Flensburg. Investor hatte einen privaten Sicherheitsdienst beauftragt – und wird dafür heftig kritisiert. Auch wegen der derzeitigen Coronalage.

Die Polizei hat am Freitagmorgen die von Investoren geplante Räumung des besetzten Bahnhofswaldes in Flensburg gestoppt. „Wir haben die Arbeiten im Moment unterbunden, und es ist in der Klärung, wie es nun weitergeht“, sagte ein Polizeisprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Ein privater Sicherheitsdienst hatte den Angaben zufolge am frühen Morgen damit begonnen, einen Zaun rund um das von Umweltschützern besetzte Grundstück aufzubauen. Den Umweltschützern zufolge, die derzeit eigenen Angaben zufolge mit rund zehn Leuten im Wald sind, sollen dabei erste Bäume gefällt worden sein. Der Polizei zufolge war dabei eine Gefährdung der in den Baumhäusern sitzenden Menschen nicht ausgeschlossen.

Räumung: Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes verletzt

Während des Polizeieinsatzes sei es zudem zu Rangeleien zwischen den Sicherheitsdienst-Mitarbeitern, der Polizei und den Demonstranten gekommen. Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes sei verletzt worden. Die Polizei war eigenen Angaben zufolge am Bahnhofswald und in der Stadt mit vielen Kräften im Einsatz.

Sowohl Polizei als auch Politik kritisierten die Aktion scharf. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagierte fassungslos auf den eigenständigen Start der Räumungen durch den Investor und rief beide Seiten zu Friedfertigkeit auf. Im Corona-Hotspot Flensburg müsse alles dafür getan werden, dass es keine weiteren Infektionen gibt, teilte die Gewerkschaft dazu mit. Die Lage sei hochbrisant.

GdP: "Selbstjustiz darf es in Deutschland nicht geben.“

„Dass ein Investor seine finanziellen Interessen dermaßen über den Schutz der Gesundheit vieler Menschen stellt, ist unverantwortlich. Offenbar ist den Investoren völlig egal, ob sie durch ihr rücksichtsloses Verhalten Menschenleben in Gefahr bringen“, sagte der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Sven Neumann.

Damit begäben sich die Investoren auf die gleiche Stufe wie die Demonstranten, die sich seit Wochen rechtswidrig auf dem Gelände aufhalten. „Eine Selbstjustiz darf es in Deutschland nicht geben.“

Kritik an der Räumung von den Grünen und der Linken

Auch die Grünen kritisierten die Aktion der Investoren. „Der Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes zur Räumung des Flensburger Bahnhofswaldes durch den Investor ist in dieser Situation völlig unverhältnismäßig und eine bewusste Eskalation der Lage“, sagte der Landesvorsitzende Steffen Regis laut Mitteilung dazu. „Der Investor setzt sich damit zudem über die Entscheidung von Oberbürgermeisterin Simone Lange hinweg, den Wald wegen der Pandemielage nicht räumen zu lassen. So geht es in einer Demokratie nicht.“ Das Wichtigste sei nun, die Lage zu beruhigen und gemeinsam in Ruhe nach vernünftigen Lösungen zu suchen.

Kritik kam auch von den Linken: "Der eigenmächtige und brandgefährliche Räumungsversuch von Klimaaktivist*innen durch einen Privatinvestor und seinen Wachdienst inmitten der Corona-Krise ist ein klarer und frecher Rechtsbruch, der aufgeklärt und geahndet werden muss. Deutschland ist ein Rechtsstaat, es entscheiden Gerichte über Fragen der Rechtmäßigkeit eines Protestes, nicht Unternehmen", sagte der Klimapolitiker der Linken im Deutschen Bundestag, Lorenz Gösta Beutin aus Kiel, der als parlamentarischer Beobachter vor Ort war.

Demonstranten geht es um Verkehrs- und Klimapolitik

Im Herbst hatten die Umweltschützer nahe dem Flensburger Bahnhof mehrere Bäume besetzt, um gegen die Rodung für einen Hotel- und Parkhausneubau zu demonstrieren. Zu Beginn hielten sich dort 25 bis 30 Menschen auf, davon 5 in den Bäumen. Die Demonstranten hatten im Oktober gesagt, ihnen gehe es nicht ausschließlich um die zum Teil über 150 Jahre alten Bäume. Angeprangert werde auch eine insgesamt „vollkommen verfehlte Verkehrs- und Klimapolitik“ und eine Stadtentwicklung, die die Interessen der Einwohner und zukünftiger Generationen ignoriere. Der Stadt Flensburg warfen sie eine „krampfhafte Ausrichtung“ auf Wachstum vor.