Kiel. Massive Kritik der Opposition an Bildungsministerin Prien wegen Umgang mit Maskenpflicht und überfüllten Schulbussen.

Mit einem Schlagabtausch um das Agieren des Bildungsministeriums in der Corona-Pandemie ist der Landtag in Kiel in die erste Sitzung nach der Sommerpause gestartet. Die Jamaika-Koalition lobte in der lebhaften Debatte am Mittwoch ausdrücklich die in die Kritik geratene Ressortchefin Karin Prien (CDU), während Oppositionspolitiker ihr Versagen vorwarf.

Prien betonte in einer Regierungserklärung, Bildung und Schule hätten in der Pandemie höchste Priorität. Flächendeckende Schulschließungen wie im März und April könnten nur das äußerste Mittel in einer sich extrem verschärfenden Situation sein.

Prien dankte den Lehrern für deren Einsatz und bekräftigte ihre Einschätzung, dass die Schulen gut in das neue Schuljahr gestartet seien. Jeden Tag sei an über 98 Prozent der Schulstandorte ein geregelter Präsenzunterricht ohne Einschränkungen für alle Schüler möglich. Angesichts von Kritik daran, dass viele Lehrer trotz ärztlicher Atteste nicht vom Präsenzunterricht befreit wurden, sagte Prien, sie halte sich an Recht und Gesetz. Sie könne Lehrkräfte nicht anders behandeln als Polizeibeamte oder Busfahrer.

Prien hatte Maskenpflicht an Schulen lange abgelehnt

„Von einer herzlosen Politik kann überhaupt keine Rede sein“, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Angesichts massiver Oppositionskritik sagte Prien: „Ich strecke Ihnen meine Hand aus, mit dem Wunsch, die Dinge gemeinsam, sachorientiert, mit Wohlwollen und der Bereitschaft zur Überprüfung von Maßnahmen anzugehen.“

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Kritik hatte sich unter anderem daran entzündet, dass Prien lange eine Maskenpflicht an Schulen abgelehnt hatte. Mittlerweile muss dort Mund-Nasen-Schutz getragen werden; ausgenommen sind die Klassenräume. Beim Thema Maskenpflicht sei Prien hochgradig leichtsinnig einen „Geisterkurs“ gefahren, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner.

Prien habe die Schulen zu oft im Regen stehen lassen, sagte der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat. „Wir ziehen nicht die persönliche Integrität von Frau Prien in Zweifel, sondern das, was aus unserer Sicht ihre falsche Politik ist.“ Mit der lange geltenden „dringenden Empfehlung“ zum Maske tragen - statt einer Pflicht - habe sich Prien der juristischen Haftbarkeit entzogen. „Den Ärger haben Andere“. Zum Beispiel Schulleitungen, die das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet hatten.

Viele Schulbusse sind überfüllt

Habersaat rügte auch, dass das Ministerium nicht auf das Angebot von Busunternehmen eingehe, zusätzlich Busse zum Schülertransport bereitzustellen. Viele Schulbusse sind derzeit so überfüllt, dass Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Die für den Transport zuständigen Kreise sollten das Angebot der Unternehmen ernsthaft prüfen, sagte FDP-Fraktionsvize Anita Klahn.

Corona an Hamburgs Schulen: Infektionsketten sind denkbar

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Prien ging auf Kritikpunkte nicht konkret ein. „Wissenschaft beruht auf der menschlichen Fähigkeit des Zweifels“, sagte sie allgemein. „Das Hinterfragen der eigenen Position, die Kurskorrektur, all das sind wichtige Lernprozesse und eben keine Schwäche, sondern ein Fortschritt auf dem Weg zur Erkenntnis.“

Die Maskenpflicht sei offensichtlich ein großer Wunsch in der Bevölkerung, sagte Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben. Im Falle einer zweiten Infektionswelle müsse man auch an die Selbstverantwortung der Menschen appellieren. Schleswig-Holstein sei es erstaunlich schnell gelungen, sich auf die Krisenbedingungen einzustellen. Es laufe aber nicht alles perfekt.

Karin Prien, die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, mit Maske.
Karin Prien, die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, mit Maske. © dpa

37 bestätigte Corona-Fälle an Schulen seit Beginn des Schuljahrs

CDU-Fraktionschef Koch bescheinigte Prien und den Schulleitungen einen ausgezeichneten Job. Für die FDP begrüßte Fraktionsvize Klahn die Maskenpflicht an den Schulen außerhalb des Unterrichts.

Ein Hin und Her warf Frank Brodehl von der AfD der Ministerin vor. Für eine Maskenpflicht an Schulen gebe es keine relevanten medizinischen Gründe. Corona bedeute keine ernsthafte Gefahr für Schüler. Jette Waldinger-Thiering vom SSW warf der Ministerin vor, sie habe beim Thema Maskenpflicht Verantwortung abgegeben statt klare Vorgaben zu machen und damit Chaos ausgelöst. Die Schulen bräuchten keine zögerliche Zurückhaltung.

Von den 951 Schulstandorten seien seit Schuljahresbeginn nur an etwa 30 einzelne Lerngruppen vorsorglich und meist kurzfristig in den Distanzunterricht gegangen, sagte Prien. „Wir hatten bis gestern 37 bestätigte Corona-Fälle an Schulen seit Beginn des Schuljahres.“