Hohwacht. Die schönsten Urlaubsorte an Nord- und Ostsee. Teil 11 der Serie. Selbst im Hochsommer ist es in Hohwacht selten voll.

Hohwacht – das ist eigentlich nicht mehr als ein ehemaliger Fischerort, der sich zu einem verschlafenen, leicht spießigen Badeort entwickelt hat. Obwohl der Liebreiz eines Reetdachdorfes fehlt und es ein paar Bausünden gibt, übt Hohwacht auf mich dennoch eine besondere Anziehungskraft aus. Das Leben ist wohltuend unaufgeregt, die Lage unübertroffen. Die Küste lockt mit kilometerlangen Stränden, das Hinterland mit Naturschutz­gebieten, Binnenseen, kleinen Wäldern, prachtvollen Herrenhäusern und interessanten Ausflugszielen.

Der Ort selbst hat etwa 900 Einwohner und unterteilt sich in Alt- und Neu-Hohwacht. Es sind zumeist Einzelhäuser, die hier an ruhigen Straßen stehen. Lange galt die Devise „Kein Haus höher als ein Baum“. Jetzt wurden in beiden Ortsteilen neue Mehrfamilienhäuser mit Ferienwohnungen direkt am Strand gebaut. Als ich sie neulich nach zwei Jahren Hohwacht-Pause erblickte, hat mir das schon einen Stich versetzt. Sie verändern das Ortsbild doch sehr. Aber gerade ein kleiner Ort wie Hohwacht, der fast ausschließlich vom Tourismus lebt, muss Kapazitäten schaffen.

Unmittelbare Nähe zu Sandstrand und Wasser

Und es gibt viel, mit dem Hohwacht punkten kann. Wie die unmittelbare Nähe zu Sandstrand und Wasser. Beide Ortsteile erstrecken sich entlang der Küste – so ist es nie weit zum hecken­rosengesäumten Strand. Alt- und Neu-Hohwacht sind durch eine Promenade miteinander verbunden, die oben an der bewaldeten Steilküste entlangführt. Von der Aussichtsplattform am höchsten Punkt hat man einen atemberaubenden Blick auf das Meer. Je nach Wetter breitet es sich in strahlendem Blau oder Stahlgrau vor einem aus – leicht gekräuselt oder mit ruppigen, gischtgekrönten Wellen. Fast immer tuckert ein Fischerboot vorbei, gleiten Kiter, Windsurfer und Segler übers Wasser.

Hohwachts Segelschule heißt „Ostwind“ – hier kann man sich auch Katamarane und Jollen leihen.
Hohwachts Segelschule heißt „Ostwind“ – hier kann man sich auch Katamarane und Jollen leihen. © Imago

Auch der Blick auf die Küstenlinie, die sich hier – mal Wald, mal Feld – in weitem Rund von Behrensdorf bis Fehmarn erstreckt, ist wunderschön. Rechter Hand blickt man über die Dächer und den Strand von Alt-Hohwacht auf ein Natur- und Vogelschutzgebiet mit weidenden Galloways und einem Binnensee voller schnatternder Gänse. Dahinter erstreckt sich die fast karibisch anmutende Sehlendorfer Bucht, ein Hotspot für Camper, Kiter, Segler und Surfer. Ist die Sicht sehr gut, kann man Fehmarn, die Fehmarnsundbrücke und die Windräder eines Offshore-Windparks erkennen.

Statt Automotoren hört man Möwengeschrei

Linker Hand, zu Füßen der bewaldeten Steilküste, liegen zauberhafte, überwiegend historische Badehütten zwischen Heckenrosen und Bäumen. Dahinter ragt ein schräger blauer Pylon in die Luft, unter dem die „Flunder“ liegt – eine Steganlage und Hohwachts ganzer Stolz. Hier tritt der Shantychor auf, hier werden Trauungen vorgenommen, Yogastunden abgehalten und bei Sonnenuntergängen massenweise Fotos gemacht. Weiter hinten ragt das pittoreske Reetdach des Hotels Genueser Schiff in den Himmel. Das schönste Hotel vor Ort liegt mitten in naturgeschützter Dünenlandschaft direkt am Wasser. Sein Markenzeichen sind die Strandkörbe, in denen den Gästen Frühstück, Kaffee und Kuchen oder Abendessen serviert wird. Ein Stückchen hinter dem Hotel sind oben vom Aussichtspunkt gerade noch die Masten der Segelboote im kleinen Hafen Lippe zu erkennen.

Drei Tipps:

  • Kombüse: Ein Fischbrötchen hier ist der beste Start in den Hohwacht-Besuch. Mit Glück kann man beim Verzehr ehemaligen Fischern beim Erzählen von Seemannsgarn zuhören. Der Imbiss hat Sitzplätze innen und außen (Parkplatz an der Seestraße).
  • Genueser Schiff: Wer hier nicht übernachten möchte, sollte sich zumindest ein Abendessen im Strandkorb mit Blick in den Sonnenuntergang und auf die See gönnen. Serviert werden Ostsee-Klassiker wie Scholle und Dorsch, aber auch Roastbeef oder etwas Vegetarisches ( Seestraße 18, www.genueser-schiff.de)
  • Historische Hütten: Auf Schautafeln entlang der Strandpromenade erfährt man etwas über die Geschichte der einzigartigen Hüttenkolonie, die hier seit mehr als 100 Jahren steht.

Da Hohwacht am Ende einer Straße liegt, gibt es keinen Durchgangsverkehr. Statt Automotoren hört man Möwengeschrei, statt eines Cafés Wichtig gibt es die Fisch-Imbisse Kombüse und Alt-Hohwachter Fisch-Gourmet, statt einer Disco sorgen Boogie-, Blues- und Folk­nächte auf der Festwiese für Stimmung. In der Bernsteinhütte kann man Bernstein kaufen oder am Strand gefundene schleifen lassen. Auch Hühnergötter, diese durchlöcherten Steine, sind eine begehrte Beute der Spaziergänger.

Voll ist es in Hohwacht nie

Richtig voll ist es in Hohwacht nie. Selbst wenn mehrere Bundesländer gleichzeitig Ferien haben, ist der Ort von Timmendorfer Verhältnissen weit entfernt. Selten sind alle Strandkörbe belegt, und auch in der Hochsaison sind insbesondere die Naturstrandabschnitte noch relativ ruhige Rückzugsorte. Abgesehen davon, bietet Hohwacht viel mehr als schönen Strand. An der Promenade vor Neu-Hohwacht informieren Schautafeln über die bereits erwähnten Badehütten, die so nirgendwo anders in Deutschland zu finden sind. Manche von ihnen stehen dort schon seit mehr als 100 Jahren. Andere, die durch die feuchte Meeresluft morsch geworden sind, wurden durch neue Hütten ersetzt.

Auf der Steganlage „Flunder“ kann man die Aussicht genießen, heiraten oder Yoga machen.
Auf der Steganlage „Flunder“ kann man die Aussicht genießen, heiraten oder Yoga machen. © www.ostsee-schleswig-holstein.de/Leo Bloom | www.ostsee-schleswig-holstein.de/Leo Bloom

Nachdem bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Badekarren am Strand vor Hohwacht standen, gab es 1920 schon mindestens 13 Badehütten, außerdem einen Kiosk – die sogenannte Milchgaststätte. 1931 übernahm das acht Kilometer entfernte Lütjenburg den Strandabschnitt unterhalb der Steilküste als Strandbad für die Bürger der Stadt. Noch immer müssten die Besitzer der Hütten oder ihre Familien aus Lütjenburg stammen, doch das Gelände gehört seit 1987 der Gemeinde Hohwacht. Der Bestandsschutz ist mittlerweile ausgelaufen, und immer wieder ploppt die Idee auf, hier statt der Hütten lukrative Neubauten hinzusetzen – was dem Charme Hohwachts empfindlich zusetzen dürfte.

So kommen Sie nach Hohwacht:

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  • Mit dem Auto über die A 1 bis Oldenburg, dann die B 202 Richtung Lütjenburg und die K 45 nach Hohwacht nehmen (etwa 139 Kilometer). Alternativ über die A 7 bis Padenstedt, dann über die B 205 und die B 430 nach Lütjenburg (125 Kilometer).
  • Mit der Bahn: Die nächsten Bahnhöfe sind Plön, Oldenburg und Kiel. Von Plön aus fährt ein Bus nach Hohwacht. Ab Oldenburg oder Kiel geht es zunächst über Lütjenburg (Bus-Infos unter www.nah.sh/nah-sh/startseite).
  • Infos zum Urlaub erteilt die Tourist-Information (Telefon 043 81/ 905 50 und unter www.hohwachterbucht.de).

Wer genug hat vom Strand, kann auf zwei Plätzen Minigolf spielen (der schönere liegt eindeutig in Alt-Hohwacht), Kinder können sich auf einem tollen Spielplatz austoben. Außerdem bieten sich Spaziergänge und Wanderungen in die Naturschutzgebiete oder entlang der Steilküste an. Ziele für Ausflüge gibt es etliche: das 500 Jahre alte Gut Panker etwa, mit seinem barocken Herrenhaus, der Kapelle, dem mächtigen Torhaus, den alten Wirtschafts- und Wohngebäuden, Ställen, Pferden und Weiden, in dem noch heute eine aktive Dorf- beziehungsweise Gutsgemeinschaft lebt. Oder der dazugehörende Aussichtsturm Hessenstein, der im 18. Jahrhundert in etwa eineinhalb Kilometer Entfernung auf dem 128 Meter hohen Pilsberg errichtet wurde und einen tollen Ausblick auf die Umgebung bietet. Auch das kleine Lütjenburg mit seinem historischen Stadtkern ist einen Besuch wert, besonders an Markttagen.

Am schönsten ist aber die Rückkehr nach Hohwacht – und ein Deichspaziergang am späten Nachmittag, wenn das Licht weich und golden wird. Auf der einen Seite Weiden, Rapsfelder und der Große Binnensee. Auf der anderen Seite das blaue Meer. Ein Anblick, der das Herz so weit werden lässt wie der blaue Himmel, der diese Idylle überspannt.

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