Westerland. Neuer Anbieter muss Start immer wieder verschieben. Im November zudem keine IC-Verbindung zwischen Hamburg und Westerland.

Die Insel Sylt wird fast drei Wochen lang mit erheblichen Einschränkungen beim Bahnverkehr leben müssen. Die IC-Verbindung zwischen Hamburg-Hauptbahnhof und Westerland muss vom 4. bis zum 24. November sogar komplett eingestellt werden. Grund sind Bauarbeiten im Bahnhof Westerland und auf dem Festland zwischen Lindholm und Bredstedt. Auch der Autozug wird eine knappe Woche lang, vom 5. November bis 11. November, nur stündlich (statt halbstündlich) verkehren können.

Der Bahnverkehr von und nach Sylt ist schon seit Längerem ein ­Ärgernis. „Was zuletzt auf dem Hindenburgdamm passiert ist, hat die Insulaner an die Grenzen ihrer Geduld geführt“, sagt Andreas Tietze, Syltbewohner und Landtagsabgeordneter der Grünen.

Im vergangenen Jahr hatten sich die beiden Bahnunternehmen DB (Deutsche Bahn) und RDC (Rail Development Company) einen erbitterten Kampf um die lukrative Autozugverbindung nach Sylt geliefert. Im ­Juli vergangenen Jahres fiel die Entscheidung. 15 Fahrten pro Tag bekam RDC, 40 Fahrten blieben beim großen Konkurrenten Deutsche Bahn. Doch bis heute hat noch nicht ein regulärer RDC-Autozug die Insel erreicht. Die Sommersaison stemmte der Sylt Shuttle der DB ganz allein – wie seit Jahrzehnten schon. Jetzt wurde bekannt: Möglicherweise startet RDC erst im Dezember – also ziemlich exakt ein Jahr nach dem eigentlichen Starttermin.

Deutsche Bahn bestimmt nach wie vor die Preise

„Wir erwarten schon von RDC, dass irgendwann geliefert wird“, sagt ­Andreas Tietze. Er hatte die öffentliche Ausschreibung der Autozugstrecke begrüßt. Wie er hatten viele Insulaner gehofft, dass der Wettbewerb auf der Strecke zu einer Preissenkung und zu einer Serviceverbesserung beim Autotransport führen würde. Diese Hoffnungen haben sich bislang aber nicht erfüllt. Die DB bestimmt mit ihrem nach wie vor konkurrenzlosen Sylt-Shuttle die Preise. Ob sich daran etwas ändert, wenn RDC irgendwann starten sollte, ist ohnehin fraglich. RDC-Sprecherin Meike Quentin sagt: „Der RDC-Autozug wird nicht supergünstig sein, aber er wird auch nicht teurer als der Sylt-Shuttle sein.“

Die wiederholte Verschiebung des Starttermins kündigte das Unternehmen Anfang der Woche auf seiner Internetseite an. Am Montagvormittag war dort noch zu lesen, dass der Autozug im „Spätsommer 2016“ starten würde – nachmittags dann das Update: Nun hieß es, RDC lege im „Herbst 2016“ los. Auf einen präziseren Termin wollte sich Sprecherin Meike Quentin nicht festlegen. Weil es im November auf der Strecke nach Sylt ohnehin Behinderungen geben wird, ist es denkbar, dass das Unternehmen erst im Dezember startet.

Das kleine Unternehmen, das dem US-amerikanischen Bahnkonzern RDC gehört, hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Flachwaggons für den Autotransport mussten aufwendig umgebaut werden. Die Abnahme durch das Eisenbahnbundesamt kostete Zeit. Die Probefahrten erwiesen sich als kompliziert, denn RDC musste sich in den eng getakteten Fahrplan auf dem Hindenburgdamm einpassen. Zusätzliche Angebote der Deutschen Bahn (Sylt-Shuttle plus) erwiesen sich als hinderlich.

Der Sylt-Shuttle
fährt
in der Nähe von
Klanxbüll über den
Hindenburgdamm
Der Sylt-Shuttle fährt in der Nähe von Klanxbüll über den Hindenburgdamm © picture alliance / dpa

Als hinderlich erwies sich vielleicht auch der eine oder andere vollmundige Spruch der RDC-Verantwortlichen. Im Juli 2015 sagte Deutschland-Chef Carsten Carstensen, man werde „jetzt einen hervorragenden Autozugverkehr aufbauen mit dem Ziel, besseren Service und mehr Wahlmöglichkeiten für unsere Kunden anzubieten“. Fast ein Jahr später, im Juni dieses Jahres, hieß es, man wolle sich Ende Juni „sukzessive und geschmeidig in den fließenden Bahnverkehr einfädeln“.

Zuletzt war es das Notbremsseil, das Geschmeidigkeit verhinderte. Da die Autofahrer bei der Fahrt über den Hindenburgdamm in ihren Fahrzeugen bleiben, müssen sie die Möglichkeit haben, den Zug bei Gefahr mit einem Notbremsseil zu stoppen. „Die Montage hat länger gedauert, als wir dachten“, sagt die RDC-Sprecherin.

„Vielleicht war RDC zu blauäugig, was den Autozug angeht“, so Tietze. „Es ist eben nicht so einfach, eine langjährige Monopolstellung zu durchbrechen.“ Staatssekretär Frank Nägele aus dem Kieler Verkehrsministerium ist „sehr verwundert, dass es RDC seit bald einem Jahr nicht geschafft hat, den Betrieb aufzunehmen“. Für Westerlands Bürgervorsteher Peter Schnittgard ist der RDC-Autozug „die Pleite des Jahres“.