Geplante Gesetzesnovelle verunsichert Hauseigentümer im Hamburger Umland – vor allem wegen der Kosten
Ahrensburg. Zwischen Parkallee und Manhagener Allee ist die Schlossstadt mit am feinsten. Jedenfalls was die Wohngebäude und deren unmittelbaren Umgebung betrifft. In den Himmel ragen Giebel von Villen, die oft 100 Jahre und älter sind. Auch Bauten die in den 1920er Jahren oder gar erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, verstecken sich nur selten hinter hohen Hecken. Viele werden so liebevoll gepflegt wie ihre Vorgärten, einige andere weisen durch Umbauten wie schmucklose Kunststofffensterrahmen aus den 1990er Jahren ihre Eigentümer nicht gerade als stilsicher aus.
Sollen dann beispielsweise Dach oder Fenster erneuert werden, muss dies mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden.
Aber darüber lässt sich ja ähnlich streiten wie über den Geschmack. Zuweilen auch mit Behörden, jedenfalls wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht. „Die Streitfälle werden zunehmen“, befürchtet Alexander Blažek, Vorsitzender des Eigentümerverbandes Haus & Grund in Schleswig-Holstein. Nach den Plänen von Kulturministerin Anke Spoorendonk (SSW) soll es künftig keine Unterscheidung mehr zwischen „einfachen“ und „besonderen“ Kulturdenkmalen mehr geben. Dadurch würden auch viele der gegenwärtig rund 16.000 einfachen Denkmale genauso behandelt werden wie die rund 9500 besonderen. Sollen dann beispielsweise Dach oder Fenster erneuert werden, muss dies mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden. Gegenwärtig ist dies nach Angaben des Landeskonservators Michael Paarmann bei einfachen Kulturdenkmalen in Schleswig-Holstein noch nicht der Fall – im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern, wo dieser Unterschied nicht gemacht wird oder strengere Vorschriften für einfache Kulturdenkmale gelten.
Sylvana und Knut Westmann kennen den Unterschied. Ihnen gehört eine 1906 errichtete Villa, die als einfaches Kulturdenkmal gilt, in besagtem Viertel. Vor ein paar Jahren wollten sie die Fensterrahmen erneuern. „Wir bevorzugten einen dunklen Violettton“, sagt Sylvana Westmann. Sie wandten sich an das Denkmalschutzamt, das Renovierungen steuerlich fördert. Die Behörde hielt die Farbe allerdings nicht für angemessen. „Wir sollten sie entweder grau oder grün streichen lassen“, berichtet die Hausherrin. Das Ehepaar entschied sich daraufhin für grau.
Ein paar Straßenzüge weiter wohnt Thorsten Bialke mit seiner Familie in einem 1911 errichteten Backsteinbau. Als der Inhaber eines Malereibetriebes vor etwa zehn Jahren die maroden Fenster austauschen wollte, lehnte dies die Behörde ab. „Stattdessen schlug sie vor, von innen einen Stahlrahmen mit einem zweiten Fenster einzusetzen“, sagt Bialke. Das gefiel ihm nicht und so ließ er die Rahmen originalgetreu nachbauen – auf eigene Kosten. Die Möglichkeit hatte er, weil das Gebäude ebenfalls als „einfaches“ Kulturdenkmal gilt.
„Ich finde es nicht so gut, wenn diese Wahlfreiheit wegfällt“, sagt Sylvana Westmann. Andererseits habe sie Verständnis dafür, wenn künftig Häuser wie ihres auch stilecht erhalten werden sollten. „Aber das sollte nicht so restriktiv geschehen.“ Ähnlich sieht das Thorsten Bialke: „In den vergangenen Jahren sind hier viele schöne Gebäude durch Umbauten verunstaltet oder gar abgerissen worden“, beklagt er. Andererseits sollten Hauseigentümer durch Auflagen des Denkmalschutzes aber auch nicht benachteiligt werden.
Das Ehepaar Westmann und Familie Bialke wussten aber immerhin, welche Status ihre Villen hatten – im Gegensatz zu vielen Hausbesitzern, deren Eigentum bislang als „einfaches Kulturdenkmal“ gelte, wie Blažek befürchtet. Informationen darüber sind übrigens über die Kommunen oder die Denkmalschutzämter zu bekommen, wie Jens-Heinrich Weich von der Unteren Denkmalschutzbehörde in Stormarn erklärt, die auch für Ahrensburg zuständig ist. Sylvana Westmann fragt sich indes, was „Leute machen sollen, die sich aufwendigere Arbeiten nach Maßgaben des Denkmalschutzes nicht leisten können“. Etwa Rentner, die gar keine Steuern zahlten und deshalb auch nichts von Steuererleichterungen hätten.
„Wir werden nicht der Oma ihr kleines Häuschen wegnehmen“, sagt Landeskonservator Paarmann. Laut Denkmalschutzgesetz müssten berechtigte wirtschaftliche Belange der Eigentümer berücksichtigt werden: „Wenn sich jemand erwiesenermaßen beispielsweise kein neues Reetdach für ein denkmalgeschütztes Gebäude leisten kann, akzeptieren wir letztendlich auch, wenn er dann ein kostengünstigeres Blechdach auf seine Kate setzt.“ Und Christina Wiener, zuständige Referentin im Kulturministerium, verweist für solche Fälle auch auf Stiftungen, über die Fördergeld zu bekommen ist. Wiener: „Wir wollen ja, dass Baudenkmäler auch bewohnt sind und nicht leerstehen.“ Blažek von Haus & Grund sieht das allerdings skeptisch: „Die Förderungen von Stiftungen sind nur sehr gering.“
Landeskonservator Paarmann rechnet damit, dass viele der einfachen Kulturdenkmale künftig keinen Denkmalstatus mehr haben werden. Beispielsweise, weil sie umgebaut wurden. Sieben zusätzliche Mitarbeiter sollen die Bestandsübersichten nun aufarbeiten. „Dabei werden sie auch das eine oder andere Gebäude neu in die Liste aufnehmen.“ Insgesamt würden aber dennoch weniger als die gegenwärtig 16.000 einfachen Denkmäler für schutzwürdig erachtet werden. Dartunter dürften auch einige städtische Gebäude sein. So etwa das Lüb’sche Haus, das älteste Gebäude Oldesloes. Bürgermeister Tassilo von Bary, hätte kein Problem damit. Auch Uta-Sophia Freund-Jentzsch, die in dem Gebäude eine Buchandlung betreibt, beunruhigt das nicht, meint aber: „Als Eigentümer würde ich das vielleicht anders sehen.“