Kiel. Schleswig-Holstein ist außerdem beliebter als gedacht. Neue Studie mit interessanten Fakten rund um den Tourismus im Land.
Schleswig-Holstein wird bei Urlaubern aus Deutschland immer beliebter. Zwölf Prozent aller inländischen Urlaubsreisen führten 2018 in das nördlichste Bundesland, nur Bayern kam auf einen höheren Wert. Bei den längeren Urlaubsreisen (ab fünf Tage) liegt Schleswig-Holstein mit einem Marktanteil von 21 Prozent sogar unangefochten an der Spitze.
Das geht aus einer Auswertung aktueller Tourismusstudien hervor. Die Gemeinschaftsarbeit stammt vom Institut für Management und Tourismus (IMT) der Fachhochschule Westküste in Heide und vom Kieler Institut für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT). Sie legen damit nach eigenen Angaben die „erste auftragsunabhängige, untersuchungsübergreifende Auswertung aller aktuell vorliegenden Daten zum schleswig-holsteinischen Übernachtungstourismus“ vor. „Wir hoffen, dass die Studie Politik und Praxis in der weiteren Steuerung des Tourismus unterstützen wird und dass die Ergebnisse umfangreich genutzt werden“, sagt Professor Bernd Eisenstein von der Fachhochschule Westküste.
Schleswig-Holstein bei Inlandsreisen beliebt
Die Idee hinter der Untersuchung der beiden Institute ist relativ simpel. Man nehme für die jeweilige touristische Fragestellung die jeweils beste Studie und führe die Ergebnisse zusammen, um ein möglichst präzises Gesamtbild zu erhalten. Anne Köchling vom Tourismusinstitut der Fachhochschule Westküste sagt: „Manche Forschungsergebnisse bleiben auch einfach unbekannt, da verschwindet eine Studie schon mal rasch im Regal.“
Der sehr lesenswerte Überblick über den aktuellen Wissensstand macht eines klar: Schleswig-Holstein hat bei Inlandsreisen eine starke Marktposition, stärker vielleicht, als es im Land selbst bekannt ist. „Das hat uns auch überrascht“, sagt Köchling. Bekanntheit, Sympathie und Besuchsbereitschaft für Schleswig-Holstein hätten sich seit 2009 stetig gesteigert, der Anteil der Stammgäste und die Wiederkehrbereitschaft seien hoch.
Immer mehr Übernachtungen im Norden
Belegt wird das mit eindrucksvollen Zahlen. Von 2012 bis 2018 ist die Zahl der Übernachtungen im nördlichsten Bundesland um rund 25 Prozent gestiegen – von 58,6 Millionen auf 73,3 Millionen. Deutschlandweit lag das Wachstum nur bei elf Prozent. Bei den längeren Reisen (ab fünf Tage) gab es sogar ein Plus von 42 Prozent (deutschlandweit: 18 Prozent). Das sind Zahlen, die besonders die Küstenorte erfreuen werden. Denn der mit Abstand wichtigste Grund für eine Reise nach Schleswig-Holstein ist immer noch der Badeurlaub (53 Prozent). Der Marktanteil liegt hier bei 37 Prozent – Platz eins unter allen Bundesländern, selbst der Konkurrent Mecklenburg-Vorpommern schneidet hier schlechter ab.
Die meisten Deutschen, die in Schleswig-Holstein Urlaub machen, kommen aus Nordrhein-Westfalen (21 Prozent). Auf dem zweiten Platz folgt Niedersachsen (19 Prozent), dann Schleswig-Holstein selbst (16), dann Hamburg (8). Für Tourismusunternehmen dürfte dies eine wertvolle Erkenntnis sein. Werbung in Niedersachsen, lautet die Lehre, ist fast so wichtig wie Werbung in Nordrhein-Westfalen.
Tourismus wichtig für die Wirtschaft
Auch zur wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus liefert die Studie einige interessante Einordnungen. 2017 haben Urlauber rund 11,7 Milliarden Euro im Land gelassen. 13 Prozent aller Erwerbstätigen, rund 180.000 Beschäftigte, verdienten ihr Geld direkt oder indirekt im Tourismus. Das ist deutlich mehr als etwa im Baugewerbe (sechs Prozent) und entspricht der Beschäftigtenzahl im verarbeitenden Gewerbe. Nur zwei Branchen haben mehr Beschäftigte: der Bereich Auto (Handel, Reparatur) sowie das Gesundheits- und Sozialwesen. „Der Tourismus ist zentral für die Wirtschaft“, resümiert Bernd Eisenstein vom IMT.
Der durchschnittliche Schleswig-Holstein-Urlauber ist laut der aktuellen Auswertung 49 Jahre alt. Dabei gibt es durchaus Unterschiede zwischen den beiden Küsten. Nordsee-Urlauber sind deutlich älter (51,8 Jahre) als Ostsee-Urlauber (47,1), der Anteil der Alleinstehenden ist größer, und sie gehören häufiger gehobenen sozialen Schichten an. Ostsee-Fans haben häufiger Kinder und eine geringere formale Bildung. Sie nutzen deutlich seltener Reiseliteratur zur Information und haben weniger Geld zur Verfügung. Im Schnitt gibt jeder Reisende 1239 Euro im Land aus (ohne An-/Abreise).
Etwas länger würden die Urlauber bleiben, etwas mehr Geld würden sie wohl ausgeben, wenn sich noch ein paar Dinge ändern würden in dieser Tourismushochburg Schleswig-Holstein. Besseres Internet, bessere Anbindung mit Bahn und Bussen: Da ist noch viel Luft nach oben, sagen die Urlauber.