Kein anderes Bundesland hat im vergangenen Jahr so viele neue Windenergieanlagen gebaut wie Schleswig-Holstein. 162 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 428 Megawatt wurden aufgestellt.

Kiel. Mehr Windräder und politischer Wirbel: Die Energiewende, der Gegenwind aus Bayern und die geplante Förderbremse bei der Windenergie erhitzen die Gemüter im Norden. 2013 lief noch gut, denn kein anderes Bundesland schuf so viele neue Windkraftkapazitäten wie Schleswig-Holstein.

162 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 428 Megawatt kamen hinzu, wie der Bundesverband Windenergie am Donnerstag in Kiel mitteilte. Knapp dahinter folgten beim Zubau Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, das insgesamt weiterhin mit großem Abstand die größte Windkraftkapazität in Deutschland hat.

Da in Schleswig-Holstein alte Anlagen mit 80 Megawatt abgebaut wurden, blieb für 2013 ein Nettozuwachs von 348 Megawatt übrig. Mehr als eine Milliarde Euro wurden in die Windenergie im Land investiert.

Scharf kritisierte der Bundesverband die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geplante Deckelung der Förderung für den Windkraftausbau und die spätestens ab 2017 vorgesehenen Ausschreibungen für den Bau neuer Windparks. Der Landesvorsitzende Hermann Albers sieht darin das Ende von Bürgerwindparks in Schleswig-Holstein. „Damit holt Minister Gabriel amerikanische Investmentfonds oder spanische Energieversorger in unsere Dörfer.“ Einheimische blieben dann außen vor, Wertschöpfung gehe verloren. Bei Bruttorenditen auf das Eigenkapital von 8 bis 11 Prozent haben sich Investitionen in Windräder in den vergangenen Jahren gut gerechnet.

Energieminister Robert Habeck (Grüne) teilte die Sorgen von Albers: „Wir verlieren die Akzeptanz der Energiewende, wenn die Menschen rausgedrängt werden und die Hedgefonds reinkommen.“ Gabriel setze mit der Ausschreibung alle deutschen Erfolge aufs Spiel, sagte Albers. Die Ministerpräsidenten der Länder müssten das verhindern. Bürgerwindparks müssten auch künftig möglich bleiben, forderte SPD-Energieexperte Olaf Schulze SPD. „Deshalb ist es gut, dass unser Ministerpräsident Torsten Albig dafür steht.“

Habeck warnte vor dem Hintergrund der Debatten um eine Drosselung des Windkraftausbaus und des Widerstandes aus Bayern gegen neue Stromtrassen davor, die Energiewende insgesamt infrage zu stellen. „Ich bin ja selber Politiker, ich weiß, wie man seine Meinung ab und zu mal ändern kann, aber so groß kann hier der Gedächtnisschwund nicht sein, dass man nicht mehr weiß, was man im Juli letzten Jahres noch beschlossen hat – schöne Grüße nach Bayern.“

Diese entsandte auch die Landtags-CDU. Fraktionschef Johannes Callsen wies die Forderung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nach einem Moratorium beim Stromnetzausbau strikt zurück. Bayern habe der Energiewende zugestimmt, er erwarte Vertragstreue. „Wir reden nicht über eine Weißwurstproduktion, die man nach Lust und Laune drosseln und wieder hochfahren kann.“ Bei der Energiewende gehe es um ein zeitlich, räumlich und technisch eng aufeinander abgestimmtes Milliardenprojekt, sagte Callsen. „Ohne die Höchstspannungsleitungen bleibt Bayern die Wahl, den Bayerischen Wald und die Alpen mit Windstromanlagen zu pflastern, die Donau-Ebene als Stausee für Wasserkraftwerke zu fluten oder Atomstrom aus Tschechien zu beziehen.“

Albers kritisierte, dass die Windanlagen im Norden nur eine durchschnittliche Nabenhöhe von 85 Metern haben, während es im Durchschnitt der anderen Länder 124 Meter seien. 40 Meter weniger bedeuteten auch 40 Prozent weniger Leistung; damit degradiere der Norden die Qualität seines Windstandortes. Ein Problem: Anlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 100 Metern müssen nachts blinken, und das wollen viele Kommunen nicht. Rein technisch habe Albers Recht, sagte Habeck. Aber für die Energiewende sei die Akzeptanz der Bürger enorm wichtig.

Pionierleistungen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien zeigt die Messe New Energy Husum, die am 20. März öffnet. 300 Aussteller aus 15 Ländern werden erwartet. Sie kommen nicht nur aus europäischen Ländern, sondern auch aus China, Japan, Indien, Südkorea und den USA. Als Schwerpunkte nannte Geschäftsführer Peter Becker am Donnerstag die Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien, Elektromobilität und energieeffizientes Bauen. Kleinwindanlagen und moderne Heizungen sind ebenso zu sehen wie Photovoltaik- oder Biogasanlagen.

Zu den Neuheiten wird auch ein Elektro-Sportwagen gehören, den der Hersteller erstmals zeigt. Vier Tage lang präsentieren die Aussteller ihre Erzeugnisse und Ideen in vier Messehallen auf einer Gesamtfläche von 16 000 Quadratmetern. Die Veranstalter rechnen mit 15 000 Besuchern aus 25 Ländern.