Flensburg. Wenn die Verwaltung mit Extremisten konfrontiert wird, die an den Fortbestand des Deutschen Reiches glauben, soll sie vorbereitet sein

Wegen der wachsenden Probleme mit sogenannten „Reichsbürgern“ hat die Landesregierung in Kiel eine Handreichung für den Umgang mit diesen Menschen erarbeitet. Die Verwaltungsmitarbeiter sollen vorbereitet sein und sich in Gesprächen mit Anhängern dieser Bewegung auf juristisch gesichertem Terrain bewegen können.

„Wichtig ist etwa, eine klare Situation zu schaffen, auch mit Zeugen“, sagte ein Sprecher des Landesinnenministeriums. Das Papier soll in wenigen Tagen vorgestellt werden.

Immer mehr "Reichsbürger" provozieren in Bürgerämtern

Im Alltag sorgen „Reichsbürger“ vor allem in Bürgerämtern oder Zulassungsstellen für immer mehr Ärger. Sie erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe fort. Häufig legen sie die Grenzen von 1937 zugrunde. Etliche von ihnen sind in der rechtsextremen Szene aktiv.

Vor einem Monat war in Bayern ein Polizist von einem „Reichsbürger“ erschossen worden. Bei einem „Reichsbürger“-Ehepaar in Handewitt nahe Flensburg beschlagnahmte die Polizei erst vor gut zwei Wochen zahlreiche Waffen.

Bei der Stadt Flensburg kennt man Probleme mit „Reichsbürgern“ gut. „Die stellen schnell mal Kameras auf den Tisch, versuchen über alles zu diskutieren und werden oft beleidigend“, sagte ein Stadtsprecher. „Im Bürgerbüro verlangen sie häufig eine Staatsbürgerschaftsurkunde, um in einen „Freistaat Preußen" einzuwandern.“ Um dort akzeptiert zu werden, wollten sie so nachweisen, dass auch ihre Vorfahren bereits Deutsche gewesen seien. Den Personalausweis versuchten sie dagegen abzugeben, da er in den Augen der "Reichsbürger" zeige, dass sie nur "Personal einer Firma“ seien.

Bereits 15 Vorfälle in Flensburgs Stadtverwaltung

Mehr als 15 „Reichsbürger“ sind laut Stadtverwaltung allein in Flensburg bereits auffällig geworden. In Nordfriesland verlangten binnen eines Jahres 19 Anhänger der Bewegung, nach dem "Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913" behandelt zu werden. Die Anträge würden regelmäßig abgelehnt. Außerdem gebe es Fälle, in denen Bußgelder nicht gezahlt oder Führerscheine zurückgegeben werden, weil man ja „Reichsbürger“ sei.

Landesweit werden etwa 50 „Reichsbürger“ vom Verfassungsschutz beobachtet - Tendenz steigend. Eine schärfere Beobachtung durch den Verfassungsschutz rückt laut Bundesinnenministerium näher. Über die Größe der Bewegung gibt es derzeit nur Vermutungen.

Erst klingt es lustig, dann landet man vor Gericht

„Wir haben anfangs gedacht, die wollen die Verwaltung blockieren“, sagte der Flensburger Stadtsprecher. „Wir haben immer mal spleenige Leute, doch das ist eine Nummer größer.“

Die Vorfälle hatte die Stadt Flensburg zum Anlass genommen, selbst ihren Umgang mit „Reichsbürgern“ zu überprüfen. „Natürlich klingt es erst mal lustig, wenn sich jemand auf die Haager Landkriegsordnung beruft und seinen Wehrsold ausgezahlt haben will“, sagte der Stadtsprecher. Von der Verwaltung müsse aber dennoch jedes Anliegen dieser „Reichsbürger“ bearbeitet werden - „da hört der Spaß dann auf“, sagte der Sprecher. „Die Anhänger sind auch schnell dabei zu klagen.“ Sie hätten die gleichen Rechte und Pflichten wie alle Bürger.

Nein zum Ausweis, aber ja zur Sozialhilfe

Noch vor Erscheinen der Handreichung des Landes führten Mitarbeiter der Flensburger Verwaltung Gespräche mit „Reichsbürgern“ daher schon jetzt mindestens zu zweit. Gespräche mit „Reichsbürgern“ sind auch dem Sprecher des Kreises Nordfriesland zufolge oft etwas besonderes. Schließlich wüssten die Menschen, die sich ihre „preußische Staatsbürgerschaft“ bestätigen lassen wollen, „selbst auch schon, dass das nicht klappen wird“.

In anderen Bereichen nehmen es einige der „Reichbürger“ allerdings nicht ganz so genau mit ihrer Abkehr von der Bundesrepublik. „Einen Ausweis lehnen sie ab, aber Sozialleistungen nehmen sie an“, sagte der Flensburger Stadtsprecher.