Der Hamburger Kaufmann Jürgen Hunke wollte ein Teehaus auf der Seebrücke bauen - doch die Gemeinde kündigte den Vertrag.
Timmendorfer Strand. Ostasien an der Ostsee: Das war die Idee von Jürgen Hunke, dem Hamburger Kaufmann. Ein Teehaus wollte er bauen, am Ende der neuen Seebrücke des Badeortes sollte sie stehen. Übrig geblieben ist ein Gerichtstermin: Jürgen Hunke klagt gegen die Gemeinde Timmendorfer Strand. Am 5. Februar müssen Richter in Lübeck der Frage nachgehen, warum der Ostasien-Traum im Ostsee-Wasser versunken ist.
2010 hatte alles noch ganz anders ausgesehen: Da schnupperte Asien-Fan Hunke Morgenluft. Einen Bürgerentscheid, von Teehaus-Gegnern initiiert, gewann der Mann, der in Timmendorfer Strand eine Villa mit Ostseeblick besitzt. Danach hätte es eigentlich losgehen können mit dem Bau. Stattdessen begann ein Hickhack um Kosten, um Sicherheiten und Zuständigkeiten, auf den beide Seiten heute höchst genervt zurückblicken. Im Mai vergangenen Jahres kündigte die Gemeinde den Vertrag mit dem Hamburger. Begründung: Hunke habe eine vertraglich vereinbarte Sicherheit in Höhe von 800.000 Euro nicht geleistet. Hunke bestreitet das. Ob diese Kündigung rechtmäßig war, müssen nun die Lübecker Richter entscheiden.
Am Timmendorfer Ostseestrand bietet sich derzeit folgendes Bild: Die 135 Meter lange Seebrücke ist fertig, am Ende aber versperrt ein Bauzaun den Gang auf den Brückenkopf. Touristen lassen sich damit sicher nicht anlocken. Deshalb ist die Gemeinde gar nicht so unglücklich über Hunkes Feststellungsklage. "Damit bekommen wir endlich eine rechtliche Klärung der Situation", sagt Hauptamtsleiter Martin Scheel. "Wird so entschieden, wie wir das erwarten, können wir mit den vielen anderen Investoren sprechen, die den Brückenkopf bebauen wollen." Timmendorfs Bürgermeisterin Hatice Kara ergänzt: "Gerade heute habe ich wieder eine Anfrage gehabt."
Kara und Scheel sind überzeugt davon, mit der Kündigung rechtlich einwandfrei gehandelt zu haben. "Ich falle wirklich vom Glauben an den Rechtsstaat ab, wenn Herr Hunke recht bekommen sollte", sagt Hauptamtsleiter Scheel. Hunke hat naturgemäß einen anderen Standpunkt - kommt aber zum selben Schluss. "Zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat", sagt er. "Ich bin mir sicher, dass die Richter in meinem Sinne entscheiden. Es gibt doch gar keinen Grund für die Kündigung. Die hätten genauso gut sagen können: 'Wir kündigen, weil deine Nase zu kurz ist.'" Wie geht es weiter, falls das Gericht die Sache so sieht wie Jürgen Hunke? "Das weiß ich auch nicht", sagt der Kaufmann, der als Versicherungsmakler zu viel Geld gekommen ist, dem die Hamburger Kammerspiele gehören, der beim HSV im Aufsichtsrat sitzt. "Aber dann wäre zumindest das bisschen Ehre, das man in sich trägt, wiederhergestellt." Und dann kommt ein typischer Hunke-Satz: "Eigentlich soll das Jahr 2013 das Jahr der Harmonie werden." Deswegen wolle er auch nicht kämpfen. "Ich fühle mich ja sauwohl in Timmendorf." Aber diese Kündigung, die wolle er dennoch nicht auf sich sitzen lassen. "Ich will schon von den Richtern wissen, ob das wirklich okay gewesen ist, wie da mit mir umgesprungen wurde."
Für die Gemeinde geht es in dem Prozess auch um viel Geld. In der Timmendorfer Verwaltung wird derzeit geprüft, wie groß der Schaden ist, der durch den gescheiterten Vertrag mit Hunke entstanden ist. Die Seebrücke hat 2,4 Millionen Euro gekostet, alles von der Gemeinde bezahlt. Sie wäre billiger geworden, wenn man sie nicht so stabil gebaut hätte, dass sie Hunkes 200 Quadratmeter großes Teehaus tragen könnte. Mehrkosten von rund 600.000 Euro seien dadurch entstanden, wird geschätzt. Sollte der Richter also die Vertragskündigung für rechtmäßig halten, kämen auf Hunke wohl weitere Forderungen hinzu. Ob 2013 wirklich das Jahr der Harmonie wird? Es ist zumindest nicht ausgeschlossen. Hunke behauptet, dass derzeit zusammen mit den Fraktionen in der Timmendorfer Gemeindevertretung ein Weg gesucht werde, das Teehaus doch zu bauen. Bürgermeisterin Kara will das nicht bestätigen - aber auch nicht dementieren. Hunke sagt: "Ich wäre der Letzte, der sich einem Kompromiss verschließt. Wir können doch nicht erwarten, dass es in Syrien Frieden gibt und in Israel, wenn wir uns in Timmendorf nicht einigen können."
Der Kaufmann mit Faible für Asien wird im Juni dieses Jahres 70. Noch blickt er von seiner Villa aus auf eine Seebrücke ohne Kopfbebauung. Der Rohbau seines Teehauses liegt in einer Lübecker Lagerhalle. Hunke hofft. Er wollte das Haus zu einer "Speerspitze chinesischer Kunst in Deutschland" machen, sagt er. "Ich habe 400 Galerien in China besucht, die Bilder könnte ich in Timmendorf präsentieren, das würde europaweit Aufmerksamkeit finden."
Und der Tee, auf den die Gemeinde so viel Wert legt? "Ja", knurrt Hunke, "da würde es auch grünen Tee in Plastikbechern geben, für einen Euro." Aber von einer "Schank- und Speisewirtschaft", wie es im Vertrag mit der Gemeinde stehe, hält er nichts. Hunke: "Schank- und Speisewirtschaft: Die haben sie doch wohl nicht mehr alle."