Husum . Der Greifvogel war einst ein seltener Gast im Wattenmeer. Nun sieht man ihn immer häufiger. Wo man Seeadler beobachten kann.

Den Seeadlern in Schleswig-Holstein gefällt die raue Nordseeküste. Nach Angaben der Projektgruppe Seeadlerschutz kann man den großen Greifvogel seit den 1990er Jahren vermehrt im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer beobachten. Vom Ende der 1990er Jahre bis 2019 stieg die Zahl ihrer Brutpaare auf zehn in Nordfriesland und fünf in Dithmarschen, weiß Klaus Günther von der Naturschutzgesellschaft „Schutzstation Wattenmeer“: Seit 2017 brütet der große Greifvogel auch auf den Wattenmeerinseln Föhr und Pellworm.

Durch den guten Bruterfolg der vorigen Jahre gebe es an der Küste bei reichem Nahrungsangebot manchmal größere Ansammlungen von Jungadlern, sagte der Biologe.

Besonders viele Seeadler sammeln sich zurzeit nördlich von Husum, bestätigt Nationalpark-Ranger Martin Kühn. „Zweistellige Vorkommen sind in diesen Wochen in Deichbereichen wie etwa im Rickelsbüller Koog und benachbarten dänischen Margrethe-Kog nichts Ungewöhnliches“, sagt er. „Wer auf einer Lahnung eine große braune Gestalt entdeckt, hat meistens einen Adler vor sich.“ Auf diesem „Hochsitz“ - der Uferschutzanlage aus doppelten Holzpflockreihen - kann ein Seeadler stundenlang nahezu bewegungslos hocken. „Nur mit den Augen scannt er die Umgebung, bis er irgendwo eine Bewegung sieht - etwas, wo er mit geringem Energie-Aufwand Beute machen kann.“

Immer mehr Seeadler in Schleswig-Holstein

Durch den guten Bruterfolg der vorigen Jahre gibt es an der Küste bei reichem Nahrungsangebot manchmal größere Ansammlungen von Jungadlern. Biologe Günther berichtete von mindestens sieben jugendlichen Vögeln auf den Außensänden vor Friedrichskoog im Sommer 2020: Vermutlich fraßen sie sich dort vor allem an Seehundskadavern satt. Bis zu 33 Adler entdeckte er damals im Beltringharder Koog.

Ein Seeadler
Ein Seeadler © dpa

Dort erbeuteten sie bei niedrigem Wasserstand im Holmer See viele Fische. Nationalpark-Ranger Kühn zählte an einem anderen Tag 32 Seeadler am Holmer See und zeitgleich fünf weitere nebenan im Arlau-Becken. „Mindestens 40 Seeadler dürften es im gesamten Gebiet gewesen sein“, sagte Kühn. Das reichliche Nahrungsangebot brachte sie vermutlich zusammen, denn „ein Seeadler ist im Prinzip kein geselliger Vogel“, erklärte Kühn.

Auch im Winter kann man in der Region zahlreiche Seeadler beobachten

Auch im Winter kann man in der Region zahlreiche Seeadler beobachten. „In diesen Wochen sind zweistellige Vorkommen in Deichbereichen wie etwa im Rickelsbüller Koog und dem benachbarten dänischen Margrethe-Kog nichts Ungewöhnliches.“ Grund für die Ansammlung der „Halbstarken“ sei ein reich gedeckter Tisch: Viele Krickenten, Pfeifenten und Spießenten rasten dort. „Und wo viele Vögel sind, da sterben auch viele Vögel.“

Seeadler

  • Der Seeadler (Haliaeetus albicilla) zählt mit einer Flügelspannweite von knapp zweieinhalb Metern zu den größten Greifvögeln Mitteleuropas.
  • Er wurde Jahrhunderte lang mit Fallen und Schusswaffen verfolgt.
  • Die Nutzung des Pestizids DDT dezimierte den Bestand zusätzlich, so dass der Seeadler in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts fast überall in Europa am Rande des Aussterbens stand.
  • In Schleswig-Holstein waren 2020 nach Angaben der Projektgruppe Seeadlerschutz 123 Seeadlerreviere besetzt.
  • 107 Paare begannen mit der Brut. Sie zogen insgesamt 128 junge Seeadler auf, etwas weniger als im Vorjahr.
  • 2019 wurden 135 Seeadler flügge, sagte Bernd Struwe-Juhl von der Projektgruppe.

In Schleswig-Holstein ernährt sich der Seeadler hauptsächlich von Fischen und Wasservögeln. Auf seiner Speisekarte stehen jedoch auch junge Rehe und Aas: Vor allem im Winter sucht er in seinem Revier systematisch nach toten Tieren.

Seeadler leben in Dauerehe zusammen. Ab Februar besetzen sie ihre Horste. Die Jungen schlüpfen Anfang April. In freier Wildbahn können Seeadler bis zu 36 Jahre alt werden, in Gefangenschaft sogar über 40 Jahre.