Kiel . Stress bei der Anreise statt Urlaubsentspannung? Tourismusverband verlangt bessere Verkehrskonzepte für den Norden.

Vier Millionen mehr Anreisen von Touristen mit dem Auto und 1,7 Millionen mehr mit der Bahn - das sagen Experten Schleswig-Holstein für das Jahr 2025 voraus. Das wäre jeweils etwa eine Verdopplung zum Basisjahr 2013/2014, wie eine Studie des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa ergab.

Grundlage ist die Erwartung, dass die Zahl der Gäste bis 2025 um 20 Prozent auf weit über 30 Millionen steigen wird. Vor diesem Hintergrund verlangte der Tourismusverband am Donnerstag die Entwicklung eines touristischen Verkehrskonzeptes für das Land.

Nachholbedarf besonders bei Zugverbindungen

Touristische Belange müssten mehr als bisher in die Verkehrsplanung einbezogen werden, sagte der Tourismusverbandsvorsitzende Jörn Klimant. Da das Verkehrsaufkommen weiter deutlich steigen werde, müssten das Straßennetz weiter ausgebaut und die Bahnanbindung erheblich verbessert werden. 84 Prozent der Touristen kämen mit dem Auto. Die Bahn sollte mehr Direktverbindungen und mehr Touristikzüge anbieten.

„Der Tourismus braucht schnelle Verbindungen, im besten Fall als umsteigefreie Direktverbindung, zumindest aber mit reibungslosem Umsteigen zwischen Nah- und Fernverkehr“, sagte Klimant.

Schleswig-Holstein sei das Bundesland mit dem geringsten Anteil an Bahnurlaubern. Bei der Schieneninfrastruktur gebe es einen gewaltigen Investitionsstau, der kürzere Anreise- und Fahrtzeiten verhindere.

Besonders die Küsten von Nord- und Ostsee seien für Urlauber oft nicht leicht zu erreichen, sagte Klimant. Nach Sylt zum Beispiel müsste man es mit der Bahn von Hamburg in maximal zwei Stunden schaffen. Derzeit sind es mehr als drei Stunden.

Leichter nach Mallorca als an die Nordsee

Es dürfe nicht sein, dass der Tourismus sich nicht dynamisch entwickeln könne, weil die Leute leichter nach Mallorca oder auf die Malediven kämen als nach Schleswig-Holstein, erklärte Klimant. „Die Erreichbarkeit und damit die Infrastruktur eines Tourismusgebietes ist ein echter Standortfaktor und entscheidet immer öfter über Buchung oder Nichtbuchung.“

Für 42 Prozent der Urlaubsgäste in Schleswig-Holstein spielten Anreise und Erreichbarkeit eine besonders wichtige Rolle bei der Entscheidung für das Reiseziel. Dies bedeute Rang drei nach den Aspekten Landschaft/Lage und Klima/Luft.

Auch die SPD-Politikerin Regina Poersch zeigte sich besorgt über die Erreichbarkeit der Urlaubsziele mit der Bahn. „Für die Deutsche Bahn scheint zu gelten, dass in Hamburg Schluss ist.“ Die Anschlüsse nach Schleswig-Holstein würden permanent vernachlässigt. Leider habe das Land hier kaum Gestaltungsmöglichkeiten.

Opposition:“Trauerspiel“

Der CDU-Politiker Hans-Jörn Arp warf dem Minister Reinhard Meyer (SPD) vor, er vernachlässige die touristische Verkehrsinfrastruktur. Die Verkehrspolitik der Landesregierung sei fatal falsch.

Von einem Trauerspiel sprach Oliver Kumbartzky von der FDP. „Das Image des „echten Nordens“ darf nicht von Schlaglochpisten und nicht weitergebauten Autobahnen geprägt werden.“ Die Regierung müsse den Investitionsstau schneller auflösen und das Planungspersonal aufstocken.

Ein verkehrspolitisches Gesamtkonzept müsse Megatrends wie die Digitalisierung oder die Elektromobilität stärker berücksichtigen und Verkehrswege auch unter touristischen Gesichtspunkten besser miteinander verknüpfen.