSW gerade jetzt?

Bereits in der Anfangszeit der Bundesrepublik war der SSW von 1949 bis 1953 mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten. Im nördlichen Schleswig-Holstein erhielt der Wählerverband in der Nachkriegszeit starken Wählerzuspruch, der später aber abflaute.

Obwohl die Partei seit 1955 aufgrund eines deutsch-dänischen Minderheitenschutzabkommens bei Wahlen von der Fünfprozenthürde befreit ist, gelang ihr später kein neuerlicher Einzug in den Bundestag. Nach 1961 stellte sie ihre Bemühungen mangels Erfolgs ein und konzentrierte sich auf die Kommunal- und Landespolitik.

Moin Berlin! Stefan Seidler zieht für den SSW in den Bundestag ein.
Moin Berlin! Stefan Seidler zieht für den SSW in den Bundestag ein. © dpa/Axel Heimken

In der jüngeren Vergangenheit kam der SSW bei Landtagswahlen auf Ergebnisse, die einen Bundestagseinzug wieder als realistischer erscheinen ließen. Im September 2020 gab ein Parteitag grünes Licht für eine neue „Mission Bundestag“. Der SSW entschied sich über die Landesliste in Schleswig-Holstein an der Wahl teilzunehmen und stellte dort auch Direktkandidatinnen und Direktkandidaten auf.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Wofür steht der Wählerverband?

In der schleswig-holsteinischen Landespolitik ist der SSW eine etablierte Kraft mit entsprechenden Strukturen. Derzeit ist er mit drei Abgeordneten im Landtag vertreten, von 2012 bis 2017 bildete er im nördlichsten Bundesland eine Koalition mit SPD und Grünen und stellte die Justizministerin.

Lange Zeit konzentrierte sich die Partei fast ausschließlich auf die Belange der dänischen und friesischen Minderheit, etwa die Ausstattung dänischsprachiger Schulen. Seit den 70er Jahren positioniert sie sich auch zu allgemeinen gesellschaftlichen Themen. So trat sie damals vehement gegen die Atomkraft ein.

Bunte Republik Deutschland: SSW-Grafiker Andree Hagel auf der Wahlparty in Flensburg mit Fähnchen mit dem Dannebrog (r.) und den friesischen Farben.
Bunte Republik Deutschland: SSW-Grafiker Andree Hagel auf der Wahlparty in Flensburg mit Fähnchen mit dem Dannebrog (r.) und den friesischen Farben. © dpa

Der SSW orientiert sich allgemein an politischen und sozialen Entwicklungen in Skandinavien. Programmatisch besteht dabei traditionell die größte Nähe zu Parteien links der Mitte, etwa den Grünen und der SPD. Weiterhin jedoch sieht sich der SSW primär als Fürsprecher regionaler und minderheitenspezifischer Interessen sowie grenzüberschreitender Kooperation mit Dänemark.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Welche Themen sind für den SSW aktuell?

Das Wahlprogramm legte einen Schwerpunkt auf die Förderung von Minderheiten und Infrastrukturprojekte im deutsch-dänischen Grenzgebiet. Dabei positionierte sich die Partei auch als Anwalt der anderen beiden in Deutschland anerkannten nationalen Minderheiten. So wirbt sie für die Schaffung eines Bundesbeauftragten gegen Antiziganismus.

Darüber hinaus tritt der SSW für eine konsequente Klimaschutzpolitik mitsamt Kohleausstieg vor dem Zieljahr 2038 ein. In der Bildungspolitik möchte er die Betreuungsquote für die unter Dreijährigen „nach skandinavischem Vorbild“ auf mehr als 90 Prozent steigern, in der Steuerpolitik plädiert er für eine Vermögensteuer zur Finanzierung der hohen Corona-Lasten.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung