Flensburg. Eintrag ins Goldene Buch. Die Karriere von Wladimir Klitschko begann in Flensburg – und er gewann beim Besuch auch jetzt die Herzen.

„Moin, Moin“ - der norddeutsche Gruß kommt Wladimir Klitschko noch immer flüssig über die Lippen. Geduldig geht der mehrfache Box-Weltmeister im Schwergewicht durch die Reihen wartender Fans, die sich im Flensburger Rathaus versammelt haben, um ein Selfie mit dem 42-Jährigen zu machen. Einige haben Boxhandschuhe mitgebracht, die Klitschko signieren soll. Ein Paketbote bekommt eine Unterschrift direkt auf die Jacke und ist sichtlich stolz. „Die wäscht er bestimmt nie wieder“, kommentiert ein Zuschauer die Szene.

Rückkehr zu den Wurzeln

Für Klitschko war die Stippvisite an der Flensburger Förde so etwas wie eine Rückkehr zu den Wurzeln. Hier begann vor 23 Jahren seine Karriere in Deutschland. „1995 kam ich das erste Mal nach Flensburg.“ Jetzt - im Jahr nach seinem Karriereende - kam Klitschko auf Einladung von Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) und Stadtpräsidentin Swetlana Krätzschmar wieder, um sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen.

Klitschko erinnert sich: Damals sei er als Ersatzmann gekommen. „Witali sollte eigentlich heute hier stehen, und nicht ich.“ Aber er sei diesem Zufall sehr dankbar. Denn die Stadt sei das Sprungbrett seiner Karriere gewesen. Ohne Flensburg wäre er nicht Olympiasieger geworden, zeigt sich Klitschko überzeugt. Der 42-Jährige - vermutlich einer der bekanntesten Boxer - scheint sich wohl zu fühlen bei dem kurzen Besuch in seiner alten Wahlheimat. Er freut sich sichtbar, alte Weggefährten wieder zu sehen und mit der ebenfalls aus der Ukraine stammenden Stadtpräsidentin in der Muttersprache reden zu können.

Eigentlich sollte Wladimir Klitschkos älterer Bruder Witali 1995 für den Boxclub Sparta Flensburg in der Box-Bundesliga antreten. Doch der heutige Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew war positiv auf ein verbotenes Steroid getestet worden, das ihm ein Arzt zur Behandlung einer alten Beinverletzung verschrieben hatte. Er wurde gesperrt und die Flensburger Boxer suchten kurzfristig einen Ersatz, den sie mit Wladimir fanden. Der damalige Flensburger Cheftrainer, Andrej Sliwinski, ist noch immer stolz auf seinen Schützling. „Wir erkannten schon damals, dass du kein Durchschnittssportler warst“, sagt er am Dienstag. Als Trainer könne man sich nichts größeres wünschen als einen Sportler vom Format Klitschkos zu trainieren.

Klitschko traf alte Freunde

Zehn Kämpfe hat Klitschko für Sparta in der Bundesliga bestritten. 1996 wurde er Olympiasieger und wechselte von den Amateuren ins Profilager und damit auch den Boxstall - früher als eigentlich geplant. „Soweit ich mich erinnere, hatten wir einen Zwei-Jahresvertrag“, sagt der ehemalige Vereinsvorsitzende Norbert Zewuhn. Als Klitschko von einem Sieg zum anderen eilte, Box-Olympiasieger im Schwergewicht wurde, hätten sie geträumt von vollen Hallen und Ruhm für den Flensburger Boxsport.

„Und dann wurdest du Profi. Was auch richtig gewesen ist.“ Klitschko lächelt. Die Erinnerungen seien sehr berührend, sagt er. Nach dem offiziellen Teil folgt noch ein Gespräch mit Lange, Krätzschmar und den alten Weggefährten. Dann steigt er in seinen schwarzen Geländewagen und fährt davon.

Etwas, was einige Fans durchaus wundert. „Wo ist denn sein Fahrer, der fährt doch nicht selbst“, fragt eine Frau. Und auch Oberbürgermeisterin Lange ist beeindruckt: „Der kommt alleine mit dem Auto um die Ecke gefahren, als ob er immer noch Flensburger ist.“