Hamburg. Propst Melzer sieht im Vergleich zu Baumärkten eine„Gängelei“ der Gottesdienste. Lob für den Hamburger Senat.
Propst Karl-Heinrich Melzer vom Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein hat im Gespräch mit dem Abendblatt die Corona-Richtlinien in Schleswig-Holstein kritisiert. Melzer stellt klar, dass es richtig war, das öffentliche Leben unserer Gesellschaft und damit die Kirche weitgehend „runterzufahren“. „Die evangelische wie die katholische Kirche haben nicht rebelliert. Sie haben auch nicht versucht, in Karlsruhe die Vereinbarkeit derart massiver Eingriffe in ein grundgesetzlich verbrieftes Recht überprüfen zu lassen.“
Nun aber ist die Geduld der Kirchen offenbar überstrapaziert. „Was für alle gilt, gilt auch für die Kirchen“, sagt Melzer in Bezug auf die Lockerungen. Gottesdienstes müssten so gestaltet werden, dass gefeiert werden kann, ohne zu gefährden. „Was es nicht braucht, ist eine staatliche Gängelei, die Gottesdienste stärker reguliert als den Besuch von Einkaufszentren und Museen“, kritisiert er die Kieler Landesregierung.
„Die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die durch das Grundgesetz besonderen Schutz genießen, sind durchaus in der Lage, die allgemeinen Regeln – insbesondere Abstands-, Schutz- und Hygienemaßnahmen – eigenverantwortlich umzusetzen.“
Melzer lobt den Hamburger Senat
Stattdessen regiere in manchen Ministerien „der Übereifer“. „Schleswig-Holstein schießt hier den Vogel ab.“ Erst waren 15 Quadratmeter Grundfläche je Gottesdienstbesucher gefordert, dann zehn. Dies bedeutet, dass der Abstand zum nächsten Gottesdienstbesucher bei etwa 3,5 m liegen muss.
„Diese Regel stammt von der gleichen Regierung, die nun gerade für alle Geschäfte die Flächenbeschränkung aufhebt und ansonsten gerne auf die ‚allgemein geltenden Regeln‘ verweist. Und wollte man dieses Flächenmaß gar auf die Schulen übertragen, dürfte man keine einzige öffnen.“ Melzer erinnert an den Staatskirchenvertrag, der ausdrücklich den Kirchen den Kirchen Selbstständigkeit einräumt. Es gebe keinen Grund, den Besuch eines Gottesdienstes stärker reglementieren zu wollen als den Besuch eines Baumarktes.
Melzer, dessen Kirchenkreis zur Hälfte auch Gebiete im Westen der Stadt Hamburg umfasst, lobt hingegen den Senat der Hansestadt: „Wie man dagegen das kirchliche Gegenüber partnerschaftlich in die Pflicht nimmt, zeigt der Hamburger Senat.“
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden