Kiel. Die „Stena Germanica“ wird von umweltfreundlichem Methanol angetrieben. Der Treibstoff der Zukunft, meint EU-Meeresschutzkommissar Vela.

Es könnte ein Blick in die Zukunft gewesen sein: In Kiel wurde am Freitag die „Stena Germanica“ eingeweiht, die als erstes Fährschiff weltweit von Methanol angetrieben wird. Die 14 Jahre alte Passagier- und Frachtfähre war in den vergangenen zwei Monaten in der Danziger Remontowa-Werft umgerüstet worden. Die beiden Wärtsilä-Dieselmotoren, die bislang mit stark schwefelhaltigem Schweröl gespeist wurden, arbeiten nun mit dem umweltfreundlichen Flüssiggas. Stena-Line-Chef Carl-Johan Hagman ist überzeugt: „Methanol hat das Potenzial, der Schiffsbrennstoff der Zukunft zu werden.“

Ähnlich äußerte sich Karmenu Vela, der neue Meeresschutzkommissar der Europäischen Union (EU). „Dies könnte ein Pilotprojekt nicht nur für Europa, sondern auch in globaler Hinsicht sein“, sagte er bei seinem Antrittsbesuch in Kiel.

Für die schwedische Reederei ist der Umbau zunächst ein Experiment. Anlass ist eine Verschärfung der EU-Abgasrichtlinien für Schiffsmotoren. Die Reeder dürfen seit Jahresbeginn in der Ostsee, der Nordsee sowie im Ärmelkanal nur noch Treibstoffe einsetzen, deren Schwefelgehalt 0,1 Prozent nicht übersteigt. Zuvor lag diese Grenze bei 1,0 Prozent.

Die Einhaltung des neuen Grenzwerts ist mit hohen Kosten verbunden. Drei Möglichkeiten gibt es: Die Reeder können ihre Schiffe mit einer Abgaswaschanlage ausrüsten und dürfen dann weiterhin das billige Schweröl verwenden, das einen deutlich höheren Schwefelgehalt hat. Sie können ihre Schiffe auf umweltfreundliche Gas-Treibstoffe umstellen, wie es jetzt bei der „Stena Germanica“ der Fall ist. Oder sie tanken nur noch „Marinediesel“. Der ist fast doppelt so teuer wie Schweröl, hält aber den Schwefelgrenzwert ein.

Dieselantrieb auch weiterhin möglich

Bei der Stena Line hat man sich für einen Methanolantrieb entschieden. Eine EU-Förderung dürfte dabei nicht ganz ohne Bedeutung gewesen sein. Die 22 Millionen Euro teure Umrüstung wird zur Hälfte von den europäischen Staaten bezahlt. Zur Sicherheit ist auf der „Stena Germanica“ auch weiterhin das Fahren mit Diesel möglich. Das Schiff bedient schon seit Längerem die Route Kiel-Göteborg. Die 240 Meter lange Fähre hat Platz für 1300 Passagiere und 300 Autos.

Durch den Einsatz von Methanol verringert sich im Vergleich zu anderen Treibstoffen der Ausstoß von Schwefel um 99 Prozent, von Stickstoff um 60 Prozent, von Rußpartikeln um 95 Prozent und von Kohlendioxid um 25 Prozent. Methanol ist zudem biologisch abbaubar. Ökonomisch gibt es derzeit keinen Vorteil: Wegen des niedrigen Rohölpreises ist Methanol teurer als Marinediesel.

Mit ihm fahren seit Jahresbeginn alle anderen 38 Stena-Schiffe. Die gestiegenen Kosten gibt die Reederei teilweise an die Kunden weiter – als „Beitrag für eine saubere Umwelt“. Auf der Route Kiel–Göteborg liegt er bei bis zu vier Euro pro Person.