Norderstedt. Über 200 Menschen kommen am ersten Tag ins Kulturwerk. 95 Neuinfektionen im Kreis seit Freitag. Schon 25 Schulen und Kitas betroffen
Das Corona-Schnelltestzentrum im Kulturwerk in Norderstedt hatte am Montag erst wenige Minuten geöffnet, als es bereits die erste böse Überraschung gab. Eine Person wollte sich kurz vor der Arbeit absichern, ließ einen Nasenabstrich nehmen – und erhielt ein positives Ergebnis. Symptome hatte es keine gegeben. „Den PCR-Test haben wir gleich hier gemacht. Die Person musste in Quarantäne. Das Gesundheitsamt haben wir informiert“, berichtet Christian Leder, Geschäftsführer der Betreiberfirma „First & Safe“.
Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Und genau deshalb wird ja getestet. Es sollen Fälle herausgefiltert werden, die ansonsten verborgen geblieben wären. Und Bürger wollen Sicherheit für sich und das private oder berufliche Umfeld. So wie Mark Brunner aus Norderstedt, der mit seiner Tochter Viktoria spontan vorbeigekommen war. „Das ist ein super Angebot, das scheint recht unkompliziert zu sein“, sagt er. „So kann man sich auch einmal mit Oma treffen.“ Brunner berichtet, dass seine Frau momentan im Krankenhaus sei. „Und für einen Besuch muss ich einen Test vorweisen.“
Termine hatten 200 Menschen vereinbart, viele davon gleich morgens. Das Verfahren vor Ort ist immer das Gleiche: Man wird in einen der Testräume gebeten, nimmt kurz die FFP2-Maske ab, legt den Kopf ein wenig in den Nacken, für den Abstrich wird der Tupfer dann in ein Nasenloch geschoben und darin vorsichtig bewegt. Reflexartig tränt ein Auge, es brennt für einen Moment. Das Ergebnis wird 15 Minuten später mitgeteilt. Falsch positive Tests gibt es hier in der Regel nicht. „Alle Antigen-Schnelltests, die wir gemacht haben und die positiv waren, sind über den PCR-Test bestätigt worden“, sagt Christian Leder. Der verwendete Antigentest habe eine Spezifität (Anteil Personen mit negativem Testergebnis unter Nicht-Infizierten) von 99,68 Prozent und eine Sensitivität (Anteil Personen mit positivem Testergebnis unter Infizierten) von 96,52 Prozent.
Das nun entstandene Netzwerk von Testzentren in der Region wird – in Kombination mit den Reihentests an Kitas und Grundschulen – wohl dazu führen, dass mehr Infektionen entdeckt werden, das ist keine gewagte These. Leder: „Wenn wir vernünftig testen, werden die Zahlen in den nächsten zwei, drei Wochen steigen.“ Das sei aber gut. „Denn die Leute stecken dann ja keine weiteren mehr an, da sie wissen, dass sie Corona-positiv sind.“ Aber: „Irgendwann müsste es stark abfallen. Die Frage ist nur: Wie viele Menschen erreichen wir mit den Testzentren?“
Das Infektionsgeschehen im Kreisgebiet ist diffus
Auch beim Kreis Segeberg geht man davon aus, dass die Fälle durch vermehrtes Testen weiter zunehmen werden. Schon jetzt liegt der Inzidenzwert bei 84,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner – Spitzenwert in Schleswig-Holstein. Dass die Zahlen wieder derart in die Höhe gegangen sind, führt der Infektionsschutz zum Teil auf die Öffnung der Kitas und Schulen zurück. Erzieherinnen und Lehrer können sich seit Ende Februar zweimal wöchentlich testen lassen. Derzeit hat der Kreis Kenntnis von Corona-Fällen an etwa 25 Schulen und Kitas – davon sind etwa zwei Fünftel Kitas und drei Fünftel Schulen, überwiegend Grund- und Gemeinschaftsschulen, betroffen. „An einzelnen Schulen gibt es in mehreren Klassen Einzelfälle“, sagt Sabrina Müller, Sprecherin des Kreises. Je nach Ermittlungsergebnissen des Infektionsschutzes mussten für die betroffenen Einrichtungen keine weiteren Maßnahmen veranlasst werden. „In anderen Fällen sind ganze Klassen, Kohorten oder Gruppen in Quarantäne.“ Nachweislich infiziert sind aktuell etwa 55 Kinder und zehn Kita-/Schulbeschäftigte. Auch Elternteile und Geschwister hätten sich bereits angesteckt, berichtet Müller.
Der Kreis Segeberg hat auf das Infektionsgeschehen an Schulen und Kitas vergangene Woche reagiert und neue Beschlüsse gefasst: Die Jahrgangsstufen 1 bis 6 befinden sich seit gestern im Wechselunterricht. Kitas sind in den eingeschränkten Regelbetrieb zurückgekehrt.
Doch nicht nur die Jüngsten sind Infektionstreiber. Das Geschehen im Kreis ist immer schwerer zu überblicken, die Neuinfektionen können nicht nur auf Hotspots zurückgeführt werden. „Insgesamt beobachten wir leider wieder eine diffuse Zunahme an Infektionen im gesamten Kreisgebiet“, sagt Kreissprecherin Müller. Menschen würden sich vermehrt wieder bei der Arbeit sowie im privaten und familiären Umfeld anstecken. „Welche Auswirkungen die Lockerungen, etwa im Einzelhandel, auf die Ansteckungszahlen haben, können wir noch nicht sagen.“ Hinzu kommt, dass sich die britische und deutlich ansteckendere Mutation B 1.1.7 immer weiter ausbreitet. Ob der Kreis ab einer Inzidenz von 100 die Notbremse zieht und etwa Geschäfte, Tierparks und Museen wieder schließen müssen, wird eng mit dem Land abgestimmt. Das gelte sowohl für mögliche Verschärfungen als auch für den Zeitpunkt, ab wann diese greifen sollen, so Sabrina Müller.
95 Neuinfektionen hat es seit Freitag gegeben
Kreisweit hat es seit Freitag insgesamt 95 per PCR-Test nachgewiesene Corona-Neuinfektionen gegeben. Darunter sind 56 Kontaktpersonen bereits positiv Getesteter. Die Gesamtzahl aller bisher nachgewiesenen Infizierten im Kreis beträgt jetzt 4702. Insgesamt 120 Infektionen davon sind auf die britische Virusvariante B.1.1.7 zurückzuführen (+ 8 seit Freitag). Wieder als genesen gelten 3917 Menschen. Aktuell sind damit 653 Personen mit Corona infiziert. In häuslicher Quarantäne befinden sich derzeit 1729 Personen, wieder aus dieser entlassen sind 10.271 (die Zahl der Entlassenen wurde nach einer Datenbereinigung vom Gesundheitsamt korrigiert). 27 Personen werden in einer Klinik versorgt, davon fünf auf einer Intensivstation. Die Gesamtzahl der statistisch erfassten Verstorbenen an oder mit Covid-19 ist seit Dienstag unverändert und beträgt 132.