Puttgarden/Rostock. Reederei will abgasfrei mit batteriebetriebenen Schiffen von Puttgarden nach Rødby fahren. Aber vorher sind noch Probleme zu lösen.
Die Vogelfluglinie, die Fährverbindung zwischen Puttgarden auf der Insel Fehmarn und dem dänischen Rødby, ist so etwas wie die logistische Herzschlagader zwischen Deutschland und Dänemark. Alle 30 Minuten legt eine Fähre in den beiden Häfen ab, rund um die Uhr, das macht 34 000 Abfahrten pro Jahr. Dabei transportieren die Fähren sechs Millionen Passagiere, 1,6 Millionen Autos, 400 000 Lkw und Container und 13 000 Eisenbahnwaggons.
Die Reederei Scandlines plant als Betreiber der Fähren auf dieser Route eine kleine Revolution. „In wenigen Jahren, vielleicht 2018 oder 2019, wollen wir die Schiffe komplett abgasfrei und elektrisch betreiben“, kündigte Betriebsleiter Claus Nikolajsen an Bord der „Schleswig-Holstein“ an. Die Reederei habe dafür Investitionsmittel von 50 bis 60 Millionen Euro vorgesehen. Das wäre in dieser Größenordnung ein Novum in der internationalen Schifffahrt. Bislang fahren nur in Norwegen reine Elektrofähren, die allerdings deutlich kleiner sind als die Schiffe auf der Vogelfluglinie.
Die Reederei will 50 bis 60 Millionen Euro investieren
Die Pläne sind noch nicht vollständig ausgereift. Neben Batteriestrom könnten auch Wind und Wasserstoff zum Antrieb der Schiffe genutzt werden. Scandlines steht dazu in engem Kontakt mit der technischen Beratungs- und Zertifizierungsgesellschaft DNV GL, die sich intensiv mit „Green Shipping“ beschäftigt, also mit umweltfreundlichen und emissionsarmen Antriebstechniken für Schiffe aller Größen und Einsatzzwecke. Das Thema gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung und die Umweltregeln und Schadstoffgrenzwerte für Schiffe werden zunehmend strenger, nachdem Umweltschutz auf See über Jahrzehnte eher nachlässig angegangen worden war.
Auf der Route gibt es schon Erfahrungen mit der neuen Technik
Auf der Route von Puttgarden nach Rødby hat Scandlines bereits Erfahrungen mit der Technik sammeln können und nimmt damit eine Vorreiterrolle ein. Auf den vier Fährschiffen wurde einer von fünf Dieselmotoren entfernt und durch 399 Batterien mit jeweils 6,5 Kilowattstunden von Siemens ersetzt, insgesamt also 2,7 Megawattstunden.
Diese Batterien werden nicht an Land geladen, sondern im Schiffsbetrieb über die Dieselmotoren. Sie laufen nun gleichmäßig und konstant in ihrem optimalen Leistungsbereich und geben damit immer die gleiche Energie ab. Das ist mal mehr und mal weniger, als für den Schiffsbetrieb benötigt. Überschüssige Energie wird in die Batterien eingespeichert und bei Bedarf wieder abgerufen.
Die vier Scandlines-Fähren sind die größten Schiffe weltweit, bei denen eine solche Hybrid-Technik eingesetzt wird. An den Kosten von 25 Millionen Euro hat sich die EU mit 6,4 Millionen Euro beteiligt.
Batterien müssen in 15 Minuten aufgeladen werden
„Damit sinkt der Treibstoffbedarf der Fähren um 15 bis 20 Prozent“, sagte Siemens-Direktor Stefan Kraus. Die Abgase werden zudem durch eine Rauchgasreinigung (Scrubber) um bis zu 90 Prozent reduziert. Um komplett auf Batteriebetrieb umzusteigen, sind allerdings noch ein paar technische und wirtschaftliche Probleme zu lösen. Die 142 Meter langen Schiffe sind zwischen den beiden Häfen 45 Minuten unterwegs und dann gibt es ein enges Zeitfenster von 15 Minuten, um die Batterien zu laden. Das müsste automatisch geschehen. Dann fahren die Schiffe wieder los.
Auf deutscher Seite gibt es keinen entsprechend groß dimensionierten Anschluss ans Stromnetz. Der müsste erst von der Netzgesellschaft Schleswig-Holstein Netz gebaut werden, die auf Fehmarn sowohl das Mittel- als auch das Hochspannungsnetz betreibt. „Schleswig-Holstein Netz steht den Plänen von Scandlines aufgeschlossen gegenüber und kann sich gut vorstellen, den notwendigen Stromanschluss zu errichten“, sagte ein Sprecher. Es gebe aber noch keine konkrete Anfrage und die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssten zunächst im Detail geklärt werden.
Auch auf der zweiten Linie der Reederei zwischen Rostock und Gedser sollen alle verfügbaren Umwelttechnologien zum Einsatz kommen. Doch ein reiner Elektrobetrieb ist auf dieser Route nicht zu verwirklichen.
Die beiden neuen Schiffe „Berlin“ und „Copenhagen“, die in den kommenden Monaten die „Kronprins Frederik“ und „Prins Joachim“ ersetzen, sind eine Stunde länger unterwegs als die Fähren auf der Vogelfluglinie und mehr als 20 Meter länger. Entsprechend würden sie deutlich mehr Batteriekapazität benötigen, um die komplette Strecke elektrisch bewältigen zu können. Scandlines arbeitet an einem Konzept, nach dem die Schiffe in Küstennähe elektrisch und auf hoher See mit Dieseltreibstoff fahren.