In der Debatte zur Geiselnahme in der JVA Lübeck informierte Justizministerin Spoorendonk über den Suizid in dem Gefängnis, in dem Heiligabend eine Geiselnahme vereitelt wurde.

Lübeck/Kiel. Im Lübecker Gefängnis ist am Freitagmorgen ein toter Insasse vom Wachpersonal aufgefunden worden. Es habe sich nach allen Anzeichen um einen Suizid gehandelt, sagte Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) am Freitag vor Beginn der Landtagssitzung in Kiel..

Ein Zusammenhang zur Geiselnahme in der JVA an Heiligabend bestehe eindeutig nicht. In der JVA Lübeck hatte es in den vergangenen Jahren jeweils einen Suizid gegeben. Damit liege das Lübecker Gefängnis unter dem Bundesdurchschnitt, sagte Spoorendonk.

Bundesweit gab es nach Angaben des Kieler Justizministeriums 2012 insgesamt 57 Suizide in Strafanstalten sowie in den Jahren zuvor ähnliche Zahlen. Der Landtag befasste sich am Vormittag mit der Aufarbeitung der Geiselnahme und möglichen Konsequenzen.

Zwei Monate nach der vereitelten Geiselnahme im Lübecker Gefängnis hat der Landtag in Kiel erneut über Konsequenzen debattiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie der Staat seine Fürsorgepflicht für die Justizvollzugsbeamten optimal erfüllen kann.

An Heiligabend hatten mehrere Gefangene einen Beamten mit einem Messer bedroht. Der Mitarbeiter wurde nach etwa zehn Minuten von Kollegen befreit. Die JVA-Leiterin Agnete Mauruschat hatte darüber nicht sofort Polizei und Staatsanwaltschaft informiert. Die Anklagebehörde ermittelt wegen des Verdachts der Strafvereitelung gegen die inzwischen suspendierte Mauruschat und gegen einen Beamten, der angeblich einen am Boden liegenden Gefangenen misshandelt haben soll.

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    Der FDP-Abgeordnete Ekkehard Klug kritisierte, dass in einem dreigeschossigen Gefängnisgebäude probeweise – nicht am Heiligabend – lediglich zwei JVA-Beamte auf 60 Häftlinge aufpassen sollten. Klug zitierte aus einem Schreiben, das er erhalten hat. „Wie soll so Sicherheit garantiert werden? Wie sollen diese beiden Bediensteten im Alarmfall helfen, wenn beide zunächst über 60 Gefangene versperren müssen, das Haus abschließen müssen und dann erst zur Hilfe laufen können?“

    Oppositionsführer Daniel Günther (CDU) Daniel Günther sagte, „die Gefahr, Opfer von Angriffen zu werden, ist für die Beschäftigten, aber auch für Gefangene, allgegenwärtig“. „Wenn Mitarbeiter aus dem Vollzug um Hilfe rufen, wenn sie davon sprechen, dass sie Angst haben, dann stimmt etwas nicht. Das Land als Dienstherr hat eine Fürsorgepflicht.“

    Spoorendonk hielt der Opposition einen „durchsichtigen Versuch“ vor, „unseren modernen Strafvollzug in die Nähe eines extremen Sicherheitsrisikos zu rücken, um bei den Menschen Ängste zu schüren“. Moderner Strafvollzug und Sicherheit seien kein Gegensatz, im Gegenteil. „Sicherheit ist die Voraussetzung für einen modernen Strafvollzug.“ Spoorendonk betonte, Häftlingsausbrüche oder Versuche seien deutlich zurückgegangen. In den vergangenen fünf Jahren habe es acht Entweichungen und neun gescheiterte Versuche gegeben. Dagegen habe es zwischen 1985 und 1989 insgesamt 80 Ausbrüche, Entweichungen und gescheiterte Versuche gegeben – „das ist fast Fünffache von heute“.

    Die CDU fordert in ihrem Antrag ein Konzept und Schulungen, um JVA-Beamte auf schwierige Situationen vorzubereiten. Außerdem sei ein weiteres Konzept notwendig, Beamte, die kritischen Extremsituationen ausgesetzt waren, unverzüglich psychisch zu betreuen, um Traumata entgegenzuwirken.

    Spoorendonk legte detailliert dar, dass Gefahrenabwehr, Deeskalation und Selbstverteidigung bereits zur zweijährigen Ausbildung von JVA-Beamten gehört. „Ein Aus- und Fortbildungskonzept für die „waffenlose Selbstverteidigung liegt vor.“ Im Bereich der Fortbildung sei „waffenlose Selbstverteidigung“ seit zwei Jahren ein fester Bestandteil, außerdem gebe es dazu Auffrischungskurse. Die bisher freiwillige Fortbildung „waffenlose Selbstverteidigung“ werde jetzt zur Pflicht – für alle JVA-Bediensteten und alle weiteren Mitarbeiter, die mit Gefangenen „unmittelbar zu tun haben“. Ihr Ministerium werde mit der Unfallkasse Nord verhandeln, um eine zeitnahe psychologische Betreuung im Falle von traumatisierenden Vorfällen sicherzustellen. Die Nordkasse habe fünf Sitzungen einer Erstbehandlung binnen einer Woche angeboten.