Kaiser-Wilhelm-Koog. Das größte je vor Schleswig-Holstein registrierte Pottwal-Sterben fordert die Einsatzkräfte. Aber das Wetter zwingt sie zur Pause.
Die Bergung der acht im Wattenmeer vor Dithmarschen entdeckten Pottwalkadaver zieht sich hin. Sie könnten frühestens am Mittwoch geborgen werden, sagte der Leiter der Nationalparkverwaltung in Tönning, Detlef Hansen am Dienstag. Es ist der größte je in Schleswig-Holstein gemachte Fund von Pottwalen, wie Hendrik Brunckhorst vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) sagte.
Wegen des starken Westwinds laufe das Wasser nicht wie sonst ab, sagte Hansen. „Deswegen kommen wir mit den landgängigen Fahrzeugen nicht dorthin“. Am Mittwoch soll sich die Wetterlage beruhigen, und die Experten wollen erneut über einen Bergungsversuch der neun bis zwölf Meter langen Jungbullen beraten.
Ein Spaziergänger auf Kaiser-Wilhelm-Koog hatte die Meeressäuger am Sonntagabend rund zwei Kilometer vor dem Deich entdeckt. Ursprünglich wollten Experten bereits am Dienstag erste Wale mit zwei Raupen und einem Bagger an der Schwanzflosse durchs Watt an Land ziehen. Auch die wegen des Elfenbeins wertvollen Unterkiefer der Tiere sollten herausgetrennt und geborgen werden, doch das Wasser stand teils mehr als zwei Meter höher als sonst. Es bedeckte die Kadaver fast vollständig. Für Bergungsschiffe wiederum ist das Wasser rund um den Fundort der tonnenschweren Riesen zu flach. „Alles steht Stand-by – und alles hängt vom Wetter ab“, berichtete Hansen.
Zu dem Fund der Kadaver und der Riesenaufgabe für die Helfer sagte Hansen vom Nationalpark Wattenmeer: „Allein die schiere Anzahl und Masse stellt uns vor große Herausforderungen.“ Die Wale müssen nach und nach geborgen werden. Anschließend sollen sie einzeln per Tieflader in den Hafen von Meldorf gebracht und dort zerlegt werden. Rund 20 Mitarbeiter von LKN, Nationalpark und der tierärztlichen Hochschule Hannover waren am Dienstag im Einsatz.
Im Januar waren bereits mindestens 16 Pottwale an den Küsten der Nordsee entdeckt worden - in Deutschland, den Niederlanden und in Großbritannien. Mit dem jüngsten Fund sind nach Angaben des schleswig-holsteinischen Landesbetriebs seit 1990 insgesamt mehr als 90 Pottwale an den Nordseeküsten verendet. Die größten Funde mit je 13 beziehungsweise 16 Pottwalen gab es demnach Anfang der neunziger Jahre an der dänischen Westküste.
Weshalb sich die Jungbullen auf ihrer Wanderung durch den Atlantik zwischen November und März gelegentlich in die Nordsee verirren, ist unklar. Experten zufolge kommen vielfältige Gründe infrage: Unterwasserlärm, Solaraktivitäten, Krankheiten genauso wie natürliche Ursachen, seismische Aktivitäten oder militärisches Sonar. Einmal falsch abgebogen, können die flachen Gewässer des Wattenmeers für die Tiere zur Falle werden.
Ob die nun gefundenen Pottwale zur Gruppe der im Januar geborgenen Kadaver gehören, ist offen. „Dass die Tiere nun teils noch lebend landeten, spricht eher für getrennte Schulen“, sagte Hansen vom Nationalpark. Da sie erst vor kurzem verendeten, sei auch noch nicht mit größerer Explosionsgefahr durch Verwesungsgase zu rechnen.
Was mit den toten Walen geschieht, war zunächst noch unklar. Anders als für die Skelette der im Januar vor Schleswig-Holstein gefundenen Tiere, lagen Brunckhorst noch keine Anfragen von Museen oder Hochschulen vor. „Die Aufarbeitung ist mit rund 75 000 Euro auch teuer“, sagte Brunckhorst. Derweil vermuten die Behörden, dass noch mehr Wale angeschwemmt werden könnten. Auch das Havariekommando suchte per Flugzeug die schleswig-holsteinische Küste ab.