Bürgermeisterin Petra Reiber: „Die Tür ist noch nicht zu.“ Für Schwangere auf Sylt kann es gefährlich werden. Aber es gibt Hoffnung.
Westerland/Sylt. Nach der Schließung der Geburtshilfestation an der Sylter Nordseeklinik will die Bürgermeisterin der Gemeinde Sylt, Petra Reiber, einen neuen Rettungsversuch unternehmen. „Ich habe das Gefühl, dass die Tür noch nicht zugeschlagen ist“, sagt Reiber. Sie habe sowohl mit den Sylter Hebammen gesprochen als auch ein Treffen mit dem Klinik-Geschäftsführer vereinbart. Die Geburtshilfestation an der zum Asklepios-Konzern gehörenden Westerländer Nordseeklinik war am 31. Dezember geschlossen worden. Ein zuvor entwickeltes Modell „Sylter Kreißsaal“ war an der Absage der Hebammen gescheitert.
Werdende Mütter, die auf Sylt leben, müssen ihre Kinder nun auf dem Festland zur Welt bringen. Ein Flensburger Krankenhaus bietet Schwangeren die Möglichkeit, vor der Geburt in ein Boardinghaus zu ziehen. Die Kassen haben angekündigt, die Kosten zu übernehmen. Petra Reiber hat bereits von einer Schwangeren gehört, die kürzlich gesundheitliche Probleme hatte. „Die fühlte sich im Stich gelassen. Bei den Schwangeren liegen die Nerven blank.“
Auch die Bürgermeisterin des Sylter Nobelortes Kampen, Steffi Böhm, hat in der eigenen Verwaltung eine hochschwangere Mitarbeiterin, die nun zur Entbindung nach Hamburg fährt. „Das ist eine riesengroße Katastrophe“. So bewertet sie das Ende der Sylter Geburtshilfe. „Wir wollen auf Sylt junge Familien ansiedeln, die Insel wird aber immer unattraktiver.“ Schließlich kämpft die Urlaubsinsel auch mit einem Mangel an Wohnraum für Einheimische.
Reiber sieht ebenfalls einen Attraktivitätsverlust der Insel für junge Arbeitnehmer. „Das hat eine fatale Wirkung hier auf Sylt. Das ist eigentlich der Anfang vom Untergang.“ Sylt gehe nicht durch Sturmfluten unter, sondern vielmehr dadurch, dass es nun ein Risiko sei, auf der Insel schwanger zu werden. Reiber will jedoch nicht aufgeben. Offenbar hätten die Hebammen zuletzt kein Vertrauen mehr in die Klinik gehabt, doch Vertrauen lasse sich wiederherstellen.
Am Donnerstag will sich auch der Sozialausschuss des Landtags mit dem Thema befassen. Viele Insulaner werden dann nach Kiel fahren, kündigte Reiber an. Der Verein „Insel-Liste zukunft.sylt“ hat zudem in der Geburtshilfe-Frage Anfang Januar das Verwaltungsgericht Schleswig angerufen. Das Gesundheitsministerium in Kiel solle sicherstellen, dass auf Sylt eine Geburtshilfe-Station weiterhin betrieben wird, wie dies im Krankenhausplan 2010 vorgesehen sei.
Das Ministerium hat nach Angaben eines Sprechers die Ablehnung beantragt. Aus Sicht des Ministeriums gebe es rechtlich „keinen allgemeinen Anspruch auf Vollziehung staatlicher oder kommunaler Planungen“. Zudem seien die Antragsteller ohne entsprechende Befugnis. Nach Angaben eines Sprechers wird das Gericht in dieser Woche entscheiden, ob der Verein antragsberechtigt ist.
Zu dem Antrag äußern sich Reiber und Böhm zurückhaltend. Man solle nichts unversucht lassen, meint Böhm. Als Signal sei der Antrag sicherlich gut, findet Reiber, doch stelle sich eben noch die Frage, ob der Verein überhaupt dazu berechtigt sei.