Kiel. Laut Staatsanwaltschaft bestehe der Anfangsverdacht von Indiskretionen im Zusammenhang mit polizeiinternen Informationen.

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines vermeintlichen Lecks bei der Polizei in Schleswig-Holstein. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gegen einen Mitarbeiter der Landespolizei durchsuchten Einsatzkräfte am Dienstagvormittag die Geschäftsstelle der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Kiel und die Wohnung des stellvertretenden Landesvorsitzenden Thomas Nommensen in Lübeck.

Es bestehe der Anfangsverdacht von Indiskretionen im Zusammenhang mit polizeiinternen, sicherheitsrelevanten Informationen, sagte Oberstaatsanwalt Henning Hadeler. Im Raum stehe der Verdacht der Preisgabe von Informationen an Dritte. Ein unmittelbarer Zusammenhang zum Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufklärung der sogenannten Rocker-Affäre (PUA) bei der Landespolizei bestehe nicht.

Gronau: "Ich habe Widerspruch eingelegt"

Die Gewerkschaft kritisierte das Vorgehen scharf. „Das finde ich skandalös“, sagte der DPolG-Landesvorsitzende Torsten Gronau. Nommensen habe sich einen Anwalt genommen. Bei den Durchsuchungen, die im Falle der Kieler Geschäftsstelle drei Stunden gedauert haben, seien das Telefon seines Stellvertreters, dessen Dienstrechner und sein Privat-Computer sichergestellt worden. Auch der Keller der Geschäftsstelle sei durchsucht worden.

Obwohl der ehrenamtliche Gewerkschafter nicht in Kiel arbeite, sei auch die Festplatte des Dienstrechners der Geschäftsstelle, auf der sich vertrauliche Dokumente von Mitgliedern befänden, sichergestellt worden, sagte Gronau. „Ich habe dagegen Widerspruch eingelegt.“ Er sehe in der Sicherung der Festplatten-Daten einen unzulässigen Eingriff in die gewerkschaftliche Freiheit.

Der Datenträger enthalte „vertrauliche Daten von Mitgliedern, die mal gewerkschaftliche Hilfe nachgefragt haben“, sagte Gronau. Auch Rechtsschutzfälle seien auf der Festplatte gespeichert. Er sei überhaupt nicht einverstanden, dass dies mit solch einer Maßnahme „jetzt im Grunde genommen fast öffentlich gemacht werden kann“.

Informationen aus der Polizei gelangten offenbar an die Presse

Gronau sprach von einer „sehr dünnen Verdachtslage, eher fast schon einer Vermutungslage“. Hintergrund des Vorgehens sei demnach der „nicht sachgemäße Umgang mit Dienstgeheimnissen in zwei Fällen“. Es gehe dabei zum einen um den Polizeieinsatz bei einer Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt Lübeck Mitte Juni und die Entlassung eines Polizeischülers, der mit Nazi-Devotionalien fotografiert worden war.

In beiden Fällen sei es offensichtlich dazu gekommen, dass Informationen aus der Polizei an die Presse gelangten, sagte Gronau. „Aus welchen Gründen auch immer hat man da eine Schnittmenge festgestellt.“ Nommensen arbeitet in der Polizeidirektion Lübeck und gehört dem Hauptpersonalrat an. Während der Geiselnahme sei er im Einsatz gewesen, sagte Gronau.

Die Durchsuchungen beschäftigen am Mittwoch (09.00 Uhr) auf Antrag der SPD den Innen- und Rechtsausschuss des Landtags. „Das ist ein außergewöhnlicher Vorgang, dass die Geschäftsstelle einer Gewerkschaft von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsucht wird“, sagte der SPD-Innenpolitiker Thomas Rother der dpa. Von dem beantragten Bericht der Landesregierung erwarte er Antwort auf die Frage, ob ein mittelbarer Zusammenhang mit dem PUA bestehe.