Westerland. Die Deutsche Bahn wird rund 40 Fahrten pro Tag anbieten, der Privatkonzern RDC 15. Auf der Nordseeinsel fürchtet man Probleme.
Wer mit dem Auto auf die Insel Sylt will, hat in Zukunft die Wahl zwischen zwei Bahnunternehmen. Auf den Gleisen des Hindenburgdamms, der Sylter Nabelschnur zum Festland, werden sowohl die Deutsche Bahn (DB) als auch der US-amerikanische Eisenbahnkonzern RDC verkehren. RDC hat bei der nun beendeten Streckenausschreibung für den „Sylt Shuttle“ 15 Fahrten pro Tag bekommen, die DB rund 40.
Das hat die Ausschreibungsbehörde den Konkurrenten jetzt mitgeteilt. Der neue Fahrplan wird im Dezember in Kraft treten. Die Details sind noch unbekannt. Sie werden wohl erst im August verkündet. Die beiden Bahnunternehmen können zunächst innerhalb von vier Wochen „berechtigte Beanstandungen“ gegen die Entscheidung geltend machen. Auch der Klageweg steht noch offen.
Genutzt wird er aber offenbar nicht. Hans Leister, Deutschlandchef des unterlegenen Bewerbers RDC, sagt: „Wir konzentrieren uns jetzt auf unsere Trassen. Vom Klagen halten wir nichts.“ 15 Trassen seien „ausreichend“. „Aber es sind nicht so viele, wie wir erwartet hatten“, fügt Leister enttäuscht hinzu.
Bei der Deutschen Bahn dürften die Sektkorken geknallt haben. Lange sah es so aus, als würde der Konzern die hoch lukrative Autozugstrecke nach Sylt komplett verlieren. Nun behält sie den Löwenanteil. In einer Pressemitteilung heißt es: „Der DB Fernverkehr geht davon aus, dass es nach dem jetzigen Stand mit dem vorläufigen Netzfahrplanentwurf möglich wäre, die Sylt-Shuttle-Verkehre auch nach dem Fahrplanwechsel im Dezember in mindestens vergleichbarer Qualität wie heute aufrecht zu erhalten.“
Chaos an den Verladestationen befürchtet
Mit der aktuellen Entscheidung sind indes noch längst nicht alle Fragen zur Zukunft der Sylter Nabelschnur beantwortet. Auf der Insel hatte man schon seit Längerem damit gerechnet, dass erstmals zwei Unternehmen mit zwei Autozügen auf dem Hindenburgdamm unterwegs sein könnten. Und man hatte sich ausgemalt, dass das an den Verladestationen in Westerland und Niebüll zu unerfreulichen Situationen führen könnte. Wie lässt sich die Schlange der auf die Verladung wartenden Autos organisieren, wenn der eine Fahrer ein RDC-Ticket hat, der andere ein DB-Ticket? Der einfachste Weg wäre: Die Bahnunternehmen akzeptieren die Tickets des Konkurrenten. Das verstößt allerdings gegen das Kartellrecht.
Peter Schnittgard, der Bürgervorsteher der Gemeinde Sylt, sieht deshalb eine Menge Probleme auf seine Insel zukommen. „Eigentlich brauchen wir jetzt zwei Stauräume vor den Verladestationen, aber wir haben dafür keinen Platz“, sagt er. Er befürchtet einen Imageschaden für das Tourismusziel Sylt, wenn die Servicequalität beim Autozug leidet. „Eigentlich sollte man bei einer Neuvergabe einer Strecke erwarten, dass der Service hinterher besser ist und nicht schlechter“, findet er.
Ein Satz, der auf RDC gemünzt ist. Die Firma hatte anfangs bei den Syltern durchaus punkten können – zum Beispiel mit dem Versprechen, dass die Fahrpreise sinken würden. Im Mai lud RDC-Chef Hans Leister dann allerdings zu einer Probefahrt mit katastrophalen Folgen. Die dort präsentierten Flachwaggons allereinfachster Bauart führten zu einer Art Medien-GAU. Das sei „Technik aus den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts“, sagte Schnittgard damals. Leisters Aussage, ab 2017 mit modernen Doppelstockwagen fahren zu wollen, verbesserte die Lage nicht wirklich. „Erst 2017?“, fragten sich die Sylter.
Ob der fatale Flachwagen-Fehler bei der Streckenvergabe eine Rolle spielte, ist unklar. Klar ist aber, dass die Deutsche Bahn mit einem Trick arbeitete, um die Nase vorn zu haben. Sie bewarb sich mit über die Verbindung Westerland-Niebüll hinausreichenden Strecken. Das bringt Pluspunkte bei der Ausschreibung. Bei DB-Autozügen aus Westerland sollen in Zukunft die Autowaggons in Niebüll abgekoppelt werden, die Personenwagen werden dann bis Hamburg-Altona gezogen.
Der Landesverkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) mochte die Vergabeentscheidung nicht kommentieren. Stattdessen bekräftigte er seine Kritik am Verfahren, an dem weder das Land noch die Insel beteiligt waren. „Das Verfahren muss einem genauen Controlling unterzogen werden. Die fehlende Transparenz ist ein Riesenproblem für die Region“, sagte er.