Die Uraufführung von Shakespeares „Romeo & Julia“ als Musical in Kiel geriet zum vollen Erfolg mit Aussicht auf Kult-Status. Ministerpräsident Torsten Albig gibt im Stück den Friedensfürst Escalus.

Kiel. Es ist die wohl bekannteste Liebestragödie der Welt: „Romeo und Julia“. Jetzt hat das Kieler Theater die Geschichte um die erste große Liebe und den tragischen Tod neu in Szene gesetzt – als Musical, vertont vom Erfolgstrio Rosenstolz.

Herausgekommen ist ein vergnügliches Sommertheater mit anrührend-eingängigen Balladen, mitreißenden Disco-Pop-Songs, Action- und Tanzszenen sowie viel Tiefgang. Das Premierenpublikum nahm die rund dreistündige Open-Air-Inszenierung an der Kieler Förde begeistert auf.

Das fast schon herbstlich-kühle Schmuddelwetter trübte dabei weder die Spielfreude des Ensembles noch die gute Laune der Zuschauer. Zu ihnen gehörte auch Ministerpräsident Torsten Albig (SPD), der im Stück in zwei Nachrichten-Trailern den Friedensfürst Escalus mimt.

Eine trotzig freche Julia und Romeo als junger Heißsporn

Regisseur und Generalintendant Daniel Karasek stellte die erste große Liebe der Jugendlichen – mit all ihrer Naivität, ihrer unverdorbenen Lebensfreude, ihren Sehnsüchten und suchender Sexualität – in den Mittelpunkt seiner Inszenierung. Dafür übersetzten er und seine Dramaturgin Kerstin Daiber Shakespeares Sprache in unsere Zeit. Die teils deftigen und vulgären sexuellen Anspielungen verloren durch das gelungene Spiel des Ensembles im Versmaß ihre Schärfe und sorgten so für viel Amüsement.

Hauptdarsteller Maxine Kazis (24) und Johannes Merz (30) überzeugten mit jugendlichem Elan und großer Spielfreude. Ihre Julia trotzig-frech, zumeist barfuß und – ganz junges Mädchen – in kurz geschnittenem Sommerkleidchen. Sein Romeo war ein junger Heißsporn in Jeans, weißem Hemd und mit entwaffnendem Lächeln. Die sehnsuchtsvollen Rosenstolz-Liebesballaden sangen sie selbst.

Ihre Liebe steht bekanntermaßen unter keinem guten Stern: Romeo und Julia gehören den verfeindeten Familien der Montagues und der Capulets an. Ohne die Familienzugehörigkeit des anderen zu kennen, lernen sie sich auf einem Festball in Julias Elternhaus kennen. Dort soll Julia sich eigentlich für den von ihren Eltern (Zacharias Preen und Ellen Dorn) für sie ausgewählten Adligen Paris (Dirk Stierand) interessieren. Doch sie entdeckt Romeo, der sich eingeschlichen hat – und das tragische Geschehen um die verbotene Liebe nimmt seinen Lauf.

Die Sache geht bekanntlich gründlich schief

Julias Amme (Yvonne Ruprecht) versucht noch zu vermitteln. Auch Pater Lorenzo will dem jungen Paar helfen (Christian Kämpfer). Er hofft, darüber die Familien zu versöhnen. Doch die Sache geht gründlich schief – bis zum Selbstmord beider.

Die 14-stufige Treppe als Bühne reckt sich schräg in den Himmel, getoppt von drei Videowänden, über die per Nachrichten-Clips die Handlung verkürzt wird. So entfällt etwa die im Shakespearschen Original vorgesehene Schlussszene der Versöhnung der Clans über dem Grab der Liebespaares. Die 560 Zuschauerplätze steigen gegenüber entsprechend spiegelbildlich an. Mehr Platz gibt die Open-Air-Location am Seefischmarkt nicht her.

Für die berühmte Balkonliebesszene schafft die mittlere Videowand Raum: nach hinten geschwenkt erscheint Julia in luftiger Höhe, vor sich eine Art Reling, wie bei einem Schiffsbug – Titanic lässt grüßen.

Alle 9000 Karten sind ausverkauft

Die rund dreistündige Aufführung mit von Karsek ausdrücklich gewollten Reminiszenzen auch an den gleichnamigen Film von Baz Luhrmann vergeht wie im Flug. Dazu tragen auch – in voller Breite über alle Treppen hinweg – die Kampfszenen der verfeindeten Jugendclans sowie die temporeichen Tanzszenen bei – immer wieder samt des mitreißenden Rosenstolz Disco-Pops.

Am Ende des Abends auch bei den Machern glückliche Gesichter: Karasek freute sich nach begeistertem Applaus über den „Riesenerfolg als Lohn für über einjährige Arbeit“. Ebenso Peter Plate vom Rosenstolz-Team. Für ihn ging mit der Realisierung des Musicals ein Traum in Erfüllung.

Für die Produktion des Schauspielhauses und des Theaters im Werftpark Kiel sind alle rund 9000 Karten ausverkauft. Die Uraufführung wurde auch für Tausende Menschen auf drei Plätzen in der Stadt zum Kultur-Event unter freiem Himmel – mitgebrachte Picknick-Körbe inklusive. Das Spektakel wurde auf Großleinwänden live übertragen.