Wiesbaden/Kiel. Mutmaßliche Terrorzelle ausgehoben: Die Männer stehen unter Verdacht, einen Bombenanschlag in Deutschland geplant zu haben.

Beamte des Bundeskriminalamtes haben am Mittwochmorgen im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein drei Männer aus dem Irak festgenommen, die einen Terroranschlag in Deutschland geplant haben sollen. Wie der Generalbundesanwalt mitteilte, wird den beiden Männern Shahin F. und Hersh F., beide im Alter von 23 Jahren, die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorgeworfen, einem dritten, 36-jährigen Mann mit dem Namen Rauf S. Beihilfe dazu. Die Anschlagspläne seien islamistisch motiviert gewesen.

Ein Polizist steht während des Einsatzes in einem Hauseingang.
Ein Polizist steht während des Einsatzes in einem Hauseingang. © dpa

Die drei Iraker haben als anerkannte Flüchtlinge in Deutschland gelebt. Dies sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die mutmaßlichen Islamisten hätten subsidiären Flüchtlingsschutz genossen, sagte er. Dieser subsidiäre Schutz greift ein, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht - etwa Folter oder Todesstrafe.

200 Einsatzkräfte überwachten die Männer rund um die Uhr

Münch sagte, den Ermittlungen zufolge hatten die Verdächtigen die Überlegung, "möglichst viele Menschen zu töten". Bis zu 200 Mitarbeiter verschiedener Polizeibehörden hätten sie zuletzt teilweise rund um die Uhr überwacht. Die Beschuldigten hätten sich bemüht, sich konspirativ zu verhalten.

Beim Zugriff am Mittwoch wurden die drei Männer gemeinsam in einer Wohnung angetroffen, wie Münch sagte. Ihre Sprengversuche waren nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden nicht sehr professionell. Es gebe keine Hinweise darauf, dass sie aus dem Ausland gesteuert wurden. "Wir gehen momentan nicht von einer sogenannten Schläferzelle aus", sagte Münch.

Der BKA-Präsident sagte, die Bedrohung durch islamistischen Terror in Deutschland sei weiter akut. Die Sicherheitsbehörden hätten seit dem Anschlag 2016 auf dem Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Todesopfern nun schon zum 7. Mal Anschlagspläne von Islamisten durchkreuzt. Es gebe eine hohe Zahl von Personen, die die Behörden im Auge behalten müssten.

Durchsuchungen auch in Ludwigslust

Die Ermittler durchsuchten am Mittwoch die Wohnungen der Beschuldigten sowie weiterer, bislang nicht Tatverdächtiger in Schleswig-Holstein und und Baden-Württemberg. Der „Spiegel“ hatte zuerst über die Festnahmen berichtet.

Die Terrorermittlungen reichen auch ins benachbarte Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurde am Morgen auch die Wohnung eines Mannes in Ludwigslust durchsucht. Die betreffende Person gelte bislang nicht als tatverdächtig, habe vermutlich aber in Kontakt zu mindestens einem der Festgenommenen gestanden, hieß es.

Dem Vernehmen nach wurden die Spezialkräfte der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes bei dem Einsatz in Ludwigslust auch von Kräften der Landespolizei unterstützt. Es sollen etwa 20 Beamte aus dem Nordosten beteiligt gewesen sein.

Polizeieinheiten schlugen ab 6.00 Uhr morgens zu

Ein konkretes Ziel für einen Anschlag hätten die festgenommenen Beschuldigten den bisherigen Erkenntnissen zufolge noch nicht ins Auge gefasst, hieß es vom Generalbundesanwalt. Ob die Männer in eine terroristische Vereinigung eingebunden waren, müssten die weiteren Ermittlungen klären. Sie werden nun dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt, der über den Erlass von Haftbefehlen und den Vollzug von Untersuchungshaft entscheiden wird.

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Polizeieinheiten aus mehreren Bundesländern und Spezialeinheiten schlugen ab 6.00 Uhr zu. Die Iraker sollen in Elpersbüttel im Raum Meldorf gewohnt haben.

Anschlag geplant? Männer wollten Bombe bauen

Nach Erkenntnissen der Ermittler hatten die Männer bereits eine Bombenbauanleitung im Internet heruntergeladen und damit begonnen, aus Silvesterraketen Schwarzpulver zu gewinnen. Zudem hatten sie eine Zündvorrichtung in Großbritannien bestellt. Britische Strafverfolgungsbehörden vereitelten jedoch deren Auslieferung. Sie hätten auch vorgehabt, sich eine Waffe zu besorgen. Diese soll ihnen jedoch zu teuer gewesen sein. Einer der Männer habe daher Fahrstunden genommen, um einen Anschlag mit einem Fahrzeug zu begehen.

Laut „Spiegel“ soll einer der Verdächtigen geäußert haben, möglichst viele „Ungläubige, aber keine Kinder“ treffen zu wollen. Ihren Plan hätten die Männer erst nach ihrer Ankunft im Herbst 2015 in Deutschland entwickelt, heißt es in dem „Spiegel“-Bericht. Hilfe dafür hätten sie dabei von einem Unbekannten über den verschlüsselten Messenger „Telegram“ erhalten.